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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories
Autoren: Agatha Christie
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Freund.«
    »Jedenfalls sollte man den Grafen verfolgen, verhaften! Aber was für ein Motiv hätte er?«
    »Juwelen im Werte von hunderttausend Dollar bilden ein ganz schönes Motiv für jeden. Aber ich frage mich höchstens: warum sie töten? Warum nicht einfach den Schmuck stehlen? Sie hätte schon keine Anklage erhoben.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie eine Frau ist, mon ami. Sie hat diesen Mann früher einmal geliebt. Daher würde sie den Verlust schweigend tragen. Und der Graf, der ein außerordentlich guter Frauenkenner ist – daher seine Erfolge –, würde das auch wissen! Und wenn wir annehmen, daß Rupert Carrington sie umgebracht hat, warum sollte er die Juwelen an sich nehmen? Die würden ihn doch nur stark belasten.«
    »Eine Finte, um den Verdacht von sich abzulenken.«
    »Vielleicht haben Sie recht. Aha, hier ist Japp! Ich erkenne ihn am Klopfen.«
    Der Inspektor strahlte vor guter Laune.
    »Morgen, Poirot. Gerade von der Reise zurück. Bin einen guten Schritt weitergekommen. Und Sie?«
    »Ich? Ich habe meine Gedanken geordnet!« erwiderte Poirot seelenruhig.
    Japp lachte herzhaft und flüsterte mir zu:
    »Der alte Knabe kommt in die Jahre.« Laut sagte er: »Damit begnügen wir Jungen uns nicht.«
    » Quel dommage! « meinte Poirot trocken.
    »Nun, wollen Sie wissen, was ich getan habe?«
    »Darf ich raten? Sie haben das Messer gefunden, mit dem das Verbrechen begangen wurde, und zwar neben dem Geleise zwischen Weston und Taunton. Ferner haben Sie den Zeitungsjungen interviewt, der mit Mrs. Carrington in Weston gesprochen hat.«
    Japp machte ein ellenlanges Gesicht. »Woher wissen Sie denn das? Nun kommen Sie mir bloß nicht mit Ihren allmächtigen kleinen grauen Zellen!«
    »Freut mich, daß Sie endlich mal zugeben, daß sie allmächtig sind! Sagen Sie mal, hat sie dem Zeitungsjungen einen Shilling Trinkgeld gegeben?«
    »Eine halbe Krone sogar!« Japp hatte seine gute Laune wieder und grinste. »Ziemlich verschwenderisch, diese reichen Amerikaner!«
    »Und infolgedessen hat der Junge sie nicht vergessen, wie?«
    »Der nicht! Halbe Kronen regnen nicht jeden Tag für ihn vom Himmel. Sie rief ihn zu sich und kaufte zwei Zeitschriften. Das Titelbild des einen zeigte ein Mädchen in Blau. ›Das paßt ja zu mir!‹ sagte sie. O ja, er erinnerte sich noch ganz genau. Na, für mich war’s genug! Nach Aussage des Arztes muß das Verbrechen vor Taunton begangen worden sein. Ich dachte mir, daß man das Messer sofort wegwerfen würde. Deshalb ging ich den Schienen nach, und siehe da, dort lag’s! Ich versuchte, in Taunton die Spur des Mannes aufzunehmen. Aber es ist ein großer Bahnhof, wo er untertauchen konnte. Er ist dann wohl mit einem späteren Zug nach London zurückgekehrt.«
    Poirot nickte. »Sehr wahrscheinlich.«
    »Aber nach meiner Rückkehr habe ich noch etwas entdeckt!
    Diese heiße Ware zirkuliert schon. Der große Smaragd wurde gestern abend versetzt – von einem, der zur Unterwelt gehört. Was meinen Sie wohl, wer das war?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß nur, daß es kein großer Mann war.«
    Japp starrte ganz verblüfft. »Da haben Sie recht. Er ist klein genug. Es ist Rot-Narky.«
    »Wer ist Rot-Narky?« fragte ich.
    »Ein besonders raffinierter Juwelendieb, der auch vor einem Mord nicht zurückschreckt. Arbeitet gewöhnlich mit einer Frau zusammen – Gracie Kidd. Aber sie scheint diesmal nicht dabei zu sein, oder sie ist mit dem Rest der Beute nach Holland abgedampft.«
    »Haben Sie Narky verhaftet?«
    »Natürlich. Aber wohlgemerkt, es ist der andere, den wir fassen wollen, der Mann, der in Mrs. Carringtons Abteil war. Der hat nämlich den ganzen Anschlag geplant. Leider verrät Narky keinen seiner Genossen.«
    Es fiel mir auf, daß Poirots Augen ganz grün geworden waren.
    »Ich glaube«, sagte er leise, »ich weiß, wo Narkys Kollege steckt.«
    »Mal wieder eine Ihrer kleinen Ideen, wie?« Japp warf Poirot einen scharfen Blick zu. »Geradezu wundervoll, wie Sie manchmal den Kram schmeißen! Und dazu noch in Ihrem Alter! Reines Glück natürlich.«
    »Vielleicht, vielleicht«, murmelte mein Freund. »Hastings, meinen Hut. Und die Bürste. So! Meine Galoschen, wenn es noch regnet! Wir dürfen die gute Wirkung der tisane nicht aufheben. Au revoir, Japp!«
    »Viel Glück, Poirot.«
    Poirot nahm das erste Taxi, das uns begegnete, und nannte dem Fahrer die Adresse in der Park Lane.
    Kaum hielten wir vor Hallidays Haus, da sprang er schon behende aus dem Wagen, bezahlte den Chauffeur und zog
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