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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix
Autoren: Kai Meyer
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um herauszufinden, wie weit er gehen konnte, ehe Chimena einschritt. Aber nach ein paar Monaten hatte das seinen Reiz verloren.
    Das falsche Zimmermädchen hatte ihm noch immer keine Antwort gegeben. »Was für ein Interview?«, fragte er noch einmal.
    Sie nannte ihm die Website einer Gruppe Weltverbesserer, die dafür bekannt war, des Medienimperium seines Vaters anzuprangern. Das war zweifellos geschwindelt, aber nicht unclever. Und es war ihm allemal lieber als diese Arschkriecherei, mit der ihm der Rest der Welt begegnete.
    Fürs Erste spielte er mit. »Und du arbeitest für die?«
    »Ich bin Freie. Angestellte gibt’s da keine, oder nur ein paar.«
    Wenn er jetzt zu freundlich wurde, würde sie bemerken, dass er sie durchschaut hatte. Mit Sicherheit hielt sie ihn für einen arroganten Schwachkopf, also konnte er dieses Bild ruhig aufrechterhalten. Auf eine ruppige Art war sie ganz niedlich, wenn auch nicht im Entferntesten sein Typ. Eines von diesen Mädchen, die sich nicht für attraktiv hielten und gerade dadurch ein natürliches Glühen bekamen.
    »Wie heißt du?«, fragte er.
    »Ash.«
    Jede Wette, dass sie den Namen in dieser Sekunde erfunden hatte. Wahrscheinlich beim Anblick des offenen Kamins.
    »Ich bin Parker.« Er fand es höflich, das zu erwähnen, aber sie sah ihn an, als hätte er eine Flagge mit der Aufschrift Volltrottel gehisst. Er kannte diesen Blick von zahllosen Gelegenheiten; trotzdem bestand er weiterhin darauf, sich Fremden vorzustellen. Er wollte ihnen zeigen, dass sie sich mit ihren Kinokarten keinen Anspruch auf Vertraulichkeit erkauft hatten. Die meisten glaubten, alles über ihn zu wissen; indem er ihnen unterstellte, nicht mal seinen Namen zu kennen, signalisierte er, wie falsch sie damit lagen.
    »Setz dich«, sagte er barsch und deutete auf das Sofa vor dem Kamin.
    Sie zögerte kurz, dann nahm sie Platz – nicht auf der Couch, sondern in dem Sessel gleich neben dem Tisch, auf dem sie den Champagner abgestellt hatte.
    Ihr Haar war schwarz und zu einem kinnlangen Bob geschnitten. Strähnen hingen ihr in die Stirn. Ihr Gesicht war voller Sommersprossen und die grünen Augen standen in einem verheerenden Gegensatz zu ihrem scheußlichen Lippenstift. Parker kannte Imageberater, die bei diesem Anblick auf der Stelle der Schlag getroffen hätte.
    Irgendwie war sie unbemerkt hier hereingekommen. Es interessierte ihn brennend, ob er nicht denselben Weg nehmen konnte, um aus dem Hotel zu verschwinden.
    Er sah kurz auf sein Handy. Über zwanzig Nachrichten und es würden noch eine Menge mehr werden, wenn sich die Welt – gut, seine Welt – vom Schock über den Auftritt im Kino erholt hatte. Von seinem Vater war natürlich keine dabei. Wie immer würde Royden Cale es Chimena überlassen, ihn zu maßregeln. Lange würde sie nicht mehr auf sich warten lassen.
    Parker sah prüfend zu Ash. Sie himmelte ihn nicht an – kein bisschen, das war klar –, und sie schien auch nicht neugierig zu sein wie die meisten anderen. Vielmehr studierte sie ihn wie ein General den Gegner, bevor er seine nächste Kompanie in Bewegung setzt.
    »Hör zu«, sagte er, während er das Handy einsteckte, »wir ändern den Plan.«
    »So?« Ein amüsiertes Blitzen. Sie war ein Biest.
    »Ich geb dir dein Interview, oder was immer du haben willst. Aber erst bringst du mich unauffällig aus dem Hotel.« Er fixierte sie, ohne dass es ihm gelang, sie zu durchschauen. »Das kannst du doch, oder?«
    »Was immer ich haben will?«
    Parker nickte ungeduldig. Wahrscheinlich erreichte Chimena in diesem Augenblick das Hotel. Bislang hatte das Adrenalin, das durch die Tirade gegen seinen Vater freigesetzt worden war, ihn von allem anderen abgelenkt. Aber jetzt wurde ihm klar, dass der Kerl im Lift ihn zu viel Zeit gekostet hatte.
    Ash rührte sich nicht von der Stelle. »Das ist ziemlich großzügig.«
    »Ich hab’s eilig.«
    »Offensichtlich.«
    »Also?«
    Sie lächelte. »Ich kann dir helfen – wenn du mich dafür bezahlst.«
    Er war nicht überrascht. Natürlich wollte sie kein Interview und schon gar nicht mit ihm ins Bett. Er hätte längst darauf kommen müssen, dass sie in Wahrheit auf Geld aus war. Er hatte sie erwischt, als sie gerade seine verdammte Suite ausraubte!
    »Und niemand wird sehen, dass wir abhauen?«, fragte er skeptisch.
    »Kann ich dir nicht versprechen. Aber ich kenne den besten Weg, um aus diesem Laden zu verschwinden.«
    »Wie viel?«
    Ihr Lächeln wurde breiter. »So viel du willst.« Dass sie ihn
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