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Atlantis

Titel: Atlantis
Autoren: Stephen King
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leid, aber das Geburtstagsessen im Colony müsse ausfallen. Im Kühlschrank sei noch ein Rest Rindfleischeintopf; den könne er essen, und sie werde bis acht zu Hause sein, um ihn ins Bett zu bringen. Und um Himmels willen, Bobby, denk dran, das Gas abzudrehen, wenn du den Eintopf aufgewärmt hast.
    Bobby setzte sich wieder vor den Fernseher. Er war enttäuscht, aber eigentlich nicht überrascht. In Bandstand sagte Dick jetzt das Team an, das eine Platte bewerten sollte. Der Kerl in der Mitte sah nach Bobbys Meinung so aus, als hätte er einen lebenslangen Vorrat von Stri-Dex-Wattebäuschen nötig.
    Er griff in seine vordere Hosentasche und holte den neuen orangefarbenen Leserausweis heraus. Seine Stimmung begann sich wieder aufzuhellen. Er brauchte nicht mit einem
Stapel alter Comic-Hefte hier vor dem Fernseher zu hocken, wenn er nicht wollte. Er konnte in die Bücherei gehen und seinen neuen Ausweis einweihen - seinen neuen Ausweis für Erwachsene . Miss Übereifrig würde an der Ausleihe sein, aber eigentlich hieß sie Miss Harrington, und Bobby fand sie hübsch. Sie benutzte Parfüm. Er konnte es immer an ihrer Haut und in ihren Haaren riechen, leicht und süß, wie eine schöne Erinnerung. Und obwohl Sully-John jetzt gerade Posaunenunterricht hatte, konnte Bobby nach der Bücherei zu ihm gehen und vielleicht ein bisschen Werfen üben.
    Außerdem, dachte er, kann ich die Flaschen zu Spicer’s bringen - schließlich muss ich mir in diesem Sommer ein Fahrrad verdienen.
    Auf einmal schien das Leben voller Möglichkeiten zu sein.
     
    Sullys Mutter lud Bobby zum Abendessen ein, aber er lehnte dankend ab und erklärte, er wolle lieber nach Hause. Er hätte Mrs. Sullivans Schmorfleisch mit knusprigen Ofenkartoffeln bei Weitem dem vorgezogen, was daheim in der Wohnung auf ihn wartete, aber er wusste, dass seine Mutter nach ihrer Rückkehr aus dem Büro so ziemlich als Erstes im Kühlschrank nachschauen würde, ob die Tupper-Dose mit dem Rest Eintopf weg war. Wenn nicht, würde sie Bobby fragen, was er zu Abend gegessen habe. Sie würde ihm diese Frage ruhig, ja sogar lässig stellen. Wenn er ihr erzählte, dass er bei Sully-John gegessen hatte, würde sie nicken, ihn fragen, was es gegeben habe - auch Nachtisch? - und ob er sich bei Mrs. Sullivan bedankt habe; sie würde sich vielleicht sogar zu ihm aufs Sofa setzen und eine Schüssel Eis mit ihm essen, während sie sich im Fernsehen Sugarfoot
ansahen. Alles würde in Ordnung sein … nur dass es eben doch nicht in Ordnung war. Irgendwann würde er es heimgezahlt kriegen. Es konnte ein oder zwei Tage dauern, sogar eine Woche, bis es passierte - aber es würde passieren. Bobby wusste das, fast ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass er es wusste. Sie musste zweifelsohne wirklich so lange arbeiten, aber dass er an seinem Geburtstag ganz allein einen Rest Eintopf essen musste, war auch eine Strafe dafür, dass er gegen ihren Willen mit dem neuen Mieter gesprochen hatte. Wenn er versuchte, dieser Strafe zu entgehen, würde sie sich summieren wie Geld auf einem Sparkonto.
    Als Bobby von Sully-John zurückkam, war es Viertel nach sechs, und es wurde allmählich dunkel. Er hatte zwei neue Bücher dabei, einen Krimi mit dem Titel Perry Mason und der Engel mit Krallen und einen Science-Fiction-Roman von Clifford Simak mit dem Titel Ring um die Sonne . Beide sahen total galaktisch aus, und Miss Harrington hatte ihm überhaupt keine Schwierigkeiten gemacht. Ganz im Gegenteil: Sie hatte ihm erklärt, mit seiner Lektüre sei er seiner Altersstufe voraus und er solle so weitermachen.
    Auf dem Heimweg von S-J dachte sich Bobby eine Geschichte aus, in der er und Miss Harrington auf einem sinkenden Vergnügungsdampfer waren. Sie überlebten als Einzige, weil sie einen Rettungsring mit der Aufschrift S. S. LUSITANIC fanden, der sie vor dem Ertrinken bewahrte. Sie wurden auf einer kleinen Insel mit Palmen und Dschungel und einem Vulkan an Land gespült, und als sie am Strand lagen, zitterte Miss Harrington und sagte, ihr sei kalt, so kalt, ob er sie nicht bitte in die Arme nehmen und aufwärmen könne, was er natürlich konnte und tat, mit Vergnügen,
Miss Harrington, und dann kamen die Eingeborenen aus dem Dschungel, und zuerst schienen sie freundlich zu sein, aber dann stellte sich raus, dass sie Kannibalen waren, die an den Hängen des Vulkans lebten und ihre Opfer auf einer Lichtung mit lauter Schädeln drum herum töteten, daher sah es gar nicht gut aus für Miss Harrington und
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