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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
Autoren: Bernard Cornwell
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Geburt unseres Herrn Jesus Christus an zählt, die, wie er glaubt, 480
    Winter vor all diesen Ereignissen liegt. Wie immer man die Jahre aber auch zählen mag, es ist lange her, es war einmal in einem Land namens Britannien, und ich war dabei. Folgendermaßen ist es geschehen.

    Es begann mit einer Geburt.
    In einer bitterkalten Nacht, als das Königreich still und weiß
    unter dem abnehmenden Mond lag.
    In der Halle schrie Norwenna.
    Und schrie.
    Es war Mitternacht. Der Himmel war klar, trocken und sternenglitzernd. Die Erde war so hart wie Eisen gefroren, die Bäche eiserstarrt. Daß der Mond abnahm, war ein schlechtes Vorzeichen. In seinem matten Licht schienen die
    langgestreckten westlichen Landstriche kalt und bleich zu glühen. Da seit drei Tagen weder Schnee gefallen war noch Tauwetter eingesetzt hatte, war fast die ganze Welt weiß. Nur die Bäume, die der Wind vom Schnee befreit hatte, standen schwarz und vielfach verzweigt vor dem winterlich-trostlosen Land. Unser Atem bildete Wolken, trieb aber nicht davon, denn um diese klare Mitternachtsstunde ging kein Wind. Die Erde wirkte so tot und still, als hätte Belenus, der Sonnengott, sie verlassen und einer endlosen, kalten Leere überantwortet. Und es war wirklich kalt - eine bittere, tödliche Kälte. An den Traufen der großen Halle von Caer Cadarn hingen lange Eiszapfen, genau wie an dem Torbogen, durch den sich früher an diesem Tag der Troß des Großkönigs durch die
    Schneewehen gekämpft hatte, um die Prinzessin in diese hoch gelegene Stätte der Könige zu bringen. In Caer Cadarn wurde der Königsstein verwahrt; dies war der Ort der Königswahl, und nur hier, erklärte der Großkönig, dürfe sein Erbe geboren werden.
    Wieder begann Norwenna zu schreien.
    Ich hatte noch nie die Geburt eines Kindes mitangesehen, und so Gott will, werde ich auch nie eine zu sehen bekommen. Ich habe eine Stute fohlen sehen und beobachtet, wie Kälber in die Welt hineingleiten, ich habe das leise Winseln einer werfenden Hündin gehört und die Wehen einer gebärenden Katze gespürt, doch nie habe ich das Blut und den Schleim gesehen, von denen die Schreie einer Frau begleitet werden. Und wie Norwenna schrie! Obwohl sie versuchte, sich zu beherrschen, wie die Frauen später berichteten. Manchmal riß
    das Schreien plötzlich ab. Dann hing die darauffolgende Stille über der ganzen Hochburg, und der Großkönig hob den schweren Kopf aus den Fellen und lauschte so aufmerksam, als läge er in einem Dickicht und die Sachsen wären in der Nähe, nur daß er in der Hoffnung lauschte, die plötzliche Stille möge den Moment der Geburt kennzeichnen, den Moment, da sein Königreich wieder einen Erben hatte. Er lauschte, und in der Stille der frosterstarrten Befestigungen hörten wir das schreckliche rauhe Geräusch, mit dem seine Schwiegertochter atmete, und einmal, nur ein einziges Mal, ein jämmerliches Wimmern. Der Großkönig wandte sich halb um, als wollte er etwas sagen, dann aber setzten die Schreie wieder ein, und sein Kopf sank in die dichten Felle zurück, so daß in der verschatteten Höhle, die von der schweren Pelzkapuze und dem Pelzkragen gebildet wurde, nur noch das Glitzern seiner Augen zu sehen war.
    »Ihr solltet Euch nicht auf den Wällen aufhalten, Lord König«, sagte Bischof Bedwin.
    Uther winkte mit einer behandschuhten Hand, als wollte er sagen, Bedwin könne gern hineingehen, dorthin, wo die Feuer brannten, doch Großkönig Uther, Pendragon - Oberster Feldherr - von Britannien, werde sich nicht von der Stelle rühren. Er wollte auf Caer Cadarns Wällen stehen, damit er auf das vereiste Land und in die stille Luft hinausblicken konnte, wo die Dämonen lauerten. Aber Bedwin hatte recht, der Großkönig hätte in dieser rauhen Nacht nicht auf der Wacht vor Dämonen sein sollen. Uther war alt und krank, und dennoch hing die Sicherheit des Königreichs von seinem aufgedunsenen Körper und seinem trägen, traurigen Verstand ab. Vor sechs Monaten noch war er voll Lebenskraft gewesen, dann aber war die Nachricht vom Tod seines Erben gekommen. Mordred, sein Lieblingssohn und der einzige überlebende Sohn seiner Gemahlin, war im Tal des Weißen Pferdes von einer sächsischen Breitaxt niedergemäht worden und dann verblutet. Durch seinen Tod hatte das Königreich keinen Erben mehr, und ein Königreich ohne Erben ist ein verfluchtes Königreich, aber in dieser Nacht würde Mordreds Witwe, so es der Wille der Götter war, Uthers Erben zur Welt bringen. Es sei denn
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