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Arrivederci amore, ciao

Arrivederci amore, ciao

Titel: Arrivederci amore, ciao
Autoren: Massimo Carlotto
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einen Genickschuss verpasst. Ihn getötet, ohne das ganze Magazin zu verschießen, wie ich es hatte tun müssen, weil ich nicht sicher sein konnte, ihn mit einem Schuss tödlich zu treffen. Auch schwer verletzt hätte er seine Neunmillimeter ziehen und es mir mit gleicher Münze heimzahlen können. Die Ermittler schlossen sicher auf einen eiligen, unvorbereiteten Mörder. Mir wäre es lieber gewesen, sie hätten sich dem Werk eines Profis gegenübergesehen. Der Genickschuss hat etwas Feierliches, wie ein Gerichtsurteil. Er ist Gerechtigkeit.
     
    Zwei Tage später erschienen in den Zeitungen die Berichte über den Fund von Aneddas Leiche. In der Stadt gab es kein anderes Gesprächsthema. Teams der landesweiten Fernsehsender kamen. Die Journalisten verbreiteten die These, es sei eine Tat des internationalen Terrorismus. Aber das Interesse der Medien daran, die Sache warmzuhalten, war größer als das der Ermittler. Kollegen wie Staatsanwaltschaft wussten offenbar, dass der Getötete nicht in Ausübung seiner Pflicht umgekommen war. Und sie hatten kein einziges Indiz in der Hand, das Auskunft über den Täter geben konnte. Wer sich am Ort des Verbrechens aufzuhalten pflegte, hatte nichts Ungewöhnliches bemerkt. Die Aufmerksamkeit für den Fall hielt ein paar Tage an, dann wurde er von anderen Ereignissen überlagert. Auch meine Spannung ließ nach. Ich war jetzt überzeugt, dass die Ermittlung nichts ergab, das auf mich hindeutete. Mein Plan war aufgegangen.
    An diesem Abend kam ich etwas später nach Hause als sonst. Neben dem Telefon fiel mir Robertas Handtasche auf. Ein unerwarteter Besuch. Sie war seit ein paar Tagen erkältet und lieber bei ihren Eltern geblieben. Sie saß im Wohnzimmer. Im Dunkeln.
    »Geht es dir nicht gut, Liebling?«, fragte ich besorgt.
    Sie antwortete nicht. Ich machte das Licht an. Sie hatte verheulte Augen und in der Hand ein Exemplar der örtlichen Zeitung. Sie hielt sie mir so hin, dass ich deutlich das Foto von Ferruccio erkannte. Meine Welt brach zusammen. Das Schicksal ließ mich nicht aus den Klauen. Erst Anedda. Und jetzt wurde meine eigene Verlobte zu einer Bedrohung.
    »Das ist der Mann, der letzte Woche hier bei dir saß«, sagte sie anklägerisch.
    »Du irrst dich. Zeitungsfotos können täuschen.«
    »Im Fernsehen haben sie Archivbilder gezeigt. Er war es, ganz sicher. Und in der Nacht, als er erschossen wurde, warst du nicht zu Hause.«
    »Willst du sagen, du glaubst, ich hätte ihn umgebracht?«, fragte ich ungläubig.
    Sie schluchzte los. »Ich weiß nicht, was ich denken soll. Aber ich bin sicher, dass er hier war.«
    Ich reagierte beleidigt. »Ich hab dir gesagt, es war nicht er. Außerdem war ich mit Brianese zusammen, als er erschossen wurde. Frag ihn doch, wenn du mir nicht glaubst.«
    Ich wusste genau, sie würde es nie wagen, den Avvocato mit so einer Frage zu belästigen. Meine Antwort hätte sie beruhigen sollen, aber der Zweifel nagte noch immer an ihr.
    Ich umarmte sie. »Wie kannst du mich nur für einen Mörder halten? Soll ich vor Schmerzen umkommen?«
    Sie zog mich an sich. »Ich kann nicht glauben, dass du ein Ungeheuer bist, aber du hast diesen Polizisten gekannt, und du musst der Staatsanwaltschaft erzählen, was du weißt.«
    Mir erstarrte das Blut in den Adern. Die Sache lief aus dem Ruder. Ich musste mir etwas ausdenken, sonst würde sie selbst zu den Bullen gehen und melden, dass sie Anedda achtundvierzig Stunden vor dem Mord bei mir gesehen hatte.
    Ich nahm ihr Gesicht in die Hände. »Ja, ich habe ihn gekannt«, gab ich zu. »Ich war einer seiner Informanten. Die Terroristen sind dabei, sich neu zu organisieren, und meine Erfahrungen waren ihm nützlich. Ich habe dir das nicht erzählt, weil das sehr heikle und geheime Ermittlungen sind. Aber ich habe ihn nicht umgebracht. Merk dir das, ein für alle Mal.«
    »Noch ein Grund, dass du deine Situation klärst.« Sie ließ einfach nicht locker. »Was du weißt, kann doch dabei helfen, den Mörder und seine Komplizen zu fangen.«
    »Ausgeschlossen. Aber auch wenn das so wäre, dann müsste ich meine Deckung verlassen und würde selbst zum Ziel. Ich müsste mich verstecken, das Lokal schließen, und ich könnte nicht mehr mit dir zusammenleben.«
    Dieses Argument brachte sie in schwere Konflikte mit ihrem Bürgersinn. Es war Zeit, die Dosis zu erhöhen. »In ein paar Tagen kann ich den Makel der Vorstrafe tilgen. Ein neues Leben wartet auf mich. Mit dir. Wenn ich jetzt zur Polizei gehe, wird das Verfahren
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