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Apocalyptica

Apocalyptica

Titel: Apocalyptica
Autoren: Oliver Graute
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mir, dass wir uns niemals wiedersehen werden, wenn das alles hier vorbei ist.“
    Der Wanderer zögerte, und Lâle vermeinte, so etwas wie Wehmut oder Trauer in seinem Gesicht erkennen zu können. Dann lächelte der bärtige Engel nach Ansicht der Frau etwas gekünstelt und sagte: „Versprochen.“
    Lâle wusste nicht, ob dieses Versprechen oder ihre Resignation sie dazu bewegten weiterzugehen, doch nach einer kurzen Rast befanden sie sich wieder auf dem Weg ihrem ungewissen Schicksal entgegen. Schawâ hatte es sich erneut auf dem Rücken eines der Engel bequem gemacht und schlief. „Wenigstens ihr ging es bei all dem einigermaßen gut“, dachte die dunkelhaarige Frau.
    Der Himmel über ihnen sah nach Regen aus. Immer wenn die schroffen Felsformationen den Blick auf die Küstenlinie unter ihnen freigaben, konnte Lâle den Tross aus Templern, Söldnern und sonstigen Kriegsknechten erkennen, der sich unterhalb von ihnen seinen Weg nach Cordova bahnte. Obwohl die Schlacht längst begonnen haben musste, wie sie Gesprächen in Rodez entnommen hatte, riss der Strom von Kämpfern nicht ab. Noch nie in ihrem bewegten Leben hatte die Frau eine derart große Menge Soldaten auf einem Haufen gesehen. All das Gerede des Wanderers und seiner Gefährten von der letzten Schlacht schien ihr plötzlich doch nicht mehr so weit hergeholt zu sein wie noch vor Tagen. Nur hatte sie nicht erwartet, dem Geschehen so nah zu kommen. Bis das Heer der Nachzügler das Schlachtfeld erreichte, mussten noch Tage vergehen. Bis nach Cordova, so schätzte Lâle, waren es sicher noch ein paar hundert Kilometer. Gewiss war die Schlacht bereits beendet, bevor die letzten Templer an ihrem Ziel ankamen.
    Dann spürte sie das Beben unter den Füßen.

    Bei Midaels Eintreffen stand es mit den angelitischen Truppen nicht zum Besten. Haakon von Melhus hatte mit seiner Mannschaft alles aus dem klobigen schwebenden Gefährt herausgeholt, was er für vertretbar hielt. Trotzdem hatten sie kostbare Zeit verloren. Em Susat stand neben dem Samaeliten, der sich immer noch schwach fühlte und sich an der niedrigen Reling der Flugplattform festklammern musste. Seine neuen Schwingen zerrten an ihm wie unnötiger Ballast, den er am liebsten über Bord geworfen hätte. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Glaubte er wirklich, er könne wieder zu altem Glanz erstarken, indem er sich neue Schwingen zulegte, die er noch nicht einmal fühlte? Sein Mentor Haakon hatte zwar mehrfach beteuert, dass die Chancen gut standen, dereinst wieder fliegen zu können, doch half ihm dieser Trost im Augenblick gar nichts.
    Die Em der Gabrieliten hatte darauf bestanden, so viele ihrer Bodentruppen wie möglich auf die sarielitische Flugplattform mitzunehmen, da es für den Haupttross unmöglich war, rechtzeitig am Ort des Geschehens einzutreffen. Zwar waren Susat und Midael sich keineswegs sicher gewesen, ob die Schlacht bereits begonnen hatte, doch standen die Vorzeichen ungünstig genug, um alles Erdenkliche in Betracht zu ziehen, was der gerechten Seite zum Sieg verhalf. Sie hatten sich nicht geirrt.
    Die gabrielitischen Engel umschwärmten die Flugplattform wie ein Schwarm Krähen ihr Nest. Midael hoffte, dass die angelitischen Truppen sie nicht irrtümlich für einen Schwarm Traumsaatdämonen hielten, der seinen Artgenossen zur Hilfe eilte. Im Eifer des Gefechts war so etwas möglich. Doch Midael erkannte schnell, dass seine Befürchtungen unberechtigt waren. Seine Geschwister befanden sich in einer solch aussichtslosen Lage, dass sie das Eintreffen einer neuerlichen Fraktion nicht einmal bemerkt hätten, wenn sie mit Pauken und Hörnern eingeritten wäre.
    Haakon trat zu der Em und dem Engel. In einiger Entfernung blieb er respektvoll stehen und sah über die Kante des Decks der Plattform in die Tiefe auf das Szenario, das sich ihnen bot. Midael bedeutete ihm näherzukommen.
    „Es sieht schlimm aus“, sprach der Samaelit aus, was alle Anwesenden dachten.
    Em Susat wandte den Blick nicht von dem Grauen am Boden ab, als sie sprach: „Es ist die Strafe für unsere Eitelkeit und Verblendung. Zu Gemmingen und seine Spießgesellen haben uns alle zum Narren gehalten, und wir haben uns nur zu gerne von ihren Lügen in Sicherheit wiegen lassen, während der Feind die Schlinge immer weiter um unseren Hals zugezogen hat.“
    „Diesen Ausgang hätte niemand voraussagen können, hochehrwürdige Em“, sagte Midael beschwichtigend.
    Em Susat schwieg. Dann wandte sie sich dem Samaeliten zu, und
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