Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
verwirrte, machte sie nicht uninteressanter. »Ich bring dich hier raus und du bezahlst mir, was dir meine Hilfe wert ist. Okay?«
    Noch immer misstrauisch, ließ er sie nicht aus den Augen. Wahrscheinlich hatte sie keine Ahnung, in welcher Reihenfolge man beim Dinner das Essbesteck benutzte; aber sie hatte definitiv den Bogen raus, wenn es darum ging, ihn neugierig zu machen. »Wie ist dein echter Name?«
    »Ash.«
    »Wie in Ashley?«
    »Gib dir keine Mühe. Ich steh nicht im Telefonbuch.«
    »Aber du heißt nicht wirklich so.«
    »Warum sollte ich dich anlügen?«
    Weil du das schon die ganze Zeit über tust. »Wie auch immer. Hauen wir ab.«
    Erstaunlich geschmeidig federte sie aus dem Sessel hoch und blieb einen guten Schritt vor ihm stehen. »Wo willst du überhaupt hin?«
    »Erst mal hier raus.«
    »Und dann?«
    »Geht dich nix an.«
    Sie zuckte die Achseln, ging zur Champagnerflasche, hob sie aus dem Kühler und holte etwas darunter hervor, das sie blitzschnell in der Tasche verschwinden ließ. Als sie seinen Blick bemerkte, schenkte sie ihm ein weiteres Lächeln. »Vertrauen gegen Vertrauen.«
    Er sah auf die Uhr. »Wir müssen los.«
    »Da hat es wohl jemand besonders Unangenehmes auf dich abgesehen.«
    Die aufrichtige Erwiderung darauf wäre komplizierter gewesen, als sie sich vorstellen konnte. Also hielt er den Mund und lief voraus zur Tür der Suite. Unterwegs angelte er seine Lederjacke vom Stuhl, spürte beim Überziehen, wie seine Geldbörse in der Brusttasche gegen die Rippen drückte, und ahnte im selben Moment, was sie gerade aus dem Sektkühler genommen hatte.
    »Ich glaube, du hast deine Bezahlung schon«, sagte er.
    »Vielleicht.«
    »Falls du vorhast, mich zu entführen und von meinem Vater Lösegeld zu verlangen, muss ich dich enttäuschen. Er wird keinen Penny für mich lockermachen.«
    Erneut sah sie ihn mit diesen leuchtenden, durchleuchtenden Augen an. »Vielleicht sollte ich dich doch interviewen. Kein Mensch scheint die wirklich spannenden Fragen zu stellen.«
    »Erfüll erst mal deinen Teil des Deals.«
    Sie nickte und trat auf den Flur. »Komm mit!«
    Als sie durch den Notausgang ein Treppenhaus betraten, erklang das Signal des eintreffenden Aufzugs.
    Parker drückte die Tür hinter sich zu und folgte Ash die Stufen hinab.

7.
    Ash nahm an, dass er unter Verfolgungswahn litt. Womöglich war ihm selbst gar nicht bewusst, wie gehetzt sein Gesichtsausdruck wirkte, während er neben ihr durch die Kellergänge des Hotels hastete.
    Dass sie niemandem begegneten, war pures Glück. Sie war diese Strecke in den vergangenen Tagen mehrfach abgegangen, und jedes Mal war sie dabei einem der Hausmeister über den Weg gelaufen. Sie hatte nicht damit gerechnet, ihre Fluchtroute tatsächlich benutzen zu müssen, aber sie war gern auf alles vorbereitet.
    Für sie spielte es keine Rolle, wer er war oder was es anderen bedeutet hätte, mit Parker Cale – Parker Cale!  – allein zu sein. Sie wollte ihn so schnell wie möglich loswerden, ihn und alle, die auf der Suche nach ihm waren. Vor wem auch immer er davonlief, sie machten ihn verdammt nervös.
    »Hey«, sagte er, als sie vor einer Brandschutztür anhielt, »Ashley!«
    »Nenn mich noch mal so, und du brauchst neue Implantate.«
    Sein Grinsen war zahnpastaweiß. Als Wiedergutmachung hätte ihr ruhig eine Narbe auffallen können. Eine Nasen-OP. Irgendein Indiz dafür, dass er der Natur auf die Sprünge geholfen hatte. Aber nichts dergleichen. Natürlich hatte sie schon vorher gewusst, dass die Welt scheißungerecht war.
    »Ist ein ziemlich großer Keller, hm?« Es sollte wohl beiläufig klingen, aber sie hörte seinen Argwohn dennoch heraus.
    »Ging nicht ohne den Umweg. Ich brauchte meinen Kram.« Am Morgen hatte sie ihren Rucksack in der Nähe des Treppenhauses deponiert. Parker war nicht glücklich gewesen, als sie darauf bestanden hatte, die Sachen einzusammeln und sich umzuziehen. Außerdem hatte sie sich den Lippenstift abgewischt; das zumindest schien ihm ganz recht zu sein. Jetzt trug sie Turnschuhe, Jeans und ein graues Kapuzenshirt. Darunter klimperten ihre Anhänger.
    »Wir sind gleich draußen.« Sie legte eine Hand auf die Türklinke und schob mit der anderen einen Eisenriegel beiseite. Sie hatte ihn eigenhändig geölt, vor drei Tagen erst. Für so was hatte der liebe Gott die Nachtschicht erfunden.
    Die schwere Tür ließ sich nur von innen öffnen. Die Gasse, auf die sie nun traten, war schmal und dunkel. Parker blickte sich um, als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher