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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter
Autoren: Lorentz Iny
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den Kopf drehte, sah sie Nathalia und Jutta ähnlich eingepackt wie sie auf den Armen kräftiger Bergler ruhen, während Fridolin hinter ihr herlief und aussah, als wolle er unbedingt mit ihr reden. Doch das hatte in Lores Augen Zeit bis zum nächsten Tag.
    Irgendwann glaubte sie auch Dorothea und Caroline zu sehen, die ebenfalls von Männern nach unten getragen wurden, während die einheimischen Frauen ohne Hilfe durch den Schnee stapften.
    Für welch schwächliche Geschöpfe müssen diese Menschen uns halten, fuhr es Lore durch den Kopf. Dann erinnerte sie sich daran, dass sie im Sommer, als sie zu Fuß zur Hütte aufgestiegen war, bereits auf halbem Weg keine Luft mehr bekommen hatte. Das lag wohl an dem engen Korsett, das für die augenblickliche Mode unabdingbar war. Sie schloss die Augen und war erst einmal froh, dass Nathalia und Jutta gerettet waren. Außerdem war es schön, ihre Freundinnen bei sich zu wissen, waren diese für sie doch ein gewisser Schutzschild. Da Dorothea hier war, konnte auch Thomas nicht weit sein. Nun glaubte sie ihn sogar in der lang auseinandergezogenen Gruppe zu erkennen, die talwärts wanderte. Der Mann hinter ihm war auf jeden Fall Konrad.
    Bei diesem Gedanken fühlte Lore, wie ihr die Lider schwer wurden. Die Angst und die Anspannung forderten ihren Tribut, und ihr schwanden die Sinne.

XI.
    A ls Lore erwachte, war heller Tag. Sie lag in einem rustikalen Bett mit blaukarierter Bettwäsche. In dem aus Bruchsteinen gemauerten Ofen brannte ein Feuer und kämpfte gegen die im Raum herrschende Kälte. Die Kammer war nicht besonders groß, und ähnlich wie in der Berghütte bestanden ihre Wände aus mit der Hand zugehauenen Balken, in deren Ritzen Moos gestopft worden war. Am Kopfende des Bettes befand sich eine Art Nachttisch, der gewiss nicht seiner Eleganz wegen ausgewählt worden war.
    Mehr als das interessierte Lore sich jedoch für einen Nachttopf, denn ihre Blase drückte, und in dem seidenen Nachthemd, das Dorothea gehören musste, konnte sie nicht auf den Flur hinauslaufen, um eine Toilette zu suchen.
    Sie wurde unter dem Bett fündig und erleichterte sich aufatmend. Kaum war das geschehen, klopfte es an die Tür.
    »Lore, bist du schon wach?«, hörte sie Dorothea fragen.
    »Ja! Einen Augenblick!« Schnell ließ Lore den Nachttopf unter dem Bett verschwinden und schlüpfte wieder unter die Decke.
    Da ging auch schon die Tür auf, und Dorothea trat ein. Ihr folgte Caroline, die ein Tablett mit einer riesigen Steinguttasse und einem Teller mit Rührei hereintrug.
    »Leider nur Kamillentee. Die Wirtin meint, er wäre für dich das Richtige, nachdem du verschüttet gewesen bist«, erklärte Dorothea, da Lore bei dem Geruch die Nase rümpfte.
    Diese nahm die Tasse und trank einen Schluck. »Das Zeug schmeckt wirklich sehr gesund«, sagte sie schaudernd.
    Dann suchte ihr Blick Dorothea. »Was ist mit Nati?«
    Um Dorotheas Lippen zuckte ein Lächeln. »Der geht es wieder viel zu gut. Ich habe ihr angedroht, sie am Bett festzubinden, wenn sie dir nicht die Zeit lässt, dich zu erholen.«
    Jetzt musste auch Lore lachen. »Und? Musstest du es tun?«
    »Beinahe! Aber sie hat verstanden, dass ich ohne Zeugen mit dir reden will.« Dorotheas Stimme klang auf einmal ernst.
    Wie aufs Stichwort deutete Caroline einen Knicks an und verließ die Kammer.
    Dorothea ließ ein paar Sekunden verstreichen, dann musterte sie Lore nachdenklich. »Ich weiß nicht recht, wie ich anfangen soll, aber ich muss es dir sagen.«
    »Was?«
    »Das mit Fridolin …«
    »Will er jetzt die Scheidung?«, unterbrach Lore ihre Freundin erregt.
    »Ganz im Gegenteil, meine Liebe! Er wollte sie nie. Das haben nur andere herumerzählt und wieder andere, darunter auch du, haben es geglaubt.«
    »Aber …«, begann Lore, um nun ihrerseits von Dorothea unterbrochen zu werden.
    »Das Ganze war nichts als ein großes Missverständnis zwischen euch. Malwine, dieses Biest, hat versucht, Unfrieden zu stiften. Dabei hat sie die Schwatzhaftigkeit anderer ausgenützt und über diese eure Umgebung beeinflusst. Und dann war auch noch dieses Gänschen Wilhelmine, die sich in Fridolin verguckt hatte. Die hat diese Gerüchte natürlich sofort geglaubt und ihrerseits weitererzählt. Armes Ding! Durch ihr Geschwätz sind Palkow und Trepkow erst auf den Gedanken gekommen, deinen Mann in eine Falle zu locken und ihn als Mörder hinzustellen. Dazu kam auch noch der Entführungsversuch, der dank deines Eingreifens misslungen ist. Das hat
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