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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories
Autoren: Agatha Christie
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bereits erklärt, daß Sie meine Köchin für mich finden sollen? Marschierte am Mittwoch aus dem Hause, ohne mir ein Sterbenswörtchen zu sagen, und hat sich nicht wieder blicken lassen.«
    »Es tut mir leid, Madame, aber mit solchen Dingen befasse ich mich nicht. Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen.«
    Unser Besuch schnaufte förmlich vor Empörung.
    »Aha, so weht der Wind! Zu stolz, was? Befassen sich nur mit Regierungsgeheimnissen und gräflichen Juwelen. Aber ich kann Ihnen versichern: für eine Frau in meiner Lage ist eine Köchin genauso wichtig wie eine Tiara. Wir können nicht alle feine Damen sein und mit unseren Diamanten und Perlen im Auto spazierenfahren. Eine gute Köchin ist und bleibt eine gute Köchin – und wenn ich sie verliere, bedeutet das ebensoviel für mich wie die Perlen für eine Lady!«
    Einen Augenblick lang schien es ungewiß, ob bei Poirot die Würde oder der Sinn für Humor die Oberhand behalten sollte. Schließlich lachte er und setzte sich wieder hin.
    »Madame, Sie haben recht und ich unrecht. Ihre Bemerkungen sind gerechtfertigt und intelligent. Der Fall ist neu für mich. Noch nie habe ich nach einer verschwundenen Hausangestellten gefahndet. Weiß Gott, hier ist das Problem von nationaler Bedeutung, das ich gerade vor Ihrer Ankunft vom Schicksal verlangte. En avant! Sie sagen also, daß diese Perle von einer Köchin am Mittwoch ausging und nicht zurückkehrte. Das war vorgestern.«
    »Ja, da hatte sie Ausgang.«
    »Aber wahrscheinlich ist ihr ein Unglück zugestoßen, Madame. Haben Sie schon die Krankenhäuser angerufen?«
    »Daran habe ich gestern auch gedacht. Aber heute morgen ließ sie ihren Koffer abholen. Was sagen Sie dazu, bitte? Und nicht eine Zeile für mich! Wenn ich zu Hause gewesen wäre, hätte ich ja den Koffer nicht aus der Hand gegeben – mich so zu behandeln! Aber ich war gerade auf einen Sprung zum Metzger.«
    »Wollen Sie mir bitte Ihre Köchin beschreiben?«
    »Sie ist eine Person in mittleren Jahren, korpulent, hat ergrauendes, schwarzes Haar – höchst respektabel. Auf ihrer letzten Stelle war sie zehn Jahre lang. Eliza Dunn ist ihr Name.«
    »Und Sie hatten keine – Meinungsverschiedenheit?«
    »Ganz und gar nicht! Das ist ja das Merkwürdige!«
    »Wie viele Angestellte beschäftigen Sie, Madame?«
    »Zwei. Das Hausmädchen Annie ist sehr nett. Etwas vergeßlich und den Kopf voller Männer, aber eine gute Kraft, wenn man ihr etwas auf die Finger schaut.«
    »Vertrug sich die Köchin mit dem Hausmädchen?«
    »Es gab natürlich kleine Reibereien – aber im großen und ganzen verstanden sie sich sehr gut.«
    »Und das Mädchen kann kein Licht auf die Angelegenheit werfen?«
    »Sie sagt nein – aber man kennt das ja – halten alle zusammen wie Pech und Schwefel.«
    »Na, wir müssen die Sache mal prüfen. Wo wohnen Sie doch gleich?«
    »In Clapham, Prince Albert Road 88.«
    » Bien, Madame, ich wünsche Ihnen einen guten Morgen, und Sie können auf meinen Besuch im Laufe des Tages rechnen.«
    Mrs. Todd – so hieß unsere neue Bekannte – verabschiedete sich darauf, und Poirot blickte mich etwas kläglich an.
    »Na, Hastings, das ist ja mal etwas Neues. Das Verschwinden der Köchin von Clapham! Niemals, niemals darf unser Freund, Inspektor Japp, davon hören!«
    Dann setzte er ein Bügeleisen auf und entfernte sorgfältig mit Hilfe eines Löschblattes den Fettfleck aus seinem grauen Anzug, während die Schnurrbartpflege zu seinem Bedauern vertagt werden mußte. Darauf machten wir uns auf den Weg nach Clapham.
    Die Prince Albert Road bestand aus kleinen, peinlich schmucken Häusern, die sich alle glichen wie ein Ei dem anderen. Alle Fenster waren mit sauberen Spitzengardinen verhüllt, und blankpolierte Messingklopfer glänzten an jeder Tür.
    Wir klingelten bei Nr. 88, und die Tür wurde von einem sauberen, hübsch aussehenden Mädchen geöffnet. Mrs. Todd erschien auch im Flur und begrüßte uns.
    »Bleiben Sie nur hier, Annie!« rief sie. »Dieser Herr ist ein Detektiv und möchte gewiß einige Fragen stellen.«
    In Annies Gesichtszügen kämpften Erschrecken und angenehme Erregung miteinander.
    »Ich danke Ihnen, Madame«, sagte Poirot mit einer Verbeugung. »Ich möchte Ihr Mädchen sofort befragen – und zwar allein, wenn Sie gestatten.«
    Wir wurden in einen kleinen Salon geführt, und als Mrs. Todd das Zimmer, offenbar sehr ungern, verlassen hatte, begann Poirot sein Kreuzverhör.
    » Voyons, Mademoiselle Annie, alles, was Sie uns sagen, ist
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