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Arabische Nächte

Arabische Nächte

Titel: Arabische Nächte
Autoren: Laura Parker
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die Schulter, weil sie das unheimliche Gefühl hatte, beobachtet zu werden - doch es zeigte sich kein Mensch.
    Sie argwöhnte, dass der Hind Div mit Absicht ihre Entschlossenheit auf die Probe stellte. Ein Mann wie er würde nur wahren Mut akzeptieren. Um ihre Nervosität zu dämpfen, griff sie ins Wasser des Springbrunnens. Auf dem Grund der kristallklaren Tiefen sah sie erst etwas silbrigweiß aufblitzen, dann eine rotgoldene Schwanzflosse. Exotische Fische zogen inmitten von Wasserlilienkissen und Lotosblumen träge ihre Kreise.
    Augenblicke später lockte das Klingeln einer unsichtbaren Glocke sie zu einem Alkoven in der Nähe. Auf einem Mauervorsprung stand eine große Kupferplatte, die sie zuvor nicht bemerkt hatte, mit Lammfleischspießchen, gewürztem Reis, Eierfrüchten, Tomaten, Hummus, Baba ghanouj, verschiedenen Olivensorten und einem runden Fladenbrot - daneben eine Tasse Tee. Vom langen Weg wie ausgedörrt, griff sie danach. Mochte ihr Gastgeber unsichtbar bleiben, ließ sein Willkommen dennoch nichts zu wünschen übrig.
    Erst als sie das süße Gebräu auf ihrer Zunge spürte, fiel ihr ein, dass das verschwenderische Angebot eine List sein konnte, um sie zu betäuben, wenn sie nicht auf der Hut war. Rasch spuckte sie den Tee wieder in die Tasse und stellte sie zurück.
    »Seid Ihr immer so misstrauisch, wenn Euch etwas angeboten wird, memsahib?«
    Sofort wusste sie, dass die tiefe und wohlklingende Männerstimme dem Hind Div gehören musste.
    Langsam drehte sie sich nach dem Sprecher um. Und damit begann das Ende jeglicher Realität.

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    2
    Er stand auf der anderen Seite des Hofes, von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllt, das Gesicht hinter einem Teil seines Turbans verborgen. Nur seine Augen waren zu sehen, die sogar aus der Entfernung wie die einer Katze im Dunkeln leuchteten.
    Japonica starrte ihn durch ihren Schleier fassungslos an. Ihr Vater hatte einmal einen kaspischen Tiger in einem Bambuskäfig gehalten, ehe er ihn an eine Menagerie in London verschiffte. Mit ähnlich banger Faszination hatte sie den Tiger Tag für Tag beobachtet, wie er auf und ab tappte, hatte seinem wachsamen Blick ablesen wollen, welche Gedanken in dem prächtigen Tier schlummerten.
    Als er im Halbschatten zwei Armlängen von ihr entfernt stehen blieb und seine Vermummung abnahm, wich Japonica mit einem angstvollen Keuchen zurück. Das enthüllte Antlitz war hinreißend! Und Furcht einflößend! Er trug das Zeichen eines Tschita, des arabischen Jagdleoparden, im Gesicht!
    Kühne schwarze Striche verliefen von den schwarz umränderten Augen zu den Schläfen. Andere zogen sich über seine Bronzehaut vom inneren Winkel der goldenen Augen zu den Bögen seiner Oberlippe, auf der dünne schwarze Bartstreifen den Mund betonten, und liefen dann an der Kinnspitze in einer seidigen schwarzen Bartquaste aus. Sie hatte sich geirrt, als sie seinen Namen schmähte. Das Wesen vor ihr erschien ihr die Verkörperung eines orientalischen Dämons.
    Die Verse des Märchens von einem arabischen Zauberer schössen ihr durch das verwirrte Bewusstsein. »Ein Mann von ganz eigener Art, geschmeidig, mit alles durchdringendem Blick - trat er ein, sprangen die Mäuse auf Stühle.« Als sie in seine goldenen Augen blickte, die von so leuchtender Farbe waren wie die Weihrauchperlen in ihrer Tasche, hielt sie diesen Mann tatsächlich zu Zauberei und mehr im Stande.
    »Mein Diener meldete, Ihr würdet meine Tür aufbrechen.« Er warf seinen Umhang zurück und legte die Linke auf den edelsteinverzierten Griff eines tödlich gekrümmten Dolches, der in dem breiten Schärpengürtel steckte. Als er sie musterte, überlief sie ein Schauder, der nicht von der geheimnisvollen Brise stammte. »Ihr seid entweder sehr tapfer ... oder sehr dumm.«
    Dumm!, raunten ihre benommenen Sinne. Allein indem sie ihn anstarrte, verstieß sie gegen eine Anstandsregel, die für jede Orientalin galt. Aber wer hätte den Blick von diesem herrlichen, beängstigenden Wesen abwenden können, an dessen Realität sie fast zweifelte?
    Während ihr Herz so heftig klopfte, als wolle es die Rippen sprengen, senkte sie den Kopf und antwortete in ihrem besten Persisch: »Ich bitte um Vergebung, burra sabib. Die glorreiche Gegenwart des Hind Div beschämt mich.«
    Er schwieg so lange, dass sie schließlich einen Blick nach oben wagte. Die dunklen Schatten, die auf sein Gesicht fielen, waren unverändert bedrohlich. »Für diese jämmerliche Äußerung werde ich aus dem Schlaf
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