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Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Titel: Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)
Autoren: Karen McQuestion
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würde deine Angst lindern.«
    »Nein«, beharrte Marnie. »Ich habe schon früher Melatonin geschluckt. Du hast mir etwas viel Stärkeres gegeben. Ich konnte es im Blut spüren. Es hat die Angst vollkommen vertrieben.«
    »Ich muss genau wissen, was Sie eingenommen haben«, sagte der Arzt. Er blickte Laverne über seine Brille hinweg an.
    »Das ist genau das, was sie genommen hat«, erwiderte Laverne.
    Jazzy ergriff das Wort. »Es war Melatonin, Doktor. Ich habe gesehen, wie Laverne die Tablette aus dem Fläschchen geschüttelt hat.« Als sie Marnies entsetzten Blick bemerkte, fügte sie hinzu: »Ich schwöre beim Grab meiner Großmutter, dass es Melatonin war.«
    »Aber das kann nicht sein. Ich habe es gespürt ...«, entgegnete Marnie erschüttert.
    »Der Placeboeffekt ist unglaublich stark«, erklärte der Arzt. »Sie würden staunen, wie viel Einfluss die Psyche hat.«
    Auf der Heimfahrt rief Marnie, die auf dem Rücksitz zwischen Troy und Laverne saß, plötzlich: »Oh! Wir haben Rita noch gar nicht angerufen, um ihr zu erzählen, was passiert ist.«
    »Sie weiß Bescheid. Ich habe mit ihr telefoniert, als du im Krankenwagen warst«, erwiderte Jazzy und wandte sich beschwichtigend um. Dylan, der den Chauffeur machte, spürte den Ernst der Lage und hatte seit dem Aufbruch vom Krankenhaus noch kein Wort von sich gegeben.
    »Was hat sie gesagt?«, fragte Marnie.
    »Ich glaube ehrlich gesagt, dass sie ziemlich überwältigt war. Es hat ihr schrecklich leidgetan, dass Davis dich angegriffen hat, war aber erleichtert, dass er jetzt im Gefängnis sitzt. Sie hat gesagt, dass sie dich morgen anruft.« Jazzy schob sich die Haare über eine Schulter. »Sie wollte sich nicht gleich auf dich stürzen. Ich soll dir ganz liebe Grüße ausrichten.«
    Ganz liebe Grüße.
Was für ein herzerwärmender Ausdruck. Im selben Augenblick, in dem Jazzy es aussprach, spürte Marnie es. Liebe umgab sie von allen Seiten. Und das trotz des Schmerzes, der genähten Wunde und des wehen Halses. Sie schniefte, von Gefühlen überwältigt. Troy warf ihr einen besorgten Blick zu. »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte er.
    »Es ist mir noch nie besser gegangen«, antwortete sie.
    Als sie vor ihrem Zweifamilienhaus am Straßenrand hielten, betrachtete Marnie es teilnahmslos. Sie waren nur ein paar Tage weg gewesen, aber ihr Zuhause kam ihr jetzt so fern vor wie ein Ort, an dem sie als Kind einmal gelebt hatte. Und doch war es genau wie vorher – roter Backstein, weiße Fensterläden und Säulen im Kolonialstil, die die Vordertreppe flankierten. Dylan entlud den Kofferraum und half den Frauen, ihr Gepäck ins Haus zu tragen. Als Laverne ihre Tür aufschloss und sichverabschiedete, überlegte Marnie, wie viel sich in so kurzer Zeit verändert hatte. Früher war ihre Nachbarin die geheimnisvolle Frau in der Wohnung unter ihr gewesen. Jetzt waren sie Freundinnen.
    Als es Zeit war, sich zu trennen, umarmte Jazzy Marnie und sagte: »Ruf mich an, falls du irgendwas brauchst. Ich kann dann schnell einkaufen gehen oder so.«
    »Ja, danke.«
    Als Marnie und Troy endlich allein zu Hause waren, sagte sie: »Soll ich dich einmal kurz durch die Wohnung führen? Ich verspreche dir, es wird nicht lange dauern.«
    Er saß teilnahmslos auf einem Küchenstuhl, Rucksack und Reisetasche lagen zu seinen Füßen. So krumm, wie er da hockte, wirkte er viel jünger als seine vierzehn Jahre.
    »Troy? Stimmt irgendwas nicht?«
    In seinen Augen glänzten Tränen. »Als du sagtest, dass wir heimfahren, dachte ich, wir fahren zurück nach Hause.«
    Ihr dämmerte sofort, was er meinte. Sie zog einen Stuhl heran und setzte sich ihm gegenüber. »Ach, Schatz. Ich lebe nicht mehr in unserem alten Haus. Es gehört mir nicht. Erinnerst du dich? Deine Mom hat es einem Immobilienmakler übergeben und will es verkaufen.«
    »Ich weiß, ich ...« Er wischte sich verlegen die Augen mit dem Handrücken. »Ich hatte es eben einfach vergessen. Ich hatte mir vorgestellt, dass wir durch die Haustür kommen und ich in mein altes Zimmer gehe. Ich hatte es mir anders gedacht, als es dann gekommen ist.«
    Marnie seufzte. »Ich weiß, wie das ist. Im Leben scheint es oft so zu gehen.«

52
    An diesem Abend lehnte Rita nach Sonnenuntergang in ihrem dunklen Esszimmer am Fensterrahmen. Erst vor ein paar Minuten hatten sie und Glenn die Fernsehnachrichten gesehen und da hatte der Nachrichtensprecher, Spencer Spellman, verkündet: »Auf einem Flug von Denver nach Milwaukee wurde an diesem
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