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Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist

Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist

Titel: Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
Autoren: Peter F. Hamilton
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Sensorbündeln in fünfzehntausend Kilometern Höhe über Norfolk und tastete den Planeten ab. Trotz des Informationshungers der Konföderierten Navy kamen nur wenige Daten an. Langsame, zyklonische Wolkenwirbel aus Rot stiegen von den Inseln auf, vereinigten sich und bildeten nach und nach eine glatte geschlossene Decke, unter der die Welt in einem gleichförmigen Zwielicht versank. Kleine elfenbeinfarbene Schäfchenwolken schwammen noch für ein paar Stunden über den Polarregionen; die letzten hartnäckigen Sprenkel fremder Farbe. Doch nach wenigen Stunden verschwanden auch sie, verschmolzen auch sie mit dem alles umgebenden roten Schleier.
    Fünf Stunden, nachdem die Wolkendecke den gesamten Planeten umhüllte, begann die Veränderung. Die Beobachtungsoffiziere der Levêque bemerkten eine Zunahme der Lichtemission. Der Kommandant der Fregatte beschloß, kein unnötiges Risiko einzugehen, und befahl, den Orbit um weitere zwanzigtausend Kilometer zu erhöhen. Bis der Fusionsantrieb gezündet hatte, leuchtete das rote Wolkendach heller als jede Feuersbrunst. Die Fregatte beschleunigte mit fünf g, und jeder an Bord verspürte die Furcht vor dem sich rasend schnell ausbreitenden feindseligen Leuchten, das die Sterne ringsum erblassen ließ.
    Die gravitonischen Sensoren entdeckten gegenläufige Schwingungen in der Planetenmasse tief unter dem Schiff. Falls die Meßdaten zutrafen, dann stand Norfolk kurz vor dem Auseinanderbrechen. Die mit starken Filtern geschützten optischen Sensoren zeigten jedoch, daß die Geometrie Norfolks unverändert war.
    Die Beschleunigung stieg auf sieben g, und die Wolkenfläche strahlte mit der Intensität eines nuklearen Brennofens.
     
    Luca Comar blickte in den verschwommenen Dunst hinauf. Die rote Wolke, die den Himmel über den Dächern von Cricklade Manor bewachte, krümmte und wand sich heftig, und die purpur-goldene Unterseite wurde von gewaltigen Strudeln durchzogen. Riesige Bereiche rissen auf, und grelles weißes Licht krachte zuckend in den Boden. Luca breitete die Arme aus und heulte jauchzend auf.
    Energie strömte mit einer beinahe schmerzhaften Vehemenz durch seinen Körper und verschwand im rasenden Himmel über ihm. Die Frau neben ihm tat es ihm gleich; ihr Gesicht war von der Anstrengung verzerrt. Luca konnte spüren, wie die Besessenen überall auf Norfolk sich in diesem finalen, höchsten Sakrament vereinigten.
    Wolkenfetzen jagten mit irrsinnigen Geschwindigkeiten durch die Luft, und korkenzieherförmige Blitze rasten zwischen ihnen hin und her. Die rote Farbe verblaßte mehr und mehr und versank hinter der grellen Dämmerung, die das gesamte Universum jenseits der Atmosphäre erfaßt zu haben schien.
    Dichtes, schweres Licht ergoß sich über Luca. Es durchdrang seinen gesamten Körper, das weiche Gras unter seinen Füßen, den Erdboden, die gesamte Welt. Lucas Bewußtsein war gefesselt von der Invasion, unfähig an etwas anderes zu denken als daran, den Augenblick zu erhalten. Er hing einfach dort, losgelöst von der Realität, während der letzte Schwall von Energie aus seinen Zellen strömte.
    Stille.
    Langsam stieß Luca den Atem aus. Vorsichtig öffnete er die Augen. Die Wolken hatten sich beruhigt, waren verblaßt, weiße Schleier wie an einem gewöhnlichen Tag. Warmes gelbes Licht schien über das Hochland, doch es gab keine Sonne, keine einzelne Lichtquelle – es kam von den Grenzen des umschließenden Universums selbst. Es war überall, und es war überall gleich hell.
    Und sie waren weg. Luca konnte die Schreie der Verlorenen Seelen nicht mehr hören. Die alles durchdringenden Flehrufe und das Betteln aus dem Jenseits – alles war verschwunden. Es gab keinen Weg zurück, keine verräterischen Risse mehr in den Falten dieses neuen Universums. Luca war endlich, endlich frei in seinem neuen Körper.
    Er sah die Frau an, die in stummem Staunen die Augen aufgerissen hatte.
    »Wir haben es geschafft«, flüsterte er. »Wir sind ihnen entkommen.«
    Sie lächelte zaghaft.
    Er breitete die Arme aus und konzentrierte sich. Nicht wieder den Rauch schnaubenden Ritter – dieser Augenblick erforderte etwas Würdevolleres. Weicher goldener Stoff schlang sich um seinen Leib, eine kaiserliche Toga, die seiner Stimmung angemessen war.
    »O ja! Ja!«
    Die energistischen Kräfte waren noch immer vorhanden.
    Er konnte der Materie noch immer seinen Willen aufzwingen. Und die Kleidung besaß ein stärkeres, festeres Gewebe als alle Artefakte, die er zuvor erschaffen
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