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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick
Autoren: D Wallace
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sagte er.
    Meine Güte.
    Meine Güte, Moment mal …
    »Du hast doch immer gesagt, die Fotos hätten ein Thema«, sagte ich zu Dev und achtete darauf, dass man mir meine Ungeduld nicht anmerkte. »Was hast du damit gemeint?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er. »Es ist … es ist so, als gehörten alle Fotos in einer Einwegkamera zusammen, weil sie alle darin eingesperrt sind. Sie sind eine Gruppe. Sie brauchen einander. Sie sind eine Sammlung . Wieso?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Ich wollte es nicht sagen. Noch nicht.
    Denn jetzt, plötzlich und ohne Vorwarnung, tauchten vor meinen Augen Bilder auf wie die Blitze einer Einwegkamera.
    Ausflüge, die wir gemacht hatten, Sachen, die wir gesehen hatten, Dinge, die wir gesagt hatten.
    Manche klangen sinnvoll, andere nicht, aber alles stürzte gleichzeitig auf mich ein.
    Die Muscheln im Restaurant prasselten auf mich ein.
    Damien im Park, mit Kaschmirschal: »Hab gesagt, ich würde ihr die Welt zeigen.«
    Shona. Einwohner: zwei.
    Das Auto draußen vor dem großen, weißen Gebäude, die Robbenfellfabrik beim Pub.
    Dev in seinem Nissan Cherry, mit XFM im Radio, ohne sich umzusehen: »Die ganze Welt ist auf der Charlotte Street …«
    Das alles stürzte auf mich ein, gleichzeitig.
    O Gott.
    Ich hatte auf den Fotos nach Hinweisen gesucht. Aber die Hinweise waren die Fotos selbst.
    Dev hatte recht gehabt.
    Plötzlich war ich ganz außer mir. Zum ersten Mal seit ewigen Zeiten hatte ich dieses Gefühl in der Magengrube, diese Hoffnung, die ich sonst bekämpfte, dieses Gefühl, dass vielleicht eher etwas anfing, als dass es endete …
    Aber wie sollte ich vorgehen? Wie sollte ich diese Bilder, diese Momente, diese Blitze nutzen?
    Und dann hätte ich am liebsten laut losgelacht. Denn ich wusste, wie. Wir hatten darüber gesprochen, Sarah und ich, neulich Abend erst.
    Tatsächlich hatte Sarah mir gezeigt, wie es ging.
    Ich hatte meine Exfreundin kurz vor ihrer Hochzeit noch wütend erklärt, wenn man bei Google ›Scheitern‹, ›Reue‹, ›Egoismus‹ und ›Arroganz‹ eingeben würde, stieße man auf ein Bild von mir. »Das sind die Schlüsselwörter deines Lebens.«
    Ich denke, wir haben alle Schlüsselwörter, wie eine DNA , die wir nach außen tragen und der Welt vorführen.
    Ich konnte Sarahs Einschätzung nicht widersprechen, da diese auf dem Ich basierte, das sie zu kennen glaubte. Der leicht mürrische Ex, der kein Glück hatte, vom Leben gezeichnet, der nicht mal mehr über einem Laden neben einer Bar wohnte, von der alle immer dachten, da wäre ein Bordell, wo aber gar keins war.
    Doch ich wusste auch, dass meine Schlüsselwörter sich vielleicht geändert hatten.
    Geändert dank Matt, dank Abbey, dank Dev. Vielleicht war es gut für mich, dass Sarah und Gary sich kennengelernt hatten und dass alles so kam, wie es gekommen war. Damit die Vergangenheit auch verging. Damit man nicht mehr dorthin zurückkonnte, damit man sie hinter sich lassen konnte, als machte man mit einer alten Kamera ein schlechtes Foto und kurbelte den Film dann einfach weiter.
    Hoffnungen gegenüber war ich schon immer miss trauisch gewesen. Jetzt jedoch merkte ich, dass einem auch die Hoffnungslosigkeit nicht weiterhilft. Natürlich ist es schön, von etwas Gutem überrascht zu werden. Einem Anruf aus heiterem Himmel. Einem unerwarteten Gewinn. Aber wie schön ist es doch auch, etwas zu wagen und dafür zu sorgen, dass etwas Gutes wahr wird.
    Und genau das erhoffte ich mir nun.
    Also, ja: Wir haben alle unsere Schlüsselwörter. Aber Schlüsselwörter können sich ändern.
    Das Leben ändert sich. Menschen ändern sich. Und ich verspreche, ich werde das nie wieder sagen.
    Aber nur, wenn wir Glück haben. Und Glück haben wir meist dank anderer Leute. Es gibt keine bessere Selbsthilfe als die Selbsthilfe, die man von anderen bekommt. Das hatte mir die kleine Gruppe um mich herum bewiesen. Sie hatte mir gezeigt, dass sich Frust und Wut und unterdrückter, angestauter Zorn in Zielstrebigkeit verwan deln lassen, sofern man sie richtig lenkt.
    Die Ängstlichen werden mutig. Die Hoffnungslosen finden Hoffnung.
    Selbstverständlich hatte ich Shona schon gegoogelt, blöde Frage.
    Ich hatte Shona London bei Google eingegeben.
    Shona London Mädchen.
    Shona London Ich habe meine Kamera verloren und fahre wahrscheinlich ein altes Fahrrad mit Korb Mädchen.
    Aber es kam natürlich nichts, nur der frustrierende Anblick von 2 , 4 Mio. Treffern in 0 , 06 Sekunden.
    Wie sich herausstellte, ist Shona keineswegs
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