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Arrivederci amore, ciao

Arrivederci amore, ciao

Titel: Arrivederci amore, ciao
Autoren: Massimo Carlotto
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Mauernische lag ein Plastiktütchen verborgen. Ich hatte Anedda angelogen. Die Pistole war noch da. Man weiß ja nie, was noch passiert. Und ich hatte recht getan. Die 22-Millimeter-Ruger, mit der ich Ausonio und Ciccio Formaggio erschossen hatte, war demontiert, die Einzelteile in ölgetränktes Tuch gewickelt. Lauf, Abzug, Schaft, Magazin. Ich schraubte den Schalldämpfer auf und ließ den Bolzen schnappen. Ich war bereit, mein Leben auf die einzige Weise zu verteidigen, die ich kannte. Dann ging ich wieder ins Bett. Roberta umklammerte mich.
    Ferruccio ließ sich kurz nach Mittag blicken. Er bestellte einen Espresso. »Heute Nacht komme ich bei dir zu Hause vorbei. Ich bringe dir das Foto von dem Typen und die Waffe.«
    »Nein«, antwortete ich prompt. »Meine Freundin ist da. Wir treffen uns auf dem Parkplatz beim Busbahnhof.«
    Er dachte kurz über die Änderung seines Plans nach. »Okay. Um halb zwei. Pünktlich.«
     
    Es war Anfang März, nachts war es noch empfindlich kalt. Ich zog eine dunkle Jacke an und setzte eine warme Wollmütze auf. Beides Geschenke meiner Zukünftigen. Lederhandschuhe hatte ich noch nachmittags gekauft. Ich nahm das Fahrrad aus dem Lager und fuhr zum Treffpunkt. Das Fahrrad war ein Bianchi aus den fünfziger Jahren, restauriert und neu gestrichen. Es war teuer, aber ich hatte nicht widerstehen können, mein Opa hatte genauso eines gehabt. Wenn ich ihn als kleiner Junge besuchte, setzte er mich immer auf die Stange und fuhr mit mir im Dorf herum. Ich benutzte es jeden Tag im Stadtzentrum, das jetzt für den Autoverkehr gesperrt war. Der Parkplatz beim Busbahnhof war nicht gerade leer. Hier und da standen Wagen, in denen sich nigerianische oder albanische Huren mit ihren Freiern vergnügten. Der schwarze Alfa Romeo stand mitten auf der großen Fläche. Ferruccio, der Bulle, wollte sehen können, wer sich ihm näherte. Ich hielt neben der Beifahrertür. Er gab mir Zeichen einzusteigen. Mit dem Fuß klappte ich den Fahrradständer herunter und machte die Tür so weit auf, dass ich die Pistole hineinstecken konnte. Ich drückte zehnmal ab. Alles, was das Magazin hergab. Der Schalldämpfer sorgte dafür, dass die Schüsse nicht zu hören waren, und begrenzte die Qualmentwicklung. Wer auf dem Parkplatz war, konnte in der Dunkelheit sicher die zehn Blitze sehen, ganz ähnlich denen beim Fotografieren. Aber ansonsten war absolut nichts zu sehen und zu hören. Das Arschloch war tot. Sein Kopf ruhte auf dem Lenkrad. Die Augen waren aufgerissen. Etwas Blut rann ihm aus dem Mund. Sanft schloss ich die Tür, stieg auf mein Fahrrad und radelte langsam davon. Handschuhe und Pistole warf ich in einen Müllcontainer. Um die Ruger tat es mir leid. Sie hatte mir treue Dienste geleistet, aber jetzt war sie verbrannt. Patronen und Hülsen waren in Aneddas Körper und Wagen geblieben. Die Pistole zu behalten, wäre Selbstmord gewesen. Ich war zufrieden. Aber nicht beruhigt. Um der Überraschung willen hatte ich auf einen sichereren Plan verzichten müssen. Lieber hätte ich ihn an einen abgelegenen Ort auf dem Land gelockt und Wagen samt Leiche abgefackelt. Aber er war zu klug, um in eine so simple Falle zu gehen. Wenn der Tote entdeckt war, würden die Ermittler das Material finden, das er mir zugedacht hatte. Die Pistole und das Foto des Algeriers. Das Risiko war, dass er möglicherweise noch etwas dabei hatte, das erlaubte, eine Verbindung zu mir herzustellen. Eine Notiz. Eine Adresse. Eine Telefonnummer. Es wäre klüger gewesen, für kurze Zeit unterzutauchen. Aber das konnte ich nicht tun. Ich hätte zu vielen Leuten zu viel erklären müssen. Ich konnte nur warten. Und eine Verhaftung riskieren.
     
    Zu Hause erwartete mich Roberta. Sie saß lesend auf einem Sessel.
    »Wo bist du gewesen?«
    »Ich hab noch mit Brianese woanders was getrunken.« »Habt ihr über die Anhörung gesprochen?« »Ja. Jetzt ist es nicht mehr lange hin.« »Du bist nicht bei dieser Frau gewesen?« »Bitte, Liebling, fang nicht wieder damit an.« Sie warf die Einrichtungszeitschrift auf den Couchtisch und breitete die Arme aus. »Komm zu mir.«
    Ich ließ mich streicheln. Ich brauchte Entspannung. Mit geschlossenen Augen ließ ich Aneddas Tod Revue passieren. Es war unumgänglich gewesen, ihn zu töten. Und befriedigend. Zu töten hatte mir immer gefallen. Schon seit damals, als ich meinem Freund Luca in dem beschissenen mittelamerikanischen Dschungel ins Genick geschossen hatte. Auch Ferruccio, dem Bullen, hätte ich gern
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