Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Apocalyptica

Apocalyptica

Titel: Apocalyptica
Autoren: Oliver Graute
Vom Netzwerk:
Platz. Dennoch verlieh es ihr etwas Menschliches. „Keine Sorge, hochehrwürdiger Ab, ich will dir kein Leid zufügen. Die Dinge in Æterna haben sich geändert, und ich benötige deine Hilfe.“
    Midael stutzte . „ Meine Hilfe ? Aber das Konsistorium …“
    „… ist aufgelöst. Bis auf weiteres“, vervollständigte Susat.
    „Ich verstehe nicht.“ Midael wurde schwindelig. Der ganze Saal begann, sich zu drehen, und er musste Halt an einem der umstehenden Tische suchen, um nicht zu stürzen. Die Neuigkeiten waren zu verwirrend und unglaublich, als dass er es in seinem geschwächten Zustand ertragen konnte.
    Als er sich endlich wieder einigermaßen im Griff hatte, sah er die Herrin der Gabrieliten an. Sie hatte sich weder bewegt noch Anstalten gemacht, ihm zur Hilfe zu eilen. Was hatte er auch erwartet? Die Frau sah nicht aus, als würde sie Schwäche dulden. Selbst Haakon, der die ganze Zeit über neben der Em gestanden hatte, regte sich nicht. Er schien seine Anwesenheit als unpassend zu empfinden. So als wäre er als Kind Zaungast bei der Unterredung zweier Erwachsener. Midael jedoch war dankbar darüber, dass sein Mentor mit im Raum war. Er schien ihm Kraft zu verleihen.
    „Verzeiht meine Schwäche, He…“ Aus einem Impuls heraus hatte der Engel Herrin sagen wollen, merkte jedoch noch rechtzeitig, dass sein Gegenüber und er auf gleicher Ebene standen. „... hochehrwürdige Em.“
    „Ihr hattet eine schwere Zeit. Entschuldigt Euch nicht dafür. Haakon von Melhus berichtete mir, es gebe noch eine weitere Flugplattform der Sarieliten in seiner Obhut. Was meint Ihr, mein Freund, wollen wir unseren Schwestern und Brüdern in Iberia zur Hilfe eilen, während ich Euch in Kenntnis setze, was in der Zwischenzeit geschehen ist?“
    Midael zögerte kurz, und sein Blick glitt von der Em zu seinem Freund, der immer noch einen unbeteiligten Eindruck zu vermitteln suchte. „Wird er uns begleiten?“
    „Wer soll denn sonst das Ungetüm in der Luft halten?“
    „Dann hole ich meine Waffen.“ Zum ersten Mal seit ewiger Zeit durchflutete den Samaeliten der Rausch, den er stets gefühlt hatte, wenn eine Schlacht bevorstand. Zum ersten Mal fühlte er sich wieder gebraucht. Er war der starke Arm des Herrn und würde nicht in den Kellern der Arx das Ende der Welt abwarten, sondern sich in die Schlacht stürzen. An der Seite der Gabrieliten würde er das Schicksal der Menschheit besiegeln. Er würde siegen oder hoch erhobenen Hauptes scheitern. Nicht allein, sondern mit seinen Geschwistern. Er war ein Engel des Herrn.

    Noch nie im Leben hatte Naphal sich so gefürchtet. Der Körper seiner Mutter lag verdreht und zerschmettert auf den Felsen vor ihm. Ihr Gefolge, das sie mitgebracht hatte, um ihn wieder zurück nach Cordova zu bringen, lag wie Spielzeug in weitem Radius um die Lichtung verteilt. Nestor, der lustige Nestor, der ihm stets Geschichten von fernen Abenteuern erzählt hatte, hatte sich in einen Sprühnebel aus Blut, Fett und Wasser aufgelöst, als er versucht hatte, Naphal zu fassen zu bekommen. Irgendetwas war mit dem Jungen geschehen. Kurz bevor seine Mutter ihn erreicht hatte, war die Angst in ihm, erneut unter der Erde eingesperrt zu werden, so groß geworden, dass das Ding, das Naphal bereits geraume Zeit in sich spürte, sich einen Weg nach draußen bahnte. Alles war so schnell gegangen, und ehe er sich ’ s versah, war alles um ihn herum ausgelöscht worden. Selbst aus dem Gras, den Büschen und Bäumen war alles Leben gewichen. Die Welt um ihn hatte sich in tote Materie verwandelt. Nur die kleinen schwarzglänzenden Käfer zu seinen Füßen hatten überlebt. Offenbar war es dem stählernen Engel nicht gelungen, sie alle zu töten. Sie waren ihm gefolgt und wollten ihn trösten. Doch wo war sein Engel? Er war nicht unter den Toten. Hatte er sich aufgelöst wie Nestor? Oder war er davongeflogen? Das Wesen in ihm wand sich wieder wie ein Wurm, als wolle es auf sich aufmerksam machen. Naphal jedoch ignorierte das Gefühl und kniete neben den Käfern nieder, die sich dicht an ihn zu drängen versuchten und einander dabei behinderten. Wenigstens waren sie da, um ihm zu helfen, seine Furcht zu besiegen. Als der Blick des Jungen auf seine Hände fiel, erschrak er. Dies waren nicht Naphals Hände, nicht die Finger eines Kindes. Es waren große Hände, schlanke Finger mit starken Muskeln und Sehnen. Sie waren mit eigenartigen Zeichen übersät, die den Jungen an etwas erinnerten, doch er konnte sich nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher