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Aqua

Aqua

Titel: Aqua
Autoren: Martini
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die Kanzlei oder zum Gericht musste. Nein, morgen war Samstag und außerdem hatte sein Sohn schon seit über einem Monat den Führerschein. Wenn das Wetter es nur irgendwie zuließ, fuhr er mit einer Enduro in die Stadt. Thomas kam wohl nicht umhin, dem Sohnemann einen Kleinwagen zu kaufen. Die Fahrten mit dem Bike waren viel zu gefährlich.
    Ihre Gedanken glitten ab. Sie durfte jetzt nicht wieder einschlafen … Ihre freie Hand streifte seinen Bauch hinunter. »Du musst los.«
    »Ja.« Dabei dehnte er das A, während er sich auf die Seite drehte und auf dem Weg zur Bettkante auf ihr inne hielt, nur vermeintlich, wie sie bald verspürte. Er beugte sich zu ihr herunter. Seine Bartstoppeln streiften ihre Wange.
    Sie genoss jede Minute mit ihm und dachte nicht weiter als bis zum nächsten Tag.
    Erst unten in der Kanzlei schlüpfte Thomas in seine Schuhe, deren glatte Sohlen sich nicht dazu eigneten, auf einer gefrorenen Straße der Eifel aus dem Auto steigen zu müssen, falls ihm auf der nassen Strecke, wie die Formel 1-Piloten so schön sagten, die Straße ausgehen würde. Das Erlebnis von vorhin hatte er kurzfristig verdrängen können.
    Er stellte das Festnetztelefon, das er zu Isabelle mitgenommen hatte, auf die Ladestation in seinem Büro, fuhr den Rechner herunter und warf einen schnellen Blick in den Spiegel im WC. Sein Hemd war korrekt zugeknüpft, die wirren Haare konnten auch von der Schirmmütze herrühren, die er gleich tragen würde. Auf dem Weg zum Ausgang besann er sich anders und ging, ohne Licht zu machen, ins Sekretariat. Hinter dem gardinenlosen Fenster sah er ein Taxi, Gischt versprühend vorbeisausen. Eine emotionslose Maschinenstimme verkündete in den dunklen Raum, dass der Anrufbeantworter aktiviert wurde.
    Der Regen plätscherte in die Pfützen, tropfte von den Rändern des Vordachs und der Abdeckung auf der hohen Mauer auf das Pflaster. Winziger Graupel perlte über den dunklen Lack des Porsche Panamera.
    Ein kalter Windstoß blies Thomas den Regen ins Gesicht. Er hatte den Schal an der Garderobe hängen lassen, doch nun war er schon am Auto angelangt. Mit der Linken betätigte er am Autoschlüssel die Fernbedienung. Während er sich nach unten zu dem nassen Türgriff beugte, wähnte er auf einmal jemanden hinter sich.
    »Isa?«
    Ein dicker kalter Tropfen traf seinen Nacken. Seine Hand war noch zu der Stelle am Hals unterwegs, als er wie eine Marionette, deren Fäden gekappt wurden, zusammenbrach.
    Er sah auf dunkle Steine in einer Pfütze und auf einen Schuh, der zuckte. Draußen auf der Straße fuhr ein Wagen vorbei.
    Er konnte hören und sehen, sonst nichts, nicht einmal seine Augen schließen, alles Körpergefühl war weg. Es schien sein eigener Fuß zu sein, der sich ohne sein Zutun bewegte.
    War er Opfer eines Überfalls, hatte ihn ein herabgestürzter Ast getroffen oder war sein Auto vom defekten Akku des Elektoantriebs unter Strom gesetzt worden?
    Womöglich sah Isa aus dem Fenster oder seine Schockstarre löste sich. Befand er sich in einem Wachkoma oder war er schon tot und nur sein Gehirn verfügte noch über einen Rest Energie?
    Waren Sekunden oder bereits Minuten vergangen? Blutete er aus einer Wunde, die er nicht fühlte? Sah er nun den Tunnel, wie in Berichten von Nahtoderfahrungen beschrieben, oder eine Rückschau auf sein Leben?
    Was er sah, kam ihm unscharf vor. Wie lange würde er die Kälte hier auf dem Boden überstehen? War schon lange kein Wagen mehr auf der Straße vorbeigefahren oder hatte auch sein Gehör ausgesetzt? Würde er schmerzlos einschlafen, wenn sein Körper auskühlte? Wann hatte er seine nächsten Termine? Hatten sich seine Lider geschlossen oder war die Straßenbeleuchtung erloschen …?

Samstag
    Als Walde erwachte, hörte er Annika husten. Beim Hinausgehen schloss er die Tür des Schlafzimmers hinter sich, damit Doris und die kleine Mathilda nicht geweckt wurden. Nebenan im Zimmer quälte sich seine sechsjährige Tochter mit einem weiteren Hustenanfall. Ein leichter Duft von hustenlindernden ätherischen Ölen hing in dem Raum. Er setzte sich neben Annika, um ihr in eine sitzende Position zu verhelfen. Doch das hatte sie schon selbst getan, während sie, wie es ihm schien, auch freier husten konnte als in den letzten Tagen. Auf das Glas mit Tee, das er ihr reichte, reagierte sie nicht. Als der Hustenanfall vorbei war, legte sie sich hin und schlief weiter.
    Walde blieb noch auf der Bettkante sitzen und atmete den Duft der ätherischen Öle ein, während
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