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Aschenwelt

Aschenwelt

Titel: Aschenwelt
Autoren: Timon Schlichen Majer
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Nadeschda vor ihr auf, abwechselnd mit Anne. Jo fragte Anne, was sie tun sollte, aber Anne antwortete nicht. Sie stand nur da und lächelte wie eine Porzellanpuppe. Spät in der Nacht ertappte sich Jo dabei, wie sie sich vorstellte, Nadeschda zu küssen. Wie sie wohl nackt aussah? Wie sich ihr Körper anfühlte? Jo warf sich in ihrem Bett herum und versuchte, diese Gedanken wieder zu verscheuchen. Aber sie kamen wieder, wie ein treuer Hund, den man sogar treten konnte, und der doch stets aufs Neue schwanzwedelnd zurückkehrte.
    Den nächsten Tag verbrachte Jo damit, sich in ihre Fachbücher zu flüchten. Nicht einmal Malen half ihr heute. Irgendwann wurde ihr bewusst, dass sie ihr Telefon griffbereit auf dem Tisch liegen hatte, und sie immer wieder einen Blick darauf warf, in der stillen Hoffnung, darauf eine Nachricht von Nadeschda zu finden. Sie schaltete es aus, las einen Absatz und schaltete es wieder ein. Aber an diesem Tag kam keine Nachricht. Am zweiten Tag dasselbe Spiel. Kevin ertappte sie dabei, wie sie ihr Telefon in der Hand hielt und anstarrte.
    Â»Und?«, fragte er.
    Jo zuckte zusammen und warf ihr Telefon auf den Tisch.
    Â»Hat sie sich gemeldet?«
    Jo schüttelte den Kopf und widmete sich wieder ihrem Buch. Verpiss dich, Kevin.
    Â»Die wird sich schon melden«, sagte er.
    Â»Ich glaube nicht.« Jo verfluchte sich für ihre sehnsuchtsvolle und brüchige Stimme.
    Â»Was machst du denn da?«, rief Kevin.
    Â»Telefon ausschalten.«
    Â»Warum denn? Und wenn sie sich gerade jetzt melden will?«
    Â»Dann bin ich froh, dass ich es aus habe. Und jetzt lass mich. Ich muss lernen.«
    Sobald Kevin maulend aus der Küche verschwunden war, schaltete sie ihr Telefon wieder ein.
    Â»Vor morgen wird sie sich sowieso nicht melden.«
    Jo zuckte zusammen, weil sie nicht mitbekommen hatte, dass Kevin an der Küchentür stand.
    Â»Mann!«, rief sie. »Erschreck mich nicht so!«
    Kevin lachte. »Aber gut, dass du dein Telefon wieder an hast. Auch wenn sie garantiert erst morgen …«
    Â»Was, erst morgen?«
    Â»Na, sie wird sich erst morgen melden, wegen der DreiTageRegel.«
    Â»Die gibt’s doch nur bei euch Jungs!«
    Â»Bei euch wohl auch.« Kevin zwinkerte ihr zu und verschwand wieder.
    Â»DreiTageRegel«, brummte Jo. »So ein Blöds…«
    Ihr Telefon klingelte.
    Nadeschda leuchtete auf dem Display.
    Jos Herz blieb für einen Moment stehen und ihr Atem stockte. Ihre Hände waren innerhalb eines Augenblicks schweißnass, wodurch ihr das Telefon aus dem Griff flutschte. Mit zitterndem Finger tippte sie auf »Annehmen«, atmete einmal ein und aus, führte das Gerät an ihr Ohr und krächzte »Hallo?«
    Â»Hey, Nadeschda hier«, ertönte vom anderen Ende eine fröhliche Stimme.
    Â»Hey. Jo hier.« Sie fasste sich sogleich an den Kopf und verzog ihr Gesicht. Nadeschda musste denken, es mit einer Minderbemittelten zu tun zu haben, wenn ihr das nicht schon lange klar war.
    Â»Was treibste?«, fragte Nadeschda.
    Â»Lernen.«
    Â»Ich auch. So ein Mist.«
    Â»Ja.«
    Â»Warum ich anruf …«
    Jetzt kommts. Hoffentlich sagt sie, dass sie mich doch nicht treffen will. Dann wär alles gut. Oder doch nicht? Gott! Hilf mir!
    Â»Was machst du morgen Abend?«
    Â»Nichts.« Jo zitterte noch stärker. Sie will sich mit mir treffen! SAG NEIN! JO!
    Â»Lust, mit mir auf ein Konzert zu gehen? So ne lokale MetalBand.«
    Sie hört auch noch deine Musik. Perfekte Frau.
    Viel zu perfekte Frau. SAG NEIN!
    Â»Ja!« Jo erschrak, weil sie in den Hörer geschrien hatte.
    Â»Cool!«, kam von der anderen Seite. »Ich hol dich ab, ist nämlich gleich bei dir um die Ecke. 7 Uhr. Bis morgen dann! Ciao, Babe!«
    Â»Tschüss.« Babe? Nadeschda hatte schon aufgelegt.
    Jo warf das Telefon auf den Tisch und glotzte es wie einen Meteoriten an, der grade vom Himmel herabgestürzt war, geradewegs auf ihren Küchentisch. Sie hatte ja gesagt. Sie würde sich mit Nadeschda treffen. Nein, das ging nicht. Sie nahm das Telefon wieder in die Hand und tippte zu ihrer Kontaktliste. Sie wollte gerade auf Nadeschdas Namen tippen, um ihr doch abzusagen, als jemand laut applaudierte. Kevin stand unter der Tür und klatschte in die Hände. »Ich bin stolz auf dich«, sagte er.
    Â»Ich sag wieder ab.« Jo widmete sich wieder ihrem Telefon.
    Ãœberraschend flink war Kevin bei ihr und
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