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Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Titel: Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)
Autoren: Jenk Saborowski
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in Zeitungspapier, beschriftete das Paket mit leidlich verstellter Schrift und lehnte sich zurück. Die Sonne schien durch die schräg gestellten Lamellen, und unter der Druckerschwärze begannen die Bakterien mit der Zersetzung der Eiweiße und der Fettsäuren. Er trug das Paket wie Kaspar die Myrrhe über den ausgetretenen Teppichboden seines Büros. Mit einer Hand öffnete er die Tür zum Auswärtigen Amt, wie er sein Vorzimmer insgeheim nannte.
    Adelheid Auch schob ihre Brille auf eine der Falten ihrer Stirn und beobachtete seine Prozession zum Fach für die Hauspost von ihrem Schreibtisch aus.
    »Mit Essen spielt man nicht, Herr Regen«, sagte sie mit ihrer kratzigen Altersstimmbruchstimme.
    »Sparus aurata ist nicht umsonst gestorben, Frau Auch«, sagte Paul Regen und schnüffelte an dem Paket. »Er hatte sehr viele Zähne, glauben Sie mir, er wollte nicht spielen.«
    »Ist das für den Kriminaldirektor?«, fragte Adelheid Auch. »Sie wissen, dass er in Urlaub auf Mykonos ist.«
    Paul Regen seufzte. Er wusste, dass sich Adelheid nur um seine Zukunft sorgte, dabei lag der Fisch in der Vergangenheit begraben. Außerdem schien es ihm unbegreiflich, wie Adelheid Auch angesichts der letzten acht Jahre noch ernsthaft an eine Zukunft des Kriminalhauptkommissars Paul Regen glauben konnte. Aber er liebte sie für ihren unerschütterlichen Optimismus, den sie mit ihrer vorsichtigen Frage nach der Bestimmung des Fischs wieder einmal unter Beweis gestellt hatte. »Ich weiß nicht, was der Kriminaldirektor Wochinger gegen eine gute Dorade einzuwenden haben könnte«, sagte Paul Regen.
    »Immer dieser Zynismus«, stellte Adelheid Auch fest. »Das Kurzschwert des Griesgrams.«
    »Eine Woche ist nichts für einen guten Fisch«, fügte Paul Regen hinzu. »Früher haben die von Brindisi bis München zehn Arbeitstage gebraucht, und dieser hier hat vorgestern noch im Mittelmeer gebadet.«
    »Und Sie glauben, dass er es an seinem Sekretariat vorbei schafft?«
    »Zufällig weiß ich, dass Kriminaldirektor Wochinger kürzlich ein Extrapostfach für Pakete in seinem Büro installieren ließ wegen der Geschenke.«
    »Eine kluge Entscheidung«, bemerkte Adelheid Auch, setzte die Brille auf die Nase und erklärte damit ihre Unterhaltung für beendet.
    »Im Übrigen«, fügte er hinzu, »ist ein Griesgram einer, der sich grämt. Ich gräme mich nicht.«
    Adelheid Auch unterbrach ihr Stakkatogetippe: »Nein, Herr Regen, das tun Sie tatsächlich nicht.«
    Paul Regen legte die Hand an die Türklinke seines winzigen Büros, das ungefähr ein Viertel der Grundfläche von Adelheid Auchs Auswärtigem Amt ausmachte.
    »Sie könnte man aufgrund Ihrer Kostüme übrigens als Partyblume bezeichnen, was auch nichts Besseres ist als ein Griesgram.« Paul Regen sagte das nicht, um sie mit ihren eigenwilligen Modevorlieben aufzuziehen, sondern weil er es vorzog, seine Unterhaltungen selbst zu beenden. Adelheids Brille wanderte wieder auf die Stirn, und der Drehstuhl quietschte, als sie sich zu Regen umdrehte. Ihr Faible für Mintfarbenes war unerschütterlich.
    »Bleistiftröcke waren niemals aus der Mode, Herr Regen. Im Gegensatz zu Ihrem Kleinkrieg mit dem Kriminaldirektor. Kaum zu glauben, dass Sie beide früher beste Freunde und Partner waren.«
    »Würde es Ihnen besser gefallen, wenn ich mit einer Handgranate in den vierten Stock laufen würde?«
    »Ein Selbstmordattentat hatte ich nicht gerade im Sinn«, sagte Adelheid Auch und drehte sich wieder zu ihrer Tastatur.
    Paul Regen grinste und hörte, kurz bevor er die Tür zu seinem Büro schloss, wie sie hinzufügte: »Andererseits würde dann mal jemand gewinnen.«
    Da hatte sie nicht einmal so unrecht.
    Paul Regen suchte im Internet nach einem Segelboot, das er sich leisten konnte und das es bis nach Kroatien schaffen würde, als er hörte, wie im Auswärtigen Amt das Telefon klingelte. Paul Regen ging nicht einmal ran, wenn Adelheid Auch auf der Toilette war. Es gab immer die Möglichkeit, dass Wochinger dran war. Zudem war das AA für alles zuständig, was sich außerhalb seines Büros abspielte. Seit Klaus Wochinger vor sieben Jahren als Kriminalrat von der Hochschule in Münster zurückgekehrt war, ernteten sie nur noch die Jobs, die wirklich niemand erledigen wollte. Zurzeit beschäftigten sich Paul Regen und seine Kriminalhauptmeisterin Adelheid Auch mit der Einführung einer neuen Informationstechnologie, dem »Erkennungsdienst digital«, was genauso spannend war, wie es sich anhörte.
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