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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick
Autoren: D Wallace
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Pakete und einige ihrer Taschen. Wie aus dem Nichts schaufelt sie immer mehr davon ins Taxi, und sie sagt: »Danke, das ist wirklich nett von Ihnen«, und dann … ist da dieser Moment. Der Blick, der flüchtige Einblick in … dieses eben erwähnte Etwas . Und es fühlte sich an wie ein Anfang . Aber der Taxifahrer war ungeduldig und der Abend kühl, und wahrscheinlich waren wir einfach zu britisch, um etwas anderes zu sagen … also noch einmal: »Danke.« Und wieder dieses Lächeln.
    Sie zog die Tür hinter sich zu, und ich sah dem Taxi nach, dessen Rücklichter sich in der Stadt verloren, während es klappernd die Hoffnung hinter sich herzog.
    Und dann – als der Moment eigentlich schon vorbei war – sah ich etwas vor mir.
    Ich hielt etwas in Händen.
    Eine kleine Plastikbox.
    Ich las, was darauf geschrieben stand.
    Einwegkamera – 35 mm.
    Ich wollte dem Taxi hinterherrufen, mit dem Fotoapparat winken und ihr mitteilen, dass sie was vergessen hatte. Eine Sekunde lang platzte ich förmlich vor Ideen – wenn sie angelaufen käme, würde ich sie vielleicht auf einen Kaffee einladen und mich gern darauf einlassen, wenn sie dann meinte, eigentlich könne sie ein schönes, großes Glas Wein vertragen, und dann würden wir uns eine Flasche besorgen, weil es unter finanziellen Gesichtspunkten sinnvoller war, gleich eine ganze Flasche zu kaufen, und wir wären uns einig, dass wir nicht auf leeren Magen trinken sollten, und dann würden wir unsere Jobs schmeißen, ein Boot kaufen, aufs Land ziehen und eine Käserei aufmachen.
    Doch es passierte nichts.
    Kein Reifenquietschen, kein kurzes Innehalten, kein knirschendes Getriebe, keine Rückfahrleuchten, kein lächelndes Mädchen mit hübschen Schuhen und blauem Mantel.
    Nur ein Taxi, das hielt, damit ein dicker Mann an einem Geldautomaten aussteigen konnte.
    Verstehen Sie, wie ich das mit der Hoffnung meine?
    »Also, bevor wir in irgendeine Richtung weiterdenken«, sagte Dev, wobei er das Modul hochhielt und mit dem Finger leicht dagegentippte. »Lasst uns über den Titel reden. Altered Beast. «
    Ich sah Dev mit einem Blick an, den ich mir gern leer vorstelle. Aber es war eigentlich egal. In all den Jahren, die ich ihn kenne, hat er von mir sowieso nur leere Blicke geerntet. Wahrscheinlich glaubt er, ich sah schon damals auf der Uni so aus.
    »Also, da schwingt natürlich nicht nur Mystik mit, sondern auch ein Hauch von Intrige , wobei es römische und griechische Mythologie miteinander verwebt …«
    Ich sah Pawel an, der einen leicht traumatisierten Eindruck machte.
    »Also, das Interessante daran sind die Soundeffekte …«, sagte Dev und drückte einen Knopf an seinem Schlüsselanhänger, der daraufhin ein blechernes Krächzen von sich gab, das sich anhörte, als sagte er möglicherweise: »Erheeebe dich aus deinem Graaab!«
    Ich hob meine Hand.
    »Ja, Jase, du hast eine Frage?«
    »Wieso hast du dieses komische Geräusch in deinem Schlüsselanhänger?«
    Dev seufzte und machte eine ziemlich große Sache daraus.
    »Entschuldige, Jason, aber ich versuche hier gerade, Pawel über die frühen Entwicklungen der Sega-Mega-Drive-Spiele Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger aufzuklären. Entschuldige, dass wir keine Rücksicht auf deine persönliche Vorliebe für das Werk des amerikanischen Gesangsduos Hall & Oates nehmen können, aber dafür ist Pawel nicht extra hergekommen, oder?«
    Pawel lächelte nur.
    Pawel lächelt viel, wenn er in den Laden kommt, normalerweise, um Geld zu holen, das Dev ihm für sein Mittagessen schuldet. Manchmal beobachte ich seine Mimik, wenn er so auf und ab läuft, sich die verblassten Poster von Sonic 2 oder Out Run ansieht, zerkratzte Spielekassetten oder zerlesene Zeitschriften in die Hand nimmt, Besprechungen längst vergessener Plattform- oder Ballerspiele durchblättert, die mittlerweile aussehen, als wären sie im Kindergarten gezeichnet worden. Dev hat ihm neulich ein Sega Master System und eine Kopie von Shinobi geliehen. Wie sich herausstellte, gab es Mitte der Achtziger in Osteuropa nicht sonderlich viele Master-System-Konsolen und noch weniger Ninjas. Die Xbox leihen wir ihm lieber nicht, denn Dev meint, seine Augen könnten explodieren.
    »Jedenfalls«, sagte Dev. »Dieser unser Laden – Power Up! – verdankt seinen Namen …«
    Und da merke ich, was Dev vorhat. Er versucht, Pawel rauszulangweilen. Das Gespräch zu dominieren. Ihn mit Gewalt zu vertreiben, wie Männer mit nutzlosen Kenntnissen es oft tun. Wirft Phrasen ein
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