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Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Titel: Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)
Autoren: Jenk Saborowski
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hast, wäre das doch eine Verschwendung, oder nicht? Sie hat gesagt, es ist das Kleid einer Königin.«
    »Ich dachte, du glaubst nicht an den Spuk.«
    »Tu ich auch nicht.«
    Lila betrachtete Ioana und bewunderte sie für ihre Unbekümmertheit. Lila machte sich Gedanken über ihre Zukunft. Ob sie Freundinnen bleiben würden, wenn es ernst wurde? Sie hoffte es.
    »Was machen wir eigentlich nächstes Jahr?«, fragte Lila und zeichnete den Umriss ihres Körpers auf den niedergedrückten Grashalmen nach.
    Ioana zuckte mit den Schultern: »Du meinst, wenn wir mit der Schule fertig sind? Was sollen wir schon tun?«
    »Ich würde gerne studieren«, sagte Lila.
    »Du bist nicht die Tochter vom Bürgermeister«, stellte Ioana fest.
    »Ich weiß«, sagte Lila.
    »Wenn du natürlich bei der Wahl mitmachen würdest …«
    Die Mittsommerkönigin bekam eine Einladung zum Ferienkolleg der Universität in Kischinau. Ein Ticket, mit dem man beweisen konnte, dass man an die Akademie gehörte anstatt auf die Felder der Großeltern. Lila wusste, dass sie es schaffen würde, wenn sie die Chance bekam. Sie wusste natürlich ebenso, dass es keinen Sinn für sie hatte, an einem Schönheitswettbewerb teilzunehmen.
    »Wenn es nicht klappt mit dem Studieren, gehen wir wohl in die Ukraine zum Arbeiten«, sagte Ioana. »Wie unsere Eltern. Und wenn wir Kinder bekommen, schicken wir sie hierher zurück, bis sie groß sind.«
    »Der Kreislauf eines moldawischen Lebens«, sagte Lila und dachte an Bence. Ob Bence einen Ziegenbock heiraten würde? Und was hatte sie eigentlich zu verlieren, wenn sie doch mitmachte? Die Häme, wenn sie verlor, würde sie aushalten. Waren nicht gerade die Außenseiter diejenigen mit den besten Aussichten bei einem Wettbewerb, egal, wie er ausging? Lila dachte nach, über den Kreislauf des moldawischen Lebens und das Mittsommerfest.
    »Glaubst du wirklich, mit dem Kleid hätte ich eine Chance?«, fragte Lila schließlich.
    Ioana ließ sich ins Gras fallen und lachte: »Ich wusste es. Natürlich hast du eine Chance! Es ist ja nun nicht so, dass du wirklich aussiehst wie ein Ziegenbock. Du bist dünn, okay. Aber deine Zahnlücke ist süß. Ich finde, sie macht dich unverwechselbar.«
    »Klar«, sagte Lila. Sie starrte in den Himmel und wünschte kurz, sie könnte mit den Wolken ziehen. Wenn sie Mathematik studieren könnte, würde sie in Kischinau leben. Vielleicht könnte sie für die Regierung arbeiten oder selbst unterrichten. Es wäre ein Leben mit einer eigenen Familie, und sie würde die Kinder nicht ihren Eltern überlassen müssen. Es war nicht gerecht, dass ein dämlicher Schönheitswettbewerb die Chancen auf ein Studium steigerte. Und nicht mal das war sicher, dachte Lila. Es war nur eine Legende. Wie die Sache mit dem Kleid.
    »Übrigens kommt Radu zum Mittsommer.«
    »Im Ernst?«, fragte Lila.
    »Er hat gesagt, das lässt er sich nicht entgehen, wenn seine Cousine bei der Wahl antritt.«
    »Wow«, sagte Lila.
    »Hoffen wir nur, dass er die weite Reise nicht umsonst macht«, sagte Ioana.
    Radu lebte im Westen, in Bukarest. Für die beiden Mädchen war das gleichbedeutend mit Amerika oder Berlin. Eine unerreichbare Welt, in der es angeblich keine Armut gab und wo die Eltern zusammen mit ihren Kindern lebten. Angeblich war Bukarest mehr als doppelt so groß wie Kischinau.
    »Er muss uns davon erzählen«, sagte Lila.
    »Ich bin sicher, dazu werden wir ihn nicht ermutigen müssen«, sagte Ioana.
    »Ich kann das Kleid ja noch einmal anprobieren«, schlug Lila vor und versuchte, dabei so unbeteiligt wie möglich zu klingen.
    Ioana sprang auf: »Endlich nimmst du Vernunft an, Lila! Ich flechte dir den Zopf. Wollen wir doch mal sehen, ob du dann nicht aussiehst wie eine echte Königin.«
    Hand in Hand rannten Ioana und Lila über die Wiese, den Hügel hinunter zum Haus ihrer Großeltern.

KAPITEL 5
München, Deutschland
Donnerstag, 13. Juni 2013, 19.12 Uhr (zur gleichen Zeit)
    Paul Regen hasste Regen. Vor allem wegen der Pfützen und der muffig-dampfenden Jacken nach seinen Spaziergängen. In München regnete es seit Wochen, was Paul gehörig auf die Laune schlug. Trotzdem war er zum Isarwerk II zu Fuß unterwegs, was ihm immerhin eine gute Stunde Diskussion mit der EDV erspart hatte. Er lief über den hölzernen Flauchersteg und winkte von oben den Kollegen zu, die sich bemühten, das improvisierte Zelt in der immer noch viel Wasser führenden Isar am Wegschwimmen zu hindern. Auf der anderen Flussseite stolperte er
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