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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories
Autoren: Agatha Christie
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von größter Bedeutung. Sie allein können Licht in diese dunkle Angelegenheit bringen. Ohne Ihren Beistand bin ich machtlos.«
    Der Schreck wich aus dem Gesicht des Mädchens und machte der angenehmen Erregung völlig Platz.
    »Sir, ich werde Ihnen alles sagen, was ich weiß. Ganz bestimmt.«
    »Gut!« Poirot strahlte sie mit warmem Beifall an. »Nun, was ist zunächst einmal Ihre eigene Idee? Sie sind ein Mädchen von auffallender Intelligenz. Das sieht man sofort! Wie erklären Sie sich das Verschwinden der Eliza Dunn?«
    Nach dieser Aufmunterung öffnete Annie die Schleusen ihrer Beredsamkeit und sprudelte aufgeregt hervor:
    »Mädchenhändler, Sir, das habe ich gleich gesagt! Die Köchin warnte mich dauernd davor. ›Schnüffle kein Parfüm nicht, iß keine Süßigkeiten nicht – ganz egal, wie anständig der Kerl auch aussieht.‹ Das waren ihre eigenen Worte. Und nun haben sie sie selbst geschnappt. Ganz gewiß. Wahrscheinlich haben sie sie nach der Türkei verschleppt oder nach einem von diesen orientalischen Plätzen, wo sie ja für dicke Frauen schwärmen sollen.«
    »Es ist in der Tat eine Idee. Aber hätte sie in diesem Falle ihren Koffer holen lassen?«
    »Das weiß ich nicht, Sir. Aber sie braucht schließlich ihre Sachen – selbst in diesen ausländischen Orten.«
    »Wer holte den Koffer – ein Mann?«
    »Carter Paterson, der Spediteur.«
    »Haben Sie den Koffer gepackt?«
    »Nein, er war bereits gepackt und verschnürt.«
    »Oh, wie interessant! Das weist darauf hin, daß sie bei ihrem Weggang am Mittwoch bereits die Absicht hatte, nicht zurückzukehren. Das sehen Sie doch ein, nicht wahr?«
    »Ja, Sir.« Annie schaute etwas bestürzt drein. »Daran hatte ich nicht gedacht. Aber es könnten doch immerhin Mädchenhändler gewesen sein, nicht wahr?« fügte sie hinzu. Sie schien diese interessante Theorie ungern fallenzulassen.
    »Zweifellos!« sagte Poirot ernsthaft. »Schliefen Sie mit ihr im selben Raum?«
    »O nein, wir hatten getrennte Zimmer.«
    »Und hat Eliza sich Ihnen gegenüber mal geäußert, als sei sie unzufrieden mit ihrem gegenwärtigen Posten? Fühlten Sie sich beide wohl hier?«
    »Sie hat nie von Weggehen gesprochen. Die Stelle ist ganz leidlich –« Das Mädchen zögerte ein wenig.
    »Sprechen Sie nur frei heraus«, sagte Poirot freundlich. »Ich werde Mrs. Todd nichts davon sagen.«
    »Na, sie ist natürlich ’ne komische Alte, die Frau. Aber das Essen ist gut. Reichlich – nicht geknausert. Etwas Warmes zum Abendessen, viel Ausgang und so viel Fett, wie man will. Und überhaupt, wenn Eliza sich hätte verändern wollen, wäre sie niemals einfach so davongelaufen. Sie würde regelrecht gekündigt haben. Mein Gott, die Herrin könnte ihr hierfür einen ganzen Monatslohn abziehen!«
    »Und die Arbeit? Nicht zu schwer?«
    »Mrs. Todd ist ja ein bißchen eigen – stöbert immer in den Ecken herum, um noch ein Staubkorn zu finden. Dann ist da noch der Mieter oder zahlende Gast, wie er immer genannt wird. Aber der hat nur Frühstück und Abendessen, genau wie der gnädige Herr. Sie sind beide den ganzen Tag in der Stadt.«
    »Gefällt Ihnen Ihr Herr?«
    »Oh, der ist in Ordnung – sehr ruhig, allerdings ein bißchen knickerig.«
    »Sie können sich wohl nicht mehr daran erinnern, was Eliza kurz vor ihrem Weggehen sagte?«
    »O ja. Sie sagte: ›Wenn vom Pfirsichkompott noch etwas übrigbleibt, essen wir das zu Abend mit Speck und Bratkartoffeln^ Ganz verrückt auf Pfirsichkompott war sie. Sollte mich nicht wundern, wenn sie sie damit weggelockt hätten.«
    »War Mittwoch ihr regelmäßiger Ausgangstag?«
    »Ja, sie hatte Mittwoch frei und ich Donnerstag.«
    Poirot stellte nur noch wenige Fragen und gab sich dann zufrieden. Annie marschierte ab, und Mrs. Todd kam eilends herein, vor Neugierde platzend. Sie hatte – das spürte ich – ihre Verbannung aus dem Zimmer während unserer Unterhaltung mit Annie bitterlich übelgenommen. Poirot bemühte sich jedoch, ihre aufgebrachten Gefühle taktvoll zu besänftigen.
    »Es ist schwierig«, erklärte er, »für eine Frau von so ungewöhnlicher Intelligenz wie Sie, Madame, sich geduldig mit den umständlichen Methoden, die uns armen Detektiven aufgezwungen werden, abzufinden. Mit Dummheit Geduld zu haben, ist immer schwer für die Scharfsinnigen.«
    Nachdem er auf diese Weise mit seinem Charme die letzte Spur von Groll bei Mrs. Todd weggehext hatte, brachte er das Gespräch auf ihren Gatten, und es stellte sich heraus, daß er bei einer
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