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Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)

Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)

Titel: Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)
Autoren: Celia Rees
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der blonde Typ kapiert das nicht. Er ist nicht daran gewöhnt, dass die Mädchen Nein bei ihm sagen. Er sieht aus wie ein Model von Abercrombie & Fitch. Die Jeans sind nicht billig, der Rest seiner Klamotten ist beste Einkaufslage, aber gut zusammengestellt. Zerschlissene Tennisschuhe genau wie ein Model. Er fährt sich mit der Hand durch das schmutzig-blonde Haar. Jetzt wird es nicht mehr lange dauern, bis er sich im Spiegel überprüft. Na bitte. Schneller Blick, um zu sehen, ob seine Haare in Ordnung sind. Jungs wie er sind von sich selbst besessen. Mehr als Mädchen. Narzissmus stößt mich ab. Er kommt auf meine Liste.
    Jamie nicht. Ich liebe eine glatte Leinwand.
    Er schaut auch auf, als würde er meine Gedanken spüren, und er guckt nicht nach sich selbst, er blickt zu mir. Auch nicht zum ersten Mal, ich hatte bemerkt, wie er mich bemerkt hatte. Der Blick des Blonden verlagert sich leicht, um mitzubekommen, was sein Freund
sieht, und dann gucken sie beide her. Sie fallen meiner Mutter ins Auge, und sie glaubt, die beiden würden sie anschauen. Sie würde es jedenfalls machen, oder etwa nicht? Sie lächelt irgendwie affektiert, und ich glaube, dass sie gleich zwinkert oder winkt, ihr Glas hebt oder irgendetwas ähnlich Peinliches macht. Jetzt müsste ich ein heißes Gesicht bekommen, doch ich werde nie rot. Ich schaue einfach weg.
    Vor dem Fenster stehen ein paar Mädchen. Einige von ihnen kenne ich. Die große Blonde verabschiedet sich aus dem Rudel, kommt rein und geht zu Jamie und seinem Freund. Jamie sieht angepisst aus. Auch sie wirkt nicht besonders begeistert, ihn zu sehen.
    Ich hätte sie gerne länger beobachtet, ich mag es, Leute zu beobachten, doch Roland ist mit seinen Pommes fertig und fängt an zu quengeln. Roland, Rollo, der Junge wird seinem Namen total gerecht. Deshalb baut er auch in der Schule jede Menge Mist, aber er ist in Ordnung.
    Er steht nicht auf meiner Liste.
    Die Freundinnen sind entschlossen, einen draufzumachen. Meine Mutter würde gerne bleiben, weiß aber, dass das nicht geht. Das Lächeln entgleitet ihr für einen Moment. Verärgerung und Feindseligkeit flackern auf, ehe sie sagt: »Natürlich, mein Schatz. Es ist wirklich Zeit zu gehen.«
    Wir stehen auf, um an der Theke zu zahlen. Meine Mutter bläst Küsse in die Runde und formt mit den Lippen »ruf mich an«, wobei sie den kleinen Finger abspreizt und den Daumen ans Ohr hält, doch ihre Freundinnen haben sich schon abgewandt, um weiterzuquatschen. Es ist, als wären wir bereits weg.
    Wir warten, während sie Zeug an der Delikatessentheke aussucht. Jamie steht dicht hinter mir, zu dicht. Ich kann seinen Atem im Nacken
spüren, aber ich bewege mich nicht weg. Seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er sich gemacht. Obwohl ich ihn kenne, ignoriere ich ihn. Er sagt auch nichts. So ist das halt in dieser Stadt.
    Gerade ist eine verrückte Sache passiert. Ich machte eine Schublade auf, um mein Notizbuch zurückzulegen, und da liegt mein Päckchen Tarotkarten. Vorher hatte ich es nicht bemerkt. Und ich war gar nicht auf die Idee gekommen, dass es in der Schublade sein könnte. Ich glaube an nichts mehr von dem Zeug. Dieser ganze Prophezeiungsmist gehört zu meiner Gothic-Emo-Phase. Das war alles einfach Kinderkram. Jetzt bin ich an etwas viel Größerem, habe Astrologie gegen Agitprop getauscht, doch früher habe ich tief in dieser Scheiße gesteckt. Ich liebte das ganze Drum und Dran, die Karten, die Runen, das Tarot, den Kristall.
    Am liebsten hatte ich die Planchette. Ich hatte sie aus einem Trödelladen. Viktorianisch, aus Elfenbein geschnitzt. Sie ist herzförmig und bewegt sich auf drei kleinen Rollen. Am spitzen Ende hat sie eine Halterung für einen Bleistift. Sehr viel besser als ein Hexenbrett, aber alleine macht es keinen besonders großen Spaß. Das ist einer der Gründe, warum ich den Zirkel gegründet habe. Wir haben uns bei mir zu Hause getroffen, die Fingernägel schwarz lackiert, verrückt geschminkt, uns die Haare indigoblau gefärbt und im Okkulten herumgestümpert, während wir Bikini Kill, Beth Ditto, Free Kitten und Lady Gaga hörten, bevor irgendjemand sonst sie mochte.
    Der Zirkel hat allerdings nicht lang bestanden.
    Sie wird sich aufbäumen und dahinsiechen   …
    Diese Zaubersprüche, die ich im Internet fand, waren so mies. Niemals habe ich auch nur für einen Moment daran geglaubt, dass sie tatsächlich wirken würden. Man kann für fast alles Zaubersprüche
kriegen. Marthas Pickel und
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