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Athyra

Athyra

Titel: Athyra
Autoren: Steven Brust
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gehörten zu dieser Gruppe.
    Die beiden ersten Haltepunkte (am Ausgabestand für Nahrungsmittel und beim Garnspinner für frische Leinenbündel) verliefen wie üblich – sie kauften Nahrungsmittel, aber kein Leinen, wenngleich Savn ein in der Wolle gefärbtes Stück mit roten und weißen Fäden auf dunkelgrünem Stoff befühlte, während Mä und Pä mit Spinner darüber plauderten, daß Seine Lordschaft sich im Herrschaftshaus aufhielt, und Polyi gelangweilt zuhörte. Savn wußte, ohne zu fragen, daß der Stoff zu teuer für sie war, und nach einer Weile gingen sie wieder, wobei Mä Spinner für das Leinen lobte und hinzufügte, man würde eventuell etwas davon kaufen, wenn Seine Lordschaft ihnen genug von der Ernte ließe.
    Das Keramikgeschäft ließen sie aus, wie sie es oft taten, obwohl sie üblicherweise dran vorbeifuhren; Savn wußte nicht, ob aus Gewohnheit oder bloß, um den Töpfen zuzuwinken, und nachfragen wollte er noch nie. Als sie schließlich bei Gerber abfuhren, wo sie ein Stück Leder für Glinas Sattelgurt gekauft hatten, der sich langsam auflöste, war die dritte Stunde nach Mittag bereits verstrichen, und sie konnten sowohl den Laden für Kurzwaren als auch Tems Haus sehen.
    Eine große Menge stand vor Tems Haus.
    Mä, die den Karren lenkte, hielt an und zuckte die Achseln. »Sollen wir nachsehen, was los ist?«
    »Anscheinend stehen sie um einen Karren herum«, sagte Pä.
    Mä starrte noch etwas hinüber, dann führte sie das Gespann mit einem Zungenschnalzen näher.
    »Da steht Meister Wack«, sagte Polyi und blickte zu Savn auf, als könne er eine Erklärung dafür liefern.
    Sie näherten sich noch ein Stück und hielten schließlich in der engen Gasse nur ein paar Schritte von der Menge und dem Karren entfernt. Savn und Polyi standen auf und reckten die Hälse.
    »Da ist ein toter Mann«, flüsterte Savn ehrfürchtig.
    »Er hat recht«, sagte Pä.
    »Kommt weiter«, sagte Mä. »Das müssen wir nicht sehen.«
    »Aber, Mä –«, begann Polyi.
    »Still jetzt«, unterbrach sie Pä. »Eure Mutter hat recht. Für den armen Kerl können wir eh nichts mehr tun.«
    Polyi fragte: »Wollt ihr denn nicht wissen –«
    »Wir werden es später erfahren, keine Sorge«, sagte Mä. »Mehr als wir hören wollen oder müssen, da bin ich sicher. Jetzt müssen wir aber noch Nägel besorgen.«
    Als sie losfahren wollten, fiel Meister Wacks Blick wie eine Lanze auf sie. »Warte mal kurz, Mä«, sagte Savn. »Meister Wack –«
    »Ich sehe ihn«, sagte seine Mutter stirnrunzelnd. »Er will, daß du zu ihm kommst.« Dabei klang sie nicht erfreut.
    Savn dagegen war gleichzeitig aufgeregt und nervös, weil er sich plötzlich im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit wiederfand, und es sah aus, als stünde fast jeder, der in dieser Straße wohnte, hier versammelt.
    Meister Wack ließ ihm jedoch keine Zeit, viel von der Umgebung wahrzunehmen. Sein von tiefen Falten durchzogenes Gesicht wirkte noch verbissener als sonst, und in regelmäßigen Abständen sah man seine Kieferknochen aufeinander malmen, was, wie Savn gelernt hatte, Konzentration bedeutete. Der Meister sagte: »Es ist an der Zeit, daß du lernst, wie man die Überreste eines Toten untersucht. Komm mit.«
    Savn schluckte und folgte ihm zum Pferdekarren, neben dem noch geduldig ein gescheckter Wallach stand, als wäre ihm entgangen, daß etwas nicht in Ordnung war. Auf der Ladefläche des Karren lag eine Leiche auf dem Rücken, wie um sich auszuruhen, mit zurückgebogenem Kopf. Die Knie waren ganz natürlich angewinkelt, beide Handflächen wiesen nach oben, der Kopf –
    »Den kenne ich!« sagte Savn. »Das ist Zaum!«
    Meister Wack grunzte, als wollte er sagen: »Das wußte ich schon.« Dann sagte er: »Unter den unangenehmeren Pflichten, die uns obliegen, ist die Notwendigkeit, festzustellen, wie jemand zu Tode gekommen ist. Dies müssen wir entdecken, um erstens zu erkennen, ob er an einer Krankheit gestorben ist, die sich auf andere übertragen könnte, und zweitens, ob er von einem Menschen oder Tier umgebracht wurde, vor dem wir die anderen Menschen warnen müssen. So, nun sag mir, was du siehst.«
    Doch bevor Savn antworten konnte, wandte sich der Meister an die Menge und sagte: »Tretet zurück, ihr alle! Wir haben hier zu arbeiten. Entweder macht ihr euch wieder an euer Tagewerk oder ihr bleibt weit zurück. Wir werden euch mitteilen, was wir finden.«
    Eines der interessanteren Dinge an Meister Wack war, wie seine rauhe Art sich in Gegenwart
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