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Aquila

Aquila

Titel: Aquila
Autoren: Thomas Gifford
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in die Flammen und schien zuzuhören, während die anderen sich unterhielten.
    13
    Heiland, worauf war er hier gestoßen? Den Beginn eines überraschenden Winterangriffs? Man hatte den Männern gesagt, so etwas sei unmöglich, der Winter mache den Rotjacken genauso zu schaffen wie ihnen … Aber was wusste ein zweiundzwanzigjähriger Infanterist schon davon? Nichts als Gerüchte, erfundene Geschichten und ausgemachte Lügen.
    Vielleicht ging es jetzt los, und er war das erste Opfer …
    Er verstand die Frage nicht, aber der hockende Mann sagte etwas, ohne den Blick vom Feuer zu wenden. Die anderen drei standen oder saßen und beobachteten ihn. Der Feuerschein flackerte auf ihren ausdruckslosen Gesichtern. Er war Amerikaner.
    »Und in welchem Zustand ist die Armee Ihrer Meinung nach?
    Was ist mit der Kälte, dem Hunger, dem Sterben an der Ruhr, der Angst? Selbst ich habe Angst, wenn ich mit Leuten wie Ihnen zu tun habe … Ein Messer im Rücken als Belohnung. Das ist es, was mir Angst macht, Sir!« Seine kraftvolle Stimme tönte über die Lichtung. Er schien seine Frustration und seinen Groll gerade noch im Zaum zu halten. »Sie verlangen Informationen und Einzelheiten – der Himmel behüte uns! Sehen Sie sich um!
    General Winter, Sir … Eine Armee unausgebildeter Bürger, nicht die mindeste Versorgung –«
    Einer der Engländer sagte etwas, worauf ein anderer lachte. Es steckte Sympathie in seinem Lachen, als habe er Angst, den Amerikaner noch mehr in Rage zu bringen.
    »Nein, verdammt noch mal«, sagte der Hockende. »Glauben Sie, ich bin verrückt? Die Armee ausliefern! Bin ich so weit gesunken, dass ich mit Idioten verhandeln muss?« Er warf mit der linken Hand ein Holzscheit ins Feuer. Funken stoben auf und verglühten. »Nein, ich kann und werde die kontinentale Armee nicht ausliefern! Wie kann ein Einzelner eine Armee ausliefern, selbst eine wie unsere? Es sind große und aufrechte Männer dabei, die bis zum Tode kämpfen würden. Tapfere Männer. Männer, die daran glauben, dass wir Sie überdauern 14
    können. Und Sie, meine Herren, geben mir das Gefühl, sie könnten vielleicht Recht haben …«
    »Und Sie, guter Mann«, erwiderte einer der Engländer scharf,
    »stecken zu tief in der Patsche, um solche Gedanken zu hegen!
    Denken Sie bitte an Ihre Rolle in diesem Spiel!«
    »Weshalb versuchen Sie mich einzuschüchtern? Über diesen Punkt bin ich längst hinaus … Das Einzige, was mir Bange macht, ist Ihre Treulosigkeit. Ein Messer im Dunkeln wäre mir fast willkommen, Sir, denn es würde manches klären. Und glauben Sie mir, ich bin nicht leicht umzubringen! Ich würde Sie überwältigen, Sir. Sie wären früher tot als ich!«
    »Sachte, sachte«, warf ein Friedensstifter ein. »Das ist sinnlos
    …«
    »Denken Sie daran: Ich mache keine Scherze«, sagte der Amerikaner. »Es ist ein ernstes Geschäft.« Er schwieg, ohne seine Stellung zu verändern. »Was Sie auch von mir halten mögen: Ich versuche, das Land zu retten – vor der Niederlage, vor Schurken und Aasgeiern. Sie verstehen mich nicht … Meine Motive sind Ihnen fremd. Wir können einander benutzen, das ertrage ich. Mehr nicht.«
    »Die Armee können Sie nicht ausliefern«, erklärte der Friedensstifter. »Das verstehen wir … Nicht einmal – klar, niemand kann eine Armee ausliefern.«
    »Es hätte auch keinen Sinn, sehen Sie das denn nicht? Damit würden Sie Ihre Probleme nur vergrößern. Es muss so aussehen, als würden wir bis zu einem ehrenhaften Frieden kämpfen.
    Keine echte Kapitulation, sondern ein Frieden zu Ihren Bedingungen – Ihren großzügigen Bedingungen. Dann kann der gute alte König George wieder ruhig schlafen. Vorher nicht …«
    »Von Ihrem ruhigen Schlaf gar nicht erst zu reden …« Der bissigste der drei Engländer stand neben der hockenden Gestalt.
    »Sie werden eine Belohnung erhalten, wie Sie sehr wohl wissen
    –«
    »Es ist ein Würfelspiel. Ihr Wort bedeutet mir nichts – mein 15
    Lohn ist, das Land wieder vereint zu sehen, im Frieden mit dem König … einem König, der seine Kinder versteht …«
    »Ich wage zu behaupten, dass Sie unser Angebot nicht ausschlagen werden.« Er stakste auf die Bäume zu, hinter denen William stand. Der Soldat verharrte regungslos und sah zu, wie der Mann stehen blieb, abrupt kehrtmachte und wieder zum Feuer zurückging. William war geschockt von der
    Ungeheuerlichkeit dessen, was er beobachtete. Verrat … Er musste die Gestalt, die da vor dem Feuer hockte, irgendwie zu Gesicht
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