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Argemí, Raúl

Argemí, Raúl

Titel: Argemí, Raúl
Autoren: Chamäleon Cacho
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Provinzblatt, aber es war wie ein Schlag in die Magengrube …«
    Er versenkte seine Hände in den Hosentaschen und starrte sekundenlang reglos an die Wand; ich fühlte mich genötigt, wegzuschauen. Dann drehte er sich abrupt um, griff nach der Pistole, die er an der Hüfte trug, und lief zur Tür.
    Er riss sie auf, und ich konnte ein paar Schatten erspähen, die sich entfernten.
    »Verschwindet von hier, oder ich knall euch ab!«, schrie er. »Jetzt ist Schluss mit dem Zirkus! Habt ihr gehört?«
    Er stolperte zum Fußende meines Bettes zurück und befahl mir von dort über die auf meinen Kopf zielende Pistole hinweg: »Schau mich an. Schau mich genau an, denn es ist das Letzte, was du zu sehen bekommst, du mieses Schwein.« Die Hand mit der Waffe zitterte.
    Auf einmal kam mit ohrenbetäubendem Lärm die Erinnerung an ihn zurück.
    Es war an der Zeit gewesen, abzutauchen, bis sich der Aufruhr gelegt haben würde, wie der Marinesoldat, der für den ›Keller‹ zuständig war, gesagt hatte.
    Es galt, Spuren zu verwischen, und die verhängnisvollste Spur stellten diejenigen dar, die noch am Leben waren.
    An jenem Morgen kam ein Lastwagen, um beinahe alle Kapuzenträger zum letzten Flug abzuholen. Die engsten Kollaborateure, die »Überläufer«, waren noch immer geschützt, aber niemand konnte sagen, wie lange noch.
    Ohne viel Aufhebens und ohne die übliche Ausrede einer Verlegung zum Zweck der offiziellen Registrierung erhielten die Kapuzenträger eine Injektion, die sie ruhig stellte, damit sie keinen Widerstand leisteten. Sie konnten sich gerade noch ein paar Sekunden auf den Beinen halten. Kaum war die Nadel durch die schmutzigen Kleider in ihr Fleisch gedrungen, gingen sie zu Boden, lagen dort ausgestreckt, einige stumm, andere von ersticktem Schluchzen geschüttelt.
    Leutnant Cacho ging von einem zum anderen, begleitet von einem Mann, der ihnen die Spritze setzte, und redete ununterbrochen, machte Witze und kündigte ihnen allerlei Grausamkeiten an.
    Es war nicht irgendein Tag. Das bevorstehende Ende, das er auch immer nehmen würde, erzeugte eine Spannung wie kurz vor einem Salto mortale ohne Netz und machte Dienstordnung und Hierarchien vergessen.
    Alle waren da. Die »Kommandos«, die die ohnmächtigen Gefangenen auf den Lastwagen luden, und die »Überläufer«, die versuchten, ihren Mut nicht zu verlieren, und in der Nähe ihrer Zelle gemeinsam herumstanden. Mabel, die »Sekretärin des elektrischen Knüppels«, wie sie Leutnant Cacho nannte, hielt sich am Rande und beobachtete alles mit weit aufgerissenen Augen.
    Auf einmal breitete sich ein wohlbekannter Geruch aus, und Leutnant Cacho begann, einen der am Boden liegenden Kapuzenträger zu treten.
    »Verdammter Hosenscheißer! Warst du nicht besonders tapfer? Dann musst du eben so sterben, in deiner eigenen’ Scheiße …«
    Mabel konnte nicht mehr. Sie brach in Tränen aus und drehte sich mit dem Gesicht zur Wand. Da löste sich der nette Offizier der Bundespolizei, Filzlaus genannt, von dem ich schon immer gewusst hatte, dass er bis über beide Ohren in sie verliebt war, aus dem Kommando, um ihr eine Hand auf die Schulter zu legen und ihr irgendwas ins Ohr zu flüstern.
    Ich sagte bereits, dass es ein besonderer Tag war, anders irgendwie; die Hierarchie begann zu bröckeln.
    Leutnant Cacho schaute zu den beiden hinüber. Zu der Frau, die, die Stirn an die Wand gelehnt, weinte, und zu dem Mann neben ihr.
    »Feigheit vor dem Feind!«, schrie Leutnant Cacho.
    »Ich befehle dir, diese Hure nicht zu beachten!«, schrie er.
    Schrie ich, Leutnant Cacho. Ich …
    Und ich stürzte mich auf den Idioten von Filzlaus, um ihn von dort wegzustoßen. Für den Bruchteil einer Sekunde schien er sich wehren zu wollen, denn er schob die Hand unter die Jacke, um nach seiner Waffe zu greifen, aber ein paar aus dem »Kommando« stürzten sich auf ihn und zogen ihn von der Frau weg.
    Mabel, die »Sekretärin des elektrischen Knüppels«, heulte, als wäre es das letzte Mal. Und ich beschloss, ihr diesen Gefallen zu tun.
    Ich packte sie an den Haaren und schleifte sie zum Lastwagen.
    »Nehmt die hier auch mit!«
    Die vom »Kommando«, die halfen, die Kapuzenträger zu verladen, zögerten einen Moment lang, aber ich ließ ihnen keine Zeit, darüber nachzudenken.
    »Die hier genießt keinen besonderen Schutz mehr, weg mit ihr, zu den Haifischen! Schafft sie augenblicklich da rauf, oder ihr seid selbst dran!«
    Sie waren es gewohnt zu gehorchen, und so taten sie, wie ihnen
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