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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix
Autoren: Kai Meyer
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Kinos gewartet, weil niemand damit gerechnet hatte, dass Parker die Premiere noch vor Beginn des Films verlassen würde. Gleich nach seinem ruhmreichen Auftritt vor der Presse. Dem öffentlichen Bruch mit seinem Vater.
    »Ist es noch weit?«
    »Paar Minuten.«
    »Fahren Sie bitte von hinten ans Hotel. Am besten um den ganzen Block herum.«
    »Nicht zum Haupteingang?«
    »Auf keinen Fall.«
    »Sind ’ne Menge Einbahnstraßen.«
    »Sie finden schon einen Weg.«
    »Für mich ist gleich Feierabend.«
    Für mich auch, dachte Parker. Ein für alle Mal.
    Das Geschrei Hunderter Stimmen verfolgte ihn, ganz besonders wenn er allein war. Nachts, wenn er wach in seinem Bett lag und in die Dunkelheit starrte. Beim Joggen im Morgengrauen, im Park oder auf den Ländereien seiner Familie in Oxfordshire. Wenn er sich zurückzog und diese beschissenen Texte lernte. Hinfort mit dir, Dämon, in die tiefste Hölle, aus der du gekommen bist und in die ich dich wieder zurückschicke, auf ewig! Phoenix Hawthorne sprach mit Vorliebe in Schachtelsätzen. Selbst in Dokusoaps hatten sie bessere Drehbücher.
    »Zum Haupteingang wär’s wirklich kürzer.«
    Erst nach einem Augenblick nahm Parker einen Unterton wahr, den er viel zu gut kannte. »Ich möchte trotzdem gern nach hinten.« Er setzte sich gerade und ballte langsam die Finger zu Fäusten. Öffnete und schloss sie wieder. »Ich geb Ihnen ein anständiges Trinkgeld für den Umweg.«
    »Ich wette, vorne warten die Fotografen, oder? Und all die Mädchen. Aber vor allem die Fotografen.« Neonreflexe ließen die Augen des Fahrers im Rückspiegel blind erscheinen. »Ich wette, die Sun und der Mirror zahlen verdammt gut für ein schickes Foto, wie Sie aus meinem Taxi steigen. Verdammt gut, das wett ich.«
    Parker griff langsam in seine Jackentasche. »Wie viel wollen Sie?«
    »Wie wär’s mit hundert? Dafür sind Sie so schnell am Lieferanteneingang, dass der Asphalt brennt.«
    »Hundert Pfund, damit Sie mich zur Hintertür bringen?«
    »Nich’ Dollar, das ist ma’ sicher. Die Paparazzi zahlen mir bestimmt zweihundert, wenn ich Sie bei denen vor der Nase absetze. Aber, hey, ich arbeite auch hart – ich kann verstehen, wenn ein Mann am Abend seine Ruhe haben will.«
    »Ich melde Sie bei der Taxizentrale.«
    Der Fahrer zuckte die Achseln. »Bin in der Gewerkschaft, sag ich doch. Und ich werd einfach das Gegenteil behaupten. Sie haben mich angeschrien. Sind total ausgeflippt, hier in meinem Taxi. So wie Sie da vorhin auf dem roten Teppich über Ihren Vater gesprochen haben … ja, so haben Sie auch mit mir geredet. Aber natürlich hab ich Sie trotzdem gewissenhaft ans Ziel befördert, so wie sich das gehört. Den ganzen Weg bis zum Vordereingang.«
    Parker stoppte die Aufnahme-App seines Smartphones, drückte auf Play und hielt es vor die Öffnung in der Trennscheibe.
    »Hundert Pfund, damit Sie mich zur Hintertür bringen?«
    »Nich’ Dollar, das ist ma’ sicher. Die Paparazzi zahlen mir bestimmt zweihundert –«
    Er zog das Handy zurück, als der Fahrer fluchte. »Glauben Sie wirklich«, fragte Parker, »die Gewerkschaft könnte Ihnen da raushelfen?«
    »Arroganter Wichser!« Der Mann riss das Steuer herum und bog in eine Seitenstraße.
    Drei Minuten später stieg Parker vor dem Lieferanteneingang aus dem Taxi und ignorierte die Tirade vernuschelter East-End-Flüche in seinem Rücken. Mit quietschenden Reifen setzte sich der Wagen wieder in Bewegung.
    Parker hämmerte gegen die Metalltür und wurde von einem verdutzten Küchenlehrling eingelassen. Er eilte an dem Jungen vorbei, durchquerte die Hotelküche und schnappte sich im Vorbeigehen eine angebrochene Whiskeyflasche. »Auf die Rechnung setzen«, rief er, als jemand murrte.
    Chimena war mit Sicherheit schon auf dem Weg hierher. Offiziell war sie seine persönliche Assistentin, in Wahrheit aber Auge und Ohr seines Vaters. Er hatte sie im Odeon in einem Pulk von Presseleuten abgehängt.
    Die Fans vor dem Haupteingang hatten ihn durch die Glasfront erspäht und drohten die Absperrung niederzureißen. Als er den Aufzug betrat, folgte ihm das Kreischen in die Kabine.
    Aus dem Lautsprecher des Lifts säuselte die Filmmusik von The Glamour in einer weich gespülten Pianoversion. Parker wich seinem eigenen Blick im Spiegel aus und starrte auf die Speisekarte des Hotelrestaurants, gleich neben den Etagenknöpfen. Phoenix-Menü für einen magischen Abend zu zweit . Daneben er selbst mit einer verträumten Epiphany Jones im Arm. Er mit zu
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