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Armeen Der Nacht

Armeen Der Nacht

Titel: Armeen Der Nacht
Autoren: Robert Asprin
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Messer und stach wütend damit auf das Holz der Stufe zwischen seinen Beinen ein. »Er ist ein verfluchter Narr, das siehst du doch ein!«
    »Hält's Maul!« warnte Kama. Sie war eine schlanke Frau und hatte unter dem Umhang und den Stofflagen ihres Gewandes unerwartet viele Waffen verborgen. Zu ihrer Tarnung gehörte auch, daß ihr Gesicht schmutzverschmiert war und Überreste ihrer letzten Mahlzeit an ihrem Mund klebten. Sie hatte sogar dafür gesorgt, daß die Nase getäuscht wurde. »Mach dich nützlich: lauf zum Einhorn und hol Windy. Sag ihm, er soll sich in Bewegung setzen. Den Rest überläßt du ihm.«
    »Verdammt! Ich bin nicht dein Laufbursche!«
    »Lauf!«
    Und er lief. Kama stand auf und watschelte auf ihre beste Alt-Frauen-Manier weiter durch die dämmrige Straße zum nächsten Verbindungsmann.
    Moruth hörte das dumpfe Flattern von Flügeln, ehe sich der Vogel am Fenster von Mama Bechos Schenke niederließ. Der Bettlerkönig ballte die Fäuste und lauschte. Als der Vogel erschien — eine dunkle Bewegung außerhalb des Fensterladens —, beherrschte er sich und ging nicht zu dem Fenster an der Hinterseite der Schenke. Aber ein harter, meißelscharfer Schnabel pochte und kratzte hartnäckig und wollte hinein.
    Er trat nun doch ans Fenster, öffnete es. Der Vogel flatterte hoch, dann setzte er sich wieder, funkelte ihn in der fast schon nächtlichen Dunkelheit mit schwarzen Augen an. Schließlich hob er mit klatschenden Schwingen ab. Auftrag ausgeführt.
    Moruth hatte nicht die geringste Lust, heute nacht hinauszugehen. Seit dem Gemetzel in Jubals altem Landhaus, der Stiefsohnkaserne, lebte er in ständiger Angst. Eine Menge Seelen marschierten in Freistatt Streife, vor allem im und um das Schlachthofviertel. Das hatte ihm der alte blinde Mebbat gesagt; und Moruth, der sowohl hinterrücks wie offen gegen Stiefsöhne und Falkenmasken gekämpft hatte, wollte wahrhaftig keinen von jenen in die Hände laufen, die in solchen Nächten ihr Unwesen trieben.
    Trotzdem ging er zur Tür und schickte einen Boten aus, der wiederum andere aussandte, und einer stieg auf ein Dach und schwenkte eine Fackel.
    »Schlangen«, flüsterte Ischade im Bett mit ihrem Liebsten. Sie küßte ihn sanft und löste behutsam seine Finger aus ihrem Haar. »Hast du schon einmal daran gedacht, Strat, daß sowohl Nisibisi als auch Beysiber Schlangen mögen?«
    Er erinnerte sich an einen Schlangenleib, der sich unter seinem Stiefel gewunden hatte, an einen verzweifelten Augenblick in Roxanes Haus am Fenster. (5)
    »Zufall«, sagte Ischade. »Das wäre natürlich möglich. Doch echte Zufälle sind selten, das weißt du ja. Du glaubst genausowenig an sie wie ich, schließlich bist du ja kein Dummkopf.«
    Stilcho blieb stehen, er war nun besonders vorsichtig. Haught berührte seinen Arm. »Sie sind hier«, sagte Haught.
    »Sie sind schon eine ganze Weile hier«, erwiderte Stilcho und meinte die Schatten, die sich drehten und wallten, schwärzer als andere Schatten. »Wir haben die Linie überquert. Willst du mit ihnen reden?«
    »Fordere mich nicht heraus! Versuche es nicht, Stilcho!«
    »Du bildest dir ein, du wärst mächtig genug, jetzt durch dieses Viertel zu spazieren und mit allen Geistern gleichzeitig fertig zu werden? Tu es doch, warum tust du es nicht? Warum hast du mich mitgenommen?«
    Haughts Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in seinen Arm. »Du redest mit ihnen, verstanden?«
    Keine Bemerkungen mehr über seine Mutter. Stilcho drehte den Kopf betont langsam. Kein Lebender hielt sich auf der Straße auf, außer Haught. Und ihm. Und viele von diesen Schatten waren Roxanes Tote. Fast ebenso viele waren es nicht — nur verlorene Seelen, um die sich niemand gekümmert hatte, beklagenswerte Erscheinungen, die nicht mehr ruhen wollten.
    »Ich bin Stilcho«, sagte er zu ihnen. Und er nahm den Wasserbeutel von seiner Seite und goß ein wenig des Inhalts auf die Straße. Doch war es nicht Wasser, das Lachen bildete und glitzerte. Er trat zurück. Ein trockenes Rascheln, ein Schieben und Drängen, und etwas wie eine sehr lebendige schwarze Decke aus vielen Stücken breitete sich über der glitzernden Pfütze auf dem Kopfsteinpflaster aus. Er trat weiter zurück und leerte noch einmal etwas aus dem Beutel aus. »Davon gibt es noch mehr«, sagte er. »Ihr braucht uns nur zu folgen.«
    Einige Geister wandten sich grauenerfüllt ab. Die meisten folgten nach und nach. Er ließ laufend Blut aus dem Beutel sickern. Er hatte nicht gefragt, woher
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