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Astrella 02 - Brudernacht

Astrella 02 - Brudernacht

Titel: Astrella 02 - Brudernacht
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ändern könnte! Schließlich bist und bleibst Du mein Paps, egal was passiert.
    Auch darüber, warum Du damals ins Gefängnis gehen mußtest, redet Mutter nicht mit mir. Jetzt habe ich wieder MUTTER geschrieben. Aber ich bin mir sicher: Du hast nichts Schlimmes getan. Ich habe Dir das ja schon oft geschrieben. Das mache ich aber nicht, um es mir einzureden, und ich erwarte auch nicht, dass Du es mir erklärst, obwohl ich mit meinen 16 Jahren kein kleines Kind mehr bin. Ich schreibe es nur, damit Du weißt, dass ich immer noch nicht daran zweifle. Möglicherweise erfahre ich mal mehr über die Sache. Aber ich verstehe auch, wenn das Zeit braucht. Die zwei Jahre seit der Entlassung sind schließlich keine lange Zeit. Und wahrscheinlich musst Du erst selbst genügend Abstand dazu gewinnen. Ich habe mir auch schon überlegt, ob Gloria mit ihrem Vornamen angesprochen werden möchte, um sich selbst jünger zu fühlen. Gloria klingt einfach jünger als Mutter. Das denke ich auch deshalb, weil sie inzwischen ewig vor dem Spiegel steht und ihre Falten bekämpft, die eigentlich gar nicht da sind. Dabei ist sie mit ihren 37 Jahren noch lange nicht alt. Einen Vorteil hat das Ganze jedoch auch für mich: Ich kann von ihr jede Menge übers Schminken lernen. Ich weiß, Du siehst es nicht gerne, wenn ich mich schminke. Aber ich bin jung und warum sollte ich es nicht tun? Außerdem: Die Konkurrenz schläft nicht! Natürlich werde ich mich nicht schminken, wenn wir uns das nächste Mal wiedersehen. Denn obwohl mir Make-up viel Spaß macht, sind mir Deine Komplimente noch wichtiger. So liebe Komplimente macht mir bis jetzt nur Valerio. Denn Valerio kann das auch ziemlich gut, und ich glaube, er meint es auch ernst. Wir haben uns wirklich sehr lieb, obwohl er schon 24 ist. Doch auch das hat Vorteile; na, Du weißt schon! Außerdem bist Du ja auch 7 Jahre älter als Gloria. Habt ihr eigentlich meinetwegen geheiratet?
    Also dann, Paps, wie gesagt kann ich in den Herbstferien nicht bei Dir sein. Ich rege mich über diesen Entschluss von Gloria immer noch auf. Vor allem, weil sie mir noch gar nichts von ihren ›Plänen‹ erzählt hat! Vielleicht solltest aber auch Du mehr auf Deine Rechte pochen. Du könntest beispielsweise ruhig öfter anrufen. Oder liebst Du mich etwa nicht mehr so wie früher? Schreib mir bitte presto presto, ich hab’ Dich lieb.
     
    Deine Sandra«
    Frau Klimnich sah das schmucke Haus mit dem blauen Anstrich vor sich auftauchen. Das musste es sein.
    Ohne zu zögern passierte sie die letzten Meter, um endlich, nun doch ein wenig schwerer atmend, vor der Tür zu stehen. Sie entdeckte die Klingel. Ja, die Adresse stimmte. Sie drückte kräftig auf den Klingelknopf und hörte einen melodischen Dreiklang im Inneren. Während sie darauf wartete, dass ihr geöffnet wurde, löste der Nachhall des Dreiklangs eine Erinnerung an ein gemeinsames Erlebnis mit Josef in ihr aus, die sie verträumt lächeln ließ.
     
    Astrella trank einen Schluck Kaffee, stellte die Tasse wieder auf den Tisch zurück, ließ sie indes nicht sofort los. Sie gehörte seiner Tochter. Sandra hatte sie ihm gegeben; allerdings nicht geschenkt, sondern nur ausgeliehen »… bis wir wieder zusammen sind!« Ihr Wunsch würde niemals in Erfüllung gehen.
    Er ließ den Brief auf die Zeitung sinken; die letzten Zeilen stachen nochmals in seine Augen: »Oder liebst Du mich etwa nicht mehr so wie früher?« Selbstverständlich liebte er sie noch, und Sandra wusste das. Was aber würde er für Gloria empfinden, wären sie heute noch zusammen? Für sie war seine Verurteilung zu zwei Jahren Gefängnis damals das heißersehnte Absprungbrett in eine neue Zukunft gewesen. Nach Italien, dem Land, in dem sie aufgewachsen war. Ihre Ehe war wohl in jenen Tagen bereits kaputt gewesen, er hatte es nur nicht glauben wollen. Jedoch hatte ihre während seiner Gefängniszeit eingereichte Scheidungsklage ihn erfolgreich, weil brutal von dieser Fehleinschätzung befreit. Und Sandra stellte nun ganz offen die Frage, auf die er selbst ebenfalls eine Antwort suchte, aber noch keine gefunden hatte: »Habt ihr eigentlich meinetwegen geheiratet?« Er wusste es nicht, wollte es im Grunde genommen gar nicht wissen. Sonst müsste er sich womöglich eingestehen, dass es tatsächlich so war. Und wenn das zuträfe, müsste er sich außerdem eingestehen, mit dieser Heirat eine Fehlentscheidung getroffen zu haben. Astrella verspürte nicht die geringste Lust zu diesem Eingeständnis. Nur gab
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