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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter
Autoren: Lorentz Iny
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Liebe!«
    »Auf uns!«, antwortete sie und begann mit kleinen Schlucken zu trinken. Unterdessen spürte Fridolin, wie seine Sehnsucht nach ihr immer mehr stieg.
    »Glaubst du, das Bett würde auch mich aushalten?«, fragte er anzüglich.
    »Wir können es ja ausprobieren«, antwortete Lore und rückte ein Stück zur Seite. Denn auch sie hatte das Gefühl, dass es für sie beide vieles nachzuholen gab.

XII.
    D er Saal war hell erleuchtet und kunstvoll dekoriert. Lakaien standen an den Wänden und warteten darauf, die Gäste zu bedienen, und Frau von Stenik, die Gastgeberin, versank eben vor Prinz Wilhelm von Preußen und dessen Gemahlin Auguste in ihren tiefsten Hofknicks. Die Befriedigung, den ältesten Enkel des Kaisers zu ihrem Ball begrüßen zu können, ließ ihr Gesicht fast noch heller aufleuchten als die moderne elektrische Beleuchtung, die an diesem Tag ihre erste Bewährungsprobe bestehen musste.
    Nach dem Prinzen wurden die nächsten Gäste zu Frau von Stenik geführt, und der Haushofmeister, den sie für diesen Abend engagiert hatte, kündete sie nacheinander an. Da sich die Crème de la Crème der Berliner Gesellschaft hier ein Stelldichein gab, war Lore ein wenig nervös. Doch im Gegensatz zu Wilhelmine, die wie ein aufgeregtes Hühnchen flatterte, riss sie sich zusammen.
    »Oh Gottchen, was sage ich nur, wenn Seine Kaiserliche Hoheit mich ansprechen sollte?«, flüsterte Wilhelmine Lore zu.
    »Sie werden Ihren Hofknicks machen und demütig das Haupt neigen. Damit wird der Prinz zufrieden sein.« Zwar war auch Lore Wilhelm von Preußen noch nie von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden, wusste aber von den Damen aus Fridolins ehemaligem Regiment, wie sie sich dem Prinzen gegenüber zu verhalten hatte.
    »Graf Trettin und Gemahlin!«, rief nun der Zeremonienmeister mit Stentorstimme.
    Fridolin nickte Lore aufmunternd zu. »Bist du bereit?«
    »Sonst wären wir ja nicht hier!« Mit erhobenem Kopf schritt Lore neben ihrem Mann her, knickste vor der Gastgeberin und beantwortete deren Begrüßungsfloskel mit einer höflichen Bemerkung.
    Als sie weitergingen, sahen sie sich auf einmal Prinz Wilhelm gegenüber. Dieser musterte Fridolin und versuchte sich zu erinnern, wo er diesen bereits gesehen hatte.
    »Ah, Trettin!«, rief er erleichtert aus. »Einfach famos, die Yacht! War mit ihr bis Königsberg. Schade, dass Sie Ihr Regiment verlassen haben. Deutschland braucht Offiziere wie Sie. Ihre Gemahlin?«
    »Jawohl, Kaiserliche Hoheit!« Fridolin verneigte sich und atmete auf, als der Prinz sich dem nächsten Gast zuwandte. Er zog Lore ein wenig zur Seite und flüsterte ihr ins Ohr: »Verstehst du jetzt, warum etliche den Prinzen Wilhelm den Sprunghaften nennen?«
    Lore verkniff sich ein Lachen und nickte. Als sie sich umsah, entdeckte sie mehrere Damen, die stolz ihre neuen Roben zur Schau trugen. Die Kleider stammten aus Marys und ihrem Modesalon, und die meisten davon hatte sie in jener Hütte in der Schweiz entworfen. Damit war nicht nur sie, sondern auch ihre Mode in den höchsten Kreisen angekommen.
    Unterdessen klang die Stimme des Zeremonienmeisters erneut auf. »Herr und Frau von Dohnke!«
    Kurz darauf kam Wilhelmine auf Lore zu und fasste nach deren Händen. »Es ist hier alles so aufregend. Mein Vater wird glücklich sein, wenn ich ihm davon erzähle. Es war immer sein Traum, dass ich einmal ein Teil dieser Gesellschaftsschicht sein würde.«
    »Dein Vater will vor allem, dass du glücklich bist, meine Liebe«, wandte Emil lächelnd ein.
    Lore musterte ihn kurz und fand, dass er durchaus zufrieden aussah. Von Wilhelmine wusste sie bereits, dass diese ihren Gatten vergötterte. Wie es aussah, hatte das Schicksal es gut mit beiden gemeint. Für einen Augenblick schweiften ihre Gedanken zu Caroline von Trepkow, die ihren adeligen Namen aufgegeben hatte, um an einem Ort namens Baltimore als schlichte Mrs. Hilgeman zu leben. Ihrem letzten Brief zufolge schien auch sie glücklich zu sein, ebenso die ehemalige Hure Lenka, die in den weiten Prärien Kanadas ihren Lebensinhalt gefunden hatte. Die alte Fiene hingegen hatte den Sprung über den Ozean nicht gewagt, sondern war bei ihnen geblieben und ging nun Jutta zur Hand.
    »Du bist so nachdenklich«, sprach Fridolin sie an.
    »Ich dachte an unsere Freunde, die in der Ferne weilen«, antwortete Lore leise. »Hast du etwas von Malwine gehört? Es würde mir gar nicht behagen, ihr hier in Berlin begegnen zu müssen.«
    »Dies müssen Sie auch nicht
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