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Aqua

Aqua

Titel: Aqua
Autoren: Martini
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denn?«
    »Na, wenn Sie so fragen.« Der kleine Mann grinste. »Eher wie einer, der Versicherungen oder so verkauft.«
    »Mein Job beginnt erst, wenn die Versicherung nach dem Schadensfall Zicken macht.«
    »Sachverständiger?«
    »Rechtsanwalt.«
    »Und Politiker«, ergänzte Öko-Karl, der seinen Nachnamen nicht genannt hatte.
    »War nur Spaß. Ich habe Sie schon in der Zeitung gesehen.« Karl tätschelte den Hals der Kuh. »Das Mädchen wird nicht verkauft. Sie und Paula gehören zur Streichelabteilung.«
    Zehn Minuten später kannte Thomas die Nöte des Bauern, der für den Liter Milch zwar zehn Cent mehr bekam als seine konventionell wirtschaftenden Kollegen, aber dennoch einen harten Existenzkampf führen musste, um seinen Hof über Wasser zu halten.
    Thomas hörte zu. Das tat er, seitdem er hier in der Südeifel unterwegs war … und er hatte schon viel darüber erfahren, was die Menschen bewegte.
    Der Regen hatte weiter zugenommen. Das Prasseln gemahnte ihn an ein dringendes Bedürfnis, dem er nachkommen wollte. Er wies zum Zeltdach: »Den Daiwel soll et hüllen.«
    »Et Weeda ass wie et ass«, kommentierte der Öko-Karl.
    »Et as beschass«, komplettierte Thomas den Luxemburger Spruch, der längst auch jenseits der Grenze hier in der Eifel verwendet wurde, und wandte sich zum Gehen. »Da’ je.«
    Im WC-Container prasselte der Regen auf das Blechdach. Während er am Urinal stand, sah Thomas auf seine Uhr. Es war schon später, als er angenommen hatte.
    Jemand war hereingekommen, stellte sich neben ihn und bald war ein kräftiger Strahl im Becken zu hören.
    Auf dem Weg zum Waschbecken zog Thomas den Reißverschluss seiner Hose hoch.
    »Auch mal wieder in der Eifel unterwegs?« Der belegte Bass war unverkennbar.
    Während Thomas sich kaltes Wasser über die Hände laufen ließ, überlegte er, was er antworten sollte.
    »Redst du net mehr mit mir?«, setzte Holtzer mit erhobener Stimme nach.
    »Ich denke, es ist auch Ihnen nicht entgangen, dass ich hier wohne.« Thomas drückte auf den Seifenspender.
    »Du meinst doch nicht, das funktioniert so einfach.«
    »Wir scheinen ja zusammen in dieselbe Schule gegangen zu sein oder woher kommt das Duzen?«
    Der bullige Mann fuhr mit seinem Lamento fort. »Man zieht hierher und ist Knall auf Fall ein Eifeler?«
    »Hab’ ich das behauptet?«, fragte Thomas in ruhigem Ton.
    »Lavieren und aalglatte Sprüche reichen hier oben net. Hier muss man schon Farbe bekennen. Hier wird Tácheles geredet.« Holtzer war noch lauter geworden.
    »Danke, werde ich mir merken.« Thomas’ Stimme klang gelangweilt, während er Papier aus einem Spender zog.
    »Du brauchst net zu meinen, ich wüsst’ nicht, was ihr vorhabt«, rief Holtzer. »Das haben schon andere versucht.«
    »Dann ist es ja gut.« Thomas warf das Papier in einen Korb und ging zur Tür, die ihm Öko-Karl aufhielt. Der kleine Mann knipste ihm ein Auge.
    Durch den strömenden Regen war Thomas mit gesenktem Kopf fast an seinem Wagen vorbei gelaufen; an das Bitburger Kennzeichen musste er sich noch gewöhnen.
    »Du bist schon wieder weg?« Es war der Landrat, der hinter ihm herrief.
    Thomas wartete, bis der Landrat ihn einholte und seinen Schirm über ihn hielt.
    »Ich hab’ noch in Trier zu tun«, antwortete Thomas. Den Vorfall auf dem Klo erwähnte er nicht. »Und du?«
    »Auch noch keinen Feierabend.« Sein Gegenüber schaute zu seinem Fahrer hinüber, der ausgestiegen war und nun im Regen stand, um ihm die Tür aufzuhalten. »Da’ je.«
    Wenig später fuhr Thomas auf die B 51. Die angespannte Hochwasserlage an der Mosel war inzwischen selbst im Deutschlandradio ein Thema. Die Mosel steuerte auf ein Hochwasser zu, das alle bisherigen Pegel zu überbieten drohte. Er schaltete den Sender aus, wählte Arriving somewhere but not here von Porcupine Tree , drehte die Musik auf und gab Gas. Längst war der Sechszylinder angesprungen und gesellte den knapp 100 PS des Elektromotors weitere 333 hinzu. Sein Sohn hatte ihm die CD zum vorletzten Geburtstag gebrannt. Als der Tacho an der Abfahrt Speicher 180 anzeigte, drehte er den Ton noch lauter und trat das Gaspedal durch. Die Elektrogitarren füllten das Auto bis zum Bersten, dazu hämmerte Thomas den Rhythmus aufs Lenkrad. Die Scheibenwischer liefen auf Hochtouren und konnten dennoch weder mit dem schnellen Bass noch mit dem Regen mithalten.
    Auf der langen Geraden an der Abfahrt Idesheim flog er an einem Lkw-Konvoi vorbei. Die entgegenkommenden Lichter waren noch weit weg, als
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