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Apokalypse auf Cythera

Apokalypse auf Cythera

Titel: Apokalypse auf Cythera
Autoren: Hans Kneifel
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vielleicht ganz nett wäre?«
    Sie warf einen Blick auf die Uhr, die außerhalb ihres Blickfeldes lag.
    »Nachmittag. Zeit für einen Cocktail. Wo sind Sie?«
    »Unweit der Station Omikron«, sagte er.
    »Kommen Sie einfach her, trinken Sie einen Schluck, dann gehen wir einkaufen. Einverstanden?«
    »Mit Vergnügen!« sagte er. »Wie finde ich Sie am wenigsten umständlich?«
    Sie beschrieb es ihm. Er bekam einen einprägsamen Eindruck von der Struktur einer solchen Stadt. Sie winkten sich kurz zu, dann setzte Stapen seine Brille wieder auf, beendete das Gespräch und wartete, bis sich die Karte wieder aus dem Schlitz geschoben hatte. Er verließ die Zelle und schlug den Weg nach der Stadt ein. Ein Mensch, dachte er, der ihm spontane Freundlichkeit entgegengebracht hatte. Eine Seltenheit auf anderen Planeten. War es hier typisch? Vielleicht für die Kinder der Apokalypse. Wieder einmal fand er bestätigt, daß das Erbe der alten Erde nach wie vor unverändert galt. Alles, was er bisher gesehen hatte, erinnerte an die Erde. Aber hier schien zum erstenmal ein Planet ohne innenpolitische Störungen zu sein. Die Menschen, die den Feuersturm überlebt hatten, sowie deren Kinder, schienen eine geschlossene Gemeinschaft zu bilden.
    Stapen begann sich langsam sicher zu fühlen. Das war gut, aber auch gefährlich. Gut, weil er zumindest optisch nicht aufgefallen war. Schlecht, weil es seine ununterbrochene Vorsicht einschläfern konnte. Er ging auf die Stadt zu und kam an einem Gebiet vorbei, auf dem er eine Anzahl riesiger, gelber Maschinen sah. Er blieb stehen und schaute zu, wie eine Anzahl anderer Passanten auch.
    Es handelte sich um das Gebiet zwischen zweien dieser schneckenförmigen Städte. Eine gewaltige Maschine zerkleinerte in einem breiten Streifen das glasige Gestein und hinterließ ein Feld aus faustgroßen Gesteinsbrocken. Eine zweite Maschine nahm diese auf und mischte sie mit der darunterliegenden Schicht aus Humus oder fruchtbaren Sedimentgesteinen. Hin und wieder erschien ein schwebender, kugelförmiger Tank und leerte sich über dem Feld aus. Dem Geruch nach zu urteilen, war dies Schlick vom Meeresboden.
    »Ich verstehe!« murmelte Stapen und beschleunigte seine Schritte.
    Er war soeben Zeuge eines Versuchs in Landschaftsgärtnerei gewesen. Die Bewohner von Cythera Minor beseitigten nach und nach die Spuren des Feuerschlags. Sie mischten ausgeglühte Felsbrocken mit Humus und Schlick und brachten Samen ein.
    Ein schwebender Transporter glitt lautlos heran, und ein modernes Ladegeschirr setzte große Ballen von Baumschößlingen ab. Entlang des Fußgängerweges, der von der Station zur Stadt führte, hatte man bereits vor Jahren eine ganze Allee von Bäumen angepflanzt, die jetzt mittlere Höhe erreicht hatten.
    »Das muß ein gigantisches Projekt sein!« sagte sich Stapen.
    Die Informationen, die seine undurchsichtigen Auftraggeber besaßen, sagten übereinstimmend aus, daß drei der vier Kontinente restlos verwüstet waren. Einer, der vierte, sowie eine nicht näher bezeichnete Anzahl von Inseln, schien neues Leben zu tragen. Das galt für alles, angefangen von Moosen bis zum Homo sapiens.
    Stapen kam in den Bereich der Stadt.
    Er blieb stehen und versuchte, das kolossale Bild zu verarbeiten. Sah er geradeaus und parallel zum Boden, erkannte er die metallverkleideten Säulen, auf denen die Schnecke stand. Sie durchmaßen mindestens zehn Meter und leuchteten in dem warmen Glanz polierten Kupfers mit versiegelten Oberflächen. Dahinter erhob sich die Gartenlandschaft. Alles war voller Menschen. Kleinkinder spielten – und auch sie waren in diesen wilden Farben, Formen und Linien geschminkt. Das war unglaublich! Diese Menschen hier waren doch keine Narren, daß sie ihre Kleinkinder schminkten! Es mußte etwas anderes sein.
    Stammeszeichen?
    Hautveränderungen?
    Kennlinien einer neuen Gesellschaft?
    Er zuckte die Schultern. Er wußte es nicht, aber er ahnte, daß er es rechtzeitig erfahren würde. Es gab eine Menge Eingänge und gläserne Röhren, die nach unten führten. Aufmerksam las Stapen jedes Wort auf den Hinweistafeln. Die gesamte Stadt, in der etwa fünfzigtausend Menschen leben mochten, strahlte eine gemessene Ruhe aus und strotzte förmlich vom Selbstbewußtsein der Erbauer und Bewohner. Sie hatten es geschafft, aus den Trümmern eines verwüsteten Planeten ein kleines Paradies zu gestalten. Stapen überlegte, ob diese seine Prämisse richtig war und entdeckte keinen Widerspruch, als er im
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