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Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Titel: Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)
Autoren: Karen McQuestion
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Nachmittag eine hiesige Frau von einem Mitreisenden angegriffen.« Rita hatte gestrickt und nicht richtig aufgepasst, aber an diesem Punkt legte sie ihr Strickzeug weg und sah aufmerksam hin. Genau wie sie gedacht hatte, handelte die Nachricht von Davis’ Angriff auf Marnie. Rita und Glenn betrachteten den Filmausschnitt, in dem Davis in Handschellen vom Flugzeug abgeführt wurde, in vollkommenem Schweigen; weitere Bilder zeigten, wie Marnie auf einer Tragbahre in den Krankenwagen geschleppt wurde. Im Flughafen interviewte ein Reporter zwei andere Passagiere, eine Frau mittleren Alters und ihre jugendliche Tochter. Beide erzählten, Davis habe ausgesehen, als wäre er wahnsinnig. »Drei Männer waren nötig, um ihn von dieser armen Frau wegzuzerren«, berichtete die Mutter. »Er war wie besessen«, bemerkte die Tochter.
    Als die Nachricht vorbei war, stellte Glenn den Fernseher stumm und warf Rita ein trauriges Lächeln zu. »Wie geht es dir, Schatz?«
    »Ich bin einfach nur froh, dass Jazzy uns vorhin angerufen und uns alles erzählt hat«, antwortete sie. »Es wäre schlimmer gewesen, es aus den Nachrichten zu erfahren.« Bevor sie noch mehr sagen konnte, läutete das Telefon. Rita hätte es klingeln lassen, aber Glenn hatte nicht denselben Impuls. Er stand auf, um abzunehmen und sie rief ihm nach: »Ich rede mit niemandem.« Sie hörte, wie er in der Küche mit ihrer Schwester Carolyn sprach, die offensichtlich die Nachricht gesehen hatte und ihnen Bescheid geben wollte. Rita wusste nicht, was sie fühlen sollte. Sie war von so vielen widersprüchlichen Gedanken und Empfindungen erfüllt. Auch Schuldgefühle gehörten dazu. Wenn sie und Glenn bloß diesen Flug genommen hätten, dann hätten sie vielleicht Davis zur Rede gestellt, und Marnie wäre verschont geblieben. Wie schrecklich es für Troy gewesen sein musste, unmittelbar daneben zu sitzen und nichts tun zu können. Der arme Junge. Es tat ihr wirklich leid, dass Marnie attackiert worden war. Aber sie war auch erleichtert. Davis saß jetzt in Haft und würde längere Zeit ins Gefängnis kommen, und da gehörte er auch hin. Am besten war aber, dass die Tatsache, dass er Marnie gewürgt hatte, auch seine Schuld an Melindas Tod nahelegte. Dieselbe Vorgehensweise, dachte sie. Sie hoffte, dass das ein neues Licht auf den Fall werfen würde.
    Während Glenn das Telefongespräch fortsetzte, ging sie ins Esszimmer. Sie schaltete den Kronleuchter über dem Tisch nicht ein, sondern blieb im Dunkeln stehen und schaute aus dem Fenster. Das Zimmer war gerade groß genug für den Tisch und den Geschirrschrank. Ein großes Panoramafenster ging nach hinten auf den Garten hinaus. Es war eines ihrer Lieblingszimmer, weil es immer ordentlich und aufgeräumt war. Das Durcheinander auf der Küchenarbeitsplatte – dieungeöffnete Post, die Gummibänder und anderer Krimskrams – drang nie bis ins Esszimmer vor. Mit seinem Tischtuch und dem Blumengesteck in der Mitte sah der Esszimmertisch immer makellos aus. Auch der Inhalt des Geschirrschranks blieb stets unverändert, außer beim Frühjahrsputz, wo sie alles herausholte, um es von Hand abzuwaschen. Das Holz im Zimmer roch schwach nach Zitronenpolitur, ein sauberer, tröstlicher Duft.
    Wie sie jetzt vor dem Fenster stand, hatte sie klare Sicht auf den Garten. Ein Vollmond stand am Himmel, so klein, dass sie ihn mit dem Daumen verdecken konnte. Sonderbar, dass ein so winziger Punkt derart viel Licht warf. Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie jenseits der Terrasse den Gemüsegarten im hinteren Bereich des Grundstücks sehen. Zu Beginn der Saison hatte Glenn ihr geholfen, den Garten mit Hasendraht einzuzäunen, um die Kaninchen draußen zu halten. Bisher hatte es funktioniert.
    Der Mond war, wie ihr auffiel, von einem leicht dunstigen Hof umgeben und das erinnerte sie an einen Spruch, den Glenn Melinda als Kind beigebracht hatte.
Wenn um den Mond den Ring ich seh, gibt es Regen oder Schnee.
Vielleicht würde es wirklich regnen, schwül genug war es. Sie war froh, dass Glenn gleich nach ihrer Heimkehr die Klimaanlage eingeschaltet hatte. Jetzt war es im Haus angenehm kühl.
    Nachdem Glenn zu Ende telefoniert hatte, kam er sie suchen und fand sie von Dunkelheit umschlossen noch immer am Fenster. Als sie hörte, dass er nach dem Lichtschalter tastete, sagte sie: »Nein, lass es aus. Es gefällt mir so.«
    Er trat hinter sie und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Du bist gerne im
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