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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories
Autoren: Agatha Christie
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Firma in der Stadt arbeitete und erst nach sechs Uhr zu Hause sein würde.
    »Zweifellos ist er sehr aufgebracht und beunruhigt über diese unerklärliche Angelegenheit. Stimmt’s?«
    »Er machte sich nie Sorgen«, erklärte Mrs. Todd. » › Nimm dir eine andere, meine Liebe‹, war alles, was er sagte. Er ist so ruhig, daß es mich manchmal zur Verzweiflung treibt. ›Eine undankbare Person‹, sagte er, ›gut, daß wir sie los sind.‹«
    »Und die anderen Mitbewohner, Madame?«
    »Sie meinen Mr. Simpson, unseren zahlenden Gast? Solange der sein Frühstück und sein Abendessen richtig bekommt, macht er sich keine Sorgen.«
    »Was ist er von Beruf, Madame?«
    »Er arbeitet in einer Bank.« Sie erwähnte den Namen, und ich stutzte etwas, denn die Notiz im Tages-Echo fiel mir ein.
    »Noch jung?«
    »Achtundzwanzig, glaube ich; netter, ruhiger junger Mann.«
    »Ich möchte kurz mit ihm sprechen, auch mit Ihrem Gatten, wenn Sie erlauben. Zu dem Zweck werde ich heute abend noch einmal vorsprechen. Darf ich Ihnen vorschlagen, Madame, sich ein wenig auszuruhen? Sie sehen angegriffen aus.«
    »Na, ist das etwa ein Wunder? Zuerst die Aufregung wegen Eliza, dann gestern praktisch den ganzen Tag im Ausverkauf, und was das heißt, Monsieur Poirot, wissen Sie ja wohl! Dann dies und jenes, und viel zu tun im Haushalt, denn Annie kann natürlich nicht alles allein schaffen – und wahrscheinlich wird sie sowieso kündigen, weil sie aus ihrer Ordnung gekommen ist – wie gesagt, ich bin einfach erledigt.«
    Poirot murmelte ein paar verständnisvolle Worte, und dann verabschiedeten wir uns.
    »Merkwürdiger Zufall«, sagte ich, »aber der flüchtige Bankbeamte Davis war bei derselben Bank wie Simpson. Glauben Sie, es besteht da ein Zusammenhang?«
    »Ein entflohener Bankbeamter – eine entschwundene Köchin. Es ist nicht so einfach, eine Beziehung zwischen beiden zu entdecken, es sei denn, Davis besuchte Simpson, verliebte sich in die Köchin und überredete sie, ihn auf seiner Flucht zu begleiten.«
    Ich mußte lachen, aber Poirot blieb ernst.
    »Das wäre nicht die schlechteste Idee gewesen«, sagte er mit leichtem Tadel. »Denken Sie daran, Hastings, wenn Sie mal in die Verbannung gehen: eine gute Köchin kann tröstlicher sein als ein hübsches Gesicht!« Nach einer kleinen Pause fuhr er fort: »Ein seltsamer Fall voller Widersprüche. Er interessiert mich – ja, ganz entschieden.«

    Am selben Abend waren wir wieder in der Prince Albert Road und interviewten Todd und Simpson. Todd war ein melancholischer, hohlwangiger Mann, etwas über vierzig.
    »O ja, ja«, sagte er etwas vage. »Eliza. Ja. Gute Köchin, glaube ich. Und sparsam. Ich lege großen Wert auf Sparsamkeit.«
    »Können Sie sich denken, warum sie so plötzlich wegblieb?«
    »Nun ja«, sagte Todd in seiner unbestimmten Art, »Dienstboten. Man weiß ja. Meine Frau macht sich zu viele Gedanken. Völlig kaputt vom ewigen Grübeln. Das ganze Problem ist doch höchst einfach. ›Nimm eine andere, meine Liebe‹, sage ich. ›Nimm eine andere‹ Punktum. Was geschehen ist, ist geschehen. Nicht zu ändern.«
    Mr. Simpson vermochte auch nicht zu helfen. Er war ein ruhiger, unauffälliger Mann mit Brille.
    »Ich habe sie gewiß hin und wieder mal gesehen«, sagte er.
    »Ältere Frau, nicht wahr? Natürlich sehe ich meistens die andere, Annie. Nettes Mädchen. Sehr gefällig.«
    »Haben sich die beiden gut vertragen?«
    Mr. Simpson meinte, er könne es wahrhaftig nicht sagen, vermute es aber.
    »Hat nicht viel zutage gefördert, mein Freund«, sagte Poirot, als wir das Haus verließen. Unser Abschied hatte sich verzögert durch einen lauten Ausbruch von Mrs. Todd, die alles, was sie am Morgen gesagt hatte, noch einmal und noch ausführlicher herunterrasselte.
    »Sind Sie enttäuscht?« fragte ich. »Hatten Sie etwas Besonderes erwartet?«
    Poirot schüttelte den Kopf.
    »Da war natürlich eine Möglichkeit«, sagte er. »Aber eigentlich kaum wahrscheinlich.«

    Die nächste Phase der Entwicklung war ein Brief, den Poirot am folgenden Morgen erhielt. Er las ihn, wurde dunkelrot vor Zorn und reichte ihn mir.

    Mrs. Todd bedauert, Monsieur mitteilen zu müssen, daß sie von seinen Diensten doch keinen Gebrauch machen möchte. Nach Rücksprache mit ihrem Mann sieht sie ein, daß es töricht ist, wegen einer rein häuslichen Angelegenheit einen Detektiv zu Rate zu ziehen. Mrs. Todd fügt als Honorar eine Guinea bei.

    »Ha«, rief Poirot wütend. »Denken die etwa, sie können
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