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Apokalypse auf Cythera

Apokalypse auf Cythera

Titel: Apokalypse auf Cythera
Autoren: Hans Kneifel
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Katalog noch einige hinzufügen? Ist Amarylis schöner als ich?«
    »Nein«, bekannte er.
    »Ist sie klüger?«
    »Nein.«
    »Ist sie jünger?«
    »Nein.«
    Stapens Antworten entsprachen der Wahrheit, zu der er hier und jetzt fähig war.
    »Was hat sie, was ich nicht habe?«
    Er lächelte. Einsicht war eine schwere Last, aber jetzt konnte er sie bewältigen.
    »Nichts!« bekannte Stapen.
    »Und warum bleibst du nicht hier?«
    Er holte Atem und erklärte:
    »Weil ich wenigstens einmal auch mir selbst treu sein möchte.«
    Sie nickte.
    »So ist es immer. Alles scheint zu stimmen. Der richtige Mann, die richtigen Gespräche, die langen Nächte voller Leidenschaft und Zärtlichkeit. Die Zeit und die Stimmung. Und eine Einzelheit ist falsch.«
    »In diesem Fall kam ich zu spät auf den falschen Planeten«, sagte Stapen und schloß die Augen.

 
10.
     
    Stapen schwamm mit langen, vorsichtigen Zügen.
    Wenn er den Kopf über die mittelgroßen Wellen hob, sah er das Rondell von Port Calagrana immer kleiner werden. Er bewegte sich in völlig ruhigem Wasser. Die Strömung, die ans Ufer führte, verlief rechts von ihm, sehr weit rechts, und die schmale, schnellere Strömung, die wieder hinauszog, setzte erst viel weiter draußen ein.
    Bis auf die Karten und einige Notizen, die er in ein Stück Plastik verschweißt hatte, besaß er nichts mehr von seiner alten Ausrüstung. Nur eine Badehose. Nicht einmal mehr die Waffe. Sie lag irgendwo am Grund des Meeres.
    Stapen Crau fühlte sich leicht und seltsam unbeschwert.
    Das Meerwasser trug ihn. Noch befand er sich im Bereich des warmen Wassers vor dem Ufer. Weiter draußen würde es zunehmend kühler werden, aber da war er durch seinen Taucheranzug geschützt. Seine Arme und Beine bewegten sich unabhängig von seinen Gedanken. Mit jedem Stoß entfernte er sich mehr und mehr von der Wirklichkeit. Sie verschwand hinter ihm. Sie war Sinnbild für sein Versagen und seine Unfähigkeit. Trotzdem hatte er alle Informationen, die Baudelaire brauchte.
    Weit voraus, etwa tausend Meter oder etwas mehr, tauchte der kleine Felsen aus den Wellen auf. Kleine weiße Schaumkronen zeigten sich dann und wann und die weißen Spritzer, wenn sich die Wellen brachen.
    Stapen befand sich jetzt im letzten Abschnitt seines Abenteuers. Erfolgreich verdrängte er in Gedanken die einzelnen Stationen und konzentrierte sich darauf, den letzten Schritt zu tun, den letzten Punkt zu erreichen. Den Felsen dort vorn ...
     
    Es war am Morgen. Sie sahen sich in die Augen. Ein Sonnensegel schützte die helle Terrasse vor den Blicken der Neugierigen und Stapen vor zufälliger Entdeckung.
    »Warum hilfst du mir?« fragte er, nachdem er ausgetrunken hatte.
    Ihre Finger spielten mit einem Löffel, dann erwiderte Adagia:
    »Ich sagte es schon mehrmals. Ich bin ein Kind dieser Welt, und das ist auch für mich die schönste aller Welten, trotz der Zerstörungen. Ich glaube nicht, daß dadurch etwas verändert wird.«
    Er goß frischen Sekt in die Gläser. Seinen Zusammenbruch vom Abend hatte er überwunden.
    »Verändert? Du meinst ...?«
    »Ja, ich meine. Die Händler nehmen Gerüchte mit und schnappen trotz aller Vorsicht etwas auf. Das kümmert uns nicht. Sie können alle erfahren, wie gut es uns geht, aber wenn wir die Grenzen öffnen, wird ein Strom von Neugierigen kommen und uns überschwemmen. Nur eine Information darf nicht gegeben werden.«
    »Das Langzeitprogramm?«
    »Ja.«
    Nach der Apokalypse waren mehr als zwei Millionen Kinder geboren worden, ehe die Eltern starben. Es waren fast alles positive Mutanten gewesen. Die Eltern und die Kinder gingen daran, den Wiederaufbau durchzupeitschen. Sie verschuldeten sich durch Darlehen und Materialkauf, aber im Lauf von fünf Jahrzehnten schafften sie es. Dabei sahen sie die Chance, ein neues politisch-wirtschaftliches System zu bauen. Bisher hatte es reibungslos funktioniert. Es gab hier kein persönliches Großkapital, denn jeglicher größerer Besitz fiel an die Allgemeinheit zurück. Mit jener Million Punkte konnte jeder Mensch ein Leben lang hervorragend auskommen. Brauchte er mehr, für Zwecke, die der Allgemeinheit dienten, wurden ihm die Verrechnungseinheiten vom Staat zur Verfügung gestellt. Die Wirtschaft florierte. Was nicht hergestellt wurde, importierte man. Dafür exportierte man mittelgroße, hochmoderne Raumschiffe.
    Und außerdem verwendete man bemerkenswert viel »Geld« und Arbeit in das Langzeitprogramm.
    »Ihr habt vor, Baudelaire zu überfallen?«
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