Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Athyra

Athyra

Titel: Athyra
Autoren: Steven Brust
Vom Netzwerk:
Seine Lordschaft ihn erwischte?
    Auf keinen Fall.
    Er überlegte, ob er abermals einen der Jheregs zu rufen versuchen sollte, aber in dem Augenblick wurde er durch ein leises Tap-tap erschreckt, das von irgendwoher zu kommen schien.
    Hektisch schaute er sich um, und da war es wieder.
    Hatte er die Jheregs womöglich doch erreicht?
    Tap-tap … Tap-tap.
    Er folgte dem Geräusch und entdeckte, daß es ohne Zweifel von hinter einem der Wasserläufe kam.
    Da zögerte er nicht länger. Er stellte sich davor auf, breitbeinig über der kleinen Rinne, griff nach oben und nahm sich die Kette. Sie knirschte verrostet, aber er hielt sie fest in der Hand. Und zog.
    Zuerst bewegte sie sich nicht, als sei sie ewig nicht benutzt worden und völlig eingerostet, aber als er sich ganz daranhängte, gab sie unvermittelt nach.
    Im fahlen Laternenlicht wirkte es einen Augenblick lang, als würde die Mauer sich rückwärts bewegen, aber dann konnte er es erkennen. Die Tür vor ihm öffnete sich laut kreischend und ließ einen kleinen Wasserstrom ein, ein paar Jheregs, eine verängstigte und triefnasse Polyi und einen ebenfalls durchnäßten, sehr bleichen, sehr abgekämpft wirkenden Ostländer, der vorwärts taumelte und vor Savns Füßen zusammenbrach.
    In dem Moment, als reiche Vlads Gewicht aus, das Herrschaftshaus zu erschüttern, begann der Boden zu vibrieren. Savn schaute sich um, doch vorerst geschah nichts. Und dann ertönte das plötzliche Ploppen verschwindender Luft, und Savn sah Seine Lordschaft und den Auftragsmörder der Jhereg, die keine drei Meter vor ihm standen. Seine Lordschaft wirkte sehr groß, die Hände hatte er ausgestreckt, wie um die Luft zu ergreifen, während der Jhereg sprungbereit kauerte und ein langes, funkelndes Messer vor sich hielt.
    Und ein Gefühl, das Savn nie gehabt hatte, aber um nichts in der Welt mißdeutet werden konnte: das Messer in der Hand des Jhereg war morganti.

 
     
ICH HEIRATE LIEBER ’NEN BÖSEWICHT,
ICH HEIRATE LIEBER ’NEN BÖSEWICHT,
BIN REICH UND FREI, ANDERS WILL ICH’S NICHT.
HEISSA HEISSA BUM BUM!
EINS NACH VORN …
     
     
    Savn schnappte sich Polyi mit der freien Hand und schob sie mit dem Rücken an die Wand. Vlad blieb, wo er war, auf Händen und Knien, und schaute zu Seiner Lordschaft und dem Jhereg-Attentäter auf, die unbeweglich gute drei Schritte von ihm entfernt standen. Die Jheregs bauten sich neben Vlad auf, an jeder Seite einer, und alle warteten.
    Dann erhob sich Vlad langsam. Augenscheinlich hatte er Schwierigkeiten, sich aufrecht zu halten, doch er schaffte es. Die Jheregs flogen ihm auf die Schultern. Savn merkte, daß Vlad ein Fläschchen in der rechten Hand hielt.
    »Vorsicht«, sagte Seine Lordschaft. »Er ist wahrscheinlich nicht so schwer verletzt wie –«
    »Schnauze«, sagte der Jhereg.
    »Pst«, machte Vlad. »Kein Gekabbel jetzt. Das ziemt sich nicht. Ich habe etwas für Euch, Loraan.« Er ging los, und etwas blitzte. Polyi schrie, doch das Messer traf nicht Vlad, sondern das Fläschchen in seiner Hand.
    Vlad lachte auf und ließ es fallen. »Na ja, die Idee war gut. Kein schlechter Wurf, Ishtvan.«
    »Danke, Taltos«, erwiderte der Auftragsmörder. »Ich mische mich ganz gerne ein.«
    »Ich weiß«, sagte Vlad. »Deshalb hatte ich Euch ja angeheuert.«
    Seine Lordschaft sagte: »Haltet Euch geschlossen, Ostl –«
    »Er hat recht«, sagte der Jhereg. »Entschuldigt uns.« Dann wandte er sich Seiner Lordschaft zu und sagte: »Lähmt ihn, und dann bringen wir es hinter uns.«
    Von Vlads Knien her ertönte ein Klimpern, und Savn merkte, daß Vlad nun in der linken Hand etwas hielt, das wie eine goldene Kette aussah. Auch Seine Lordschaft erkannte dies wohl, denn er rief: »Die gehört mir!«
    »Ja«, sagte Vlad. »Kommt, und holt sie Euch.« Aber seine Kraft reichte nicht an die Worte heran; noch während er es sagte, schienen seine Knie einzuknicken, und er taumelte vorwärts. Seine Lordschaft machte einen Schritt auf ihn zu und erhob die Hände.
    Ohne darüber nachzudenken riß Savn die Laterne oben auf und verspritzte das brennende Lampenöl hinter sich an der Wand. Der Raum wurde kurz ganz hell, dann war alles vollkommen finster.
    Polyi kreischte. Savn zog sie beiseite und dachte, egal was geschah, sie sollten nicht am gleichen Ort stehenbleiben. Er machte ein paar Schritte, merkte, daß er in fließendem Wasser stand, und beschloß dort zu bleiben, was bei dem brennenden Öl überall vielleicht ganz nützlich war. »Alles in Ordnung?« fragte er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher