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Arabische Nächte

Arabische Nächte

Titel: Arabische Nächte
Autoren: Laura Parker
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erkannt, dass Abenteuer und Romanzen schüchternen Mädchen mit komischem Gesicht und hellrotem Haar nicht in den Schoß fielen.
    Wenn freilich ihre Mutter nicht an einem Fieber gestorben wäre, ehe sie ihre Tochter mit sechzehn Jahren in die Gesellschaft einführen konnte, wäre es ihr sicher gelungen, sie erfolgreich auf dem Heiratsmarkt von Bushire zu platzieren. Engländerinnen stellten in dieser Weltgegend Mangelware dar. Als Sechzehnjährige war sogar sie, ein hässliches Entlein, von einer stattlichen Reihe britischer Offiziere umschwärmt worden. Diese kurze Freude fand ein Ende, als ihr stets pragmatischer Vater die Werbung eines jungen Leutnants der Life Guards zurückwies und sogar drohte, sie zu enterben.
    »Ein Aristokrat, meiner See p ! Du kannst etwas Besseres kriegen! Arm wie Kirchenmäuse, diese jüngeren Söhne. Damit sie nicht verhungern, kaufen die Eltern ihnen ein Offizierspatent. Diese Sorte Männer treiben sich dutzendweise herum, und das wissen sie. Wenn der Leutnant um deine Aufmerksamkeit buhlt, Tochter, ist es der Glanz meines Goldes, der ihn anzieht.«
    Die Erinnerung an den Schmerz, als ihr die Wahrheit der barschen Worte ihres Vaters aufging, ließ sie zusammenzucken. Der Leutnant fand nie wieder einen Grund für einen erneuten Besuch. Als es sich herumsprach, dass ein kleiner Leutnant für die Tochter des reichen Kaufmanns nicht zur Debatte stand, war sie auch bei Anlässen mit spärlicher weiblicher Teilnahme zu einem Mauerblümchendasein verurteilt.
    »Sobhanallahl Ich werde als alte Jungfer ohne Erfahrungen dahinsiechen!«
    Der persische Fluch, den ihre Mutter verabscheut hätte, kam der jungen Frau, die im Reich des Schahs, der duftenden Gärten und brodelnden Basare aufgewachsen war, zwanglos über die Lippen. Obwohl sie seit ihrem zehnten Lebensjahr nicht mehr mit ihm reisen durfte, nahm ihr Vater sie noch immer als Dienerin verkleidet mit, wenn er die Märkte der Umgebung besuchte. Auf sein Drängen hin lernte sie, Kräuter zu bestimmen und anzuwenden, die Qualität von Räucherwerk, Perlen, Seiden und Pelzen zu beurteilen. Und wenn es galt, ein günstiges Geschäft abzuschließen, sich nie mit einem Nein abzufinden ...
    »Unabhängig! So mag ich mein Mädchen!«, pflegte ihr Vater stolz zu sagen. »Eine Dame mit beträchtlichem Vermögen braucht nicht zu heiraten, um angesehen zu sein.«
    Ein melancholischer Schatten glitt über Japonicas Züge. Als Erbin war man zwar geachtet, doch wäre es vielleicht ganz nett gewesen, geliebt zu werden! Wie unfair! Ihr leidenschaftlich glühendes Herz verzehrte sich nach wilden Begegnungen; doch nur ein stummes Aufbegehren der Seele fand hinter gesenkten Lidern und verschlossenen Lippen statt.
    »Ach, du bist wach!«, knurrte eine mürrische Stimme. »Ich dachte schon, du würdest den ganzen Morgen im Bett bleiben.«
    Lächelnd wandte sich Japonica zu ihrer ehemaligen Kinderfrau und nunmehrigen Vertrauten um. »Guten Morgen, Aggie!« Als sie die ernste Miene der alten Frau entdeckte, runzelte sie die Stirn. »Hatte der Viscount eine schlechte Nacht?«
    »Er schläft den unruhigen Schlaf des Ungerechten!«, gab Aggie verdrossen zurück. »Wälzt sich ständig hin und her! Ich wette, er sah im Schlaf alle Höllenqualen, die ihn erwarten.«
    Aggie stellte, missbilligend die Zunge schnalzend, ein Tablett mit Tee und Keksen vor Japonica hin. Düstere Prophezeiungen waren ihr bevorzugter Zeitvertreib, und die letzten Tage hatten ihrem Pessimismus reichlich Nahrung geliefert. »Der Regierungsbeauftragte ist schuld, wenn du dich bei Seiner Lordschaft ansteckst. Dir zuzumuten, einen Fieberkranken zu pflegen, in einer Stadt, die von den Franzosen bedroht wird! Beides kann uns jeden Moment ins Grab bringen!«
    Japonica fühlte sich durch die Anspielung, dass es mit dem Viscount trotz ihrer gewissenhaften Pflege bergab ging, persönlich getroffen. Sie war mit Aggie vor zwei Wochen in Bagdad eingetroffen und hatte sehr rasch gemerkt, dass sie für den Kranken nicht mehr tun konnte, als ihm seine letzten Tage zu erleichtern. Die Franzosen stellten ein ganz anderes Problem dar.
    Wie alle Welt hier hatte sie vom Geheimabkommen des Schahs mit Napoleon erst erfahren, als französische Kavallerie vor einigen Tagen in der Stadt auftauchte. Nachdem die Franzosen sich mit den Briten bereits in Spanien, Portugal und Ägypten auseinander setzten, war nun auch Persien durch das Abkommen in einen Krieg mit England eingetreten.
    »Du gehst jetzt besser zu ihm hinein«,
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