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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick
Autoren: D Wallace
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Uchida anfängt, und das genügt normalerweise, um seine Überle genheit zu demonstrieren und sie zu vertreiben, nach dem sie möglicherweise für zwei Pfund eine Ausgabe von Decap Attack oder Mr Nutz gekauft haben, was aber eher unwahrscheinlich ist.
    Dev verkauft so gut wie nichts, aber so gut wie nichts scheint gerade so zu genügen. Sein Vater hat ein paar Restaurants an der Brick Lane und kommt für das Nötigste auf, und das, was übrig bleibt, reicht zumindest für schinkenfleckigen Szazinska. Außerdem war er nett zu mir, also sollte ich ihn nicht verurteilen. Ich habe eine Freundin und eine Wohnung verloren, aber einen Mitbewohner und ein praktisch mietfreies Zimmer gewon nen, für ein paar Nachmittagsschichten und eine Wochenration Krokiety.
    Apropos …
    »Okay, wir haben Zubr oder Zywiec – such dir eins aus!«, sagte Dev und hielt die beiden Flaschen hoch. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Namen richtig aussprechen würde, also zeigte ich auf die Flasche mit weniger Buchstaben.
    »Oder vielleicht habe ich irgendwo auch Lech«, sagte er, sprach es »Letsch« aus und kicherte dann. Dev weiß, dass es »Lech« ausgesprochen wird, weil er Pawel gefragt hat, sagt aber lieber »Letsch«, weil es bedeutet, dass er hinterher kichern kann.
    »Zubr ist gut«, sagte ich, was ich noch nie gesagt hatte. Er drehte den Verschluss auf und reichte mir die Flasche.
    Im Spiegel hinter ihm erblickte ich mein Gesicht.
    Ich sah müde aus.
    Manchmal betrachte ich mich und denke: »So sieht es jetzt aus?«, und dann denke ich: »Ja, so sieht’s aus. Besser wird es nicht werden. Morgen wird es nur noch schlim mer, und so geht es immer weiter, bis ans Ende aller Tage. Du solltest dir unbedingt ein paar Vitamintabletten kaufen.«
    Ich habe den Haarschnitt eines Mittdreißigers. Bis vor Kurzem trug ich noch coole T-Shirts mit ironischen Sprüchen, doch dann ging mir auf, dass ich darin – ironischerweise – gar nicht mehr so cool aussehe.
    Ich bin zu alt für Experimente mit meinen Haaren, aber auch zu jung, um schon den Stil gefunden zu haben, den ich mit ins Grab nehme. Sie wissen, welchen ich meine – den, auf den wir alle zusteuern, falls wir Glück haben und noch Haare übrig sind. Platt und stumpf oben auf dem Kopf, wie bei einem Mann im übergroßen Hemd am Frühstücksbuffet einer All-Inclusive-Ferienanlage, umzingelt von unausstehlichen Kindern und einer passiv-aggressiven Ehefrau, die ihm in trauter Eintracht dabei geholfen hat, seinen Ehrgeiz ebenso plattzumachen wie seine Frisur.
    Ich sage das, als wäre ich besser oder mein Ehrgeiz heldenhaft und ruhmreich. Doch ich bin einfach nur ein Mann, der zwischen allen Stilen sitzt. Von mir gibt es Millionen. Ich bin in diesem schwierigen Stadium des Mannes zwischen seinen Zwanzigern und seinen Vierzigern. Ein Stadium, das ich »der Mann in seinen Dreißigern« nennen möchte.
    Manchmal frage ich mich, was unter meiner Fotostrecke in Vanity Fair stehen wird, wenn ich erst die Titelgeschichte schreibe und sie beschließen, aus mir eine große Nummer zu machen.
    Haare von Angela bei Ton i & Guy, nahe der U-Bahn-Station Angel, obwohl ihre Finger nach Nikotin stinken und sie »frägen« statt »fragen« sagt.
    Duft: Lynx Africa (for Men). £ 2,76 , Tesco Metro, Charing Cross.
    Uhr: Swatch (»Ein Spontankauf am Genfer Flughafen«, gesteht er, lacht verschämt und pickt an seinem Salade Niçoise herum. »Unser Flieger hatte drei Stunden Verspätung, und eine Toblerone hatte ich schon gekauft!«)
    Kleidung: privat (dank der TopMan-VIP- 10 %-Discountkarte, die praktisch jedem Hans und Franz zur Verfügung steht)
    »Was. Für. Ein. Tag«, sagte Dev und seufzte etwas zu schwer für einen Mann, der eigentlich keinen besonderen Tag gehabt haben konnte. »Und du? Deiner?«
    »Na ja«, sagte ich. »Du weißt schon. Ganz okay«, womit ich das Gegenteil meinte.
    An diesem Tag war gleich vom ersten Moment an alles schiefgegangen. Die Milch war sauer, auch wenn das nichts Neues war, und der Postbote hatte unüberhörbar unseren Briefkasten misshandelt. Aber der eigentliche Hammer kam, als ich mit flauem Gefühl im Magen mein Notebook aufklappte, um Facebook anzusteuern, und obwohl ich ganz genau gewusst hatte, dass so etwas eines Tages passieren würde, starrte ich die Worte an, von denen ich gewusst hatte, dass sie irgendwann kommen würden …
    … schwebt im siebenten Himmel
    Vier Worte.
    Eine neue Statusmeldung.
    Und daneben Sarahs Name, so leicht anklickbar.
    Also klickte ich ihn
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