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Apocalypsis 1 (DEU)

Apocalypsis 1 (DEU)

Titel: Apocalypsis 1 (DEU)
Autoren: Mario Giordano
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einem Menschen zu tun hatte. Einem Wesen Gottes, zu Leid und Sterblichkeit verdammt. Seth schrie auf, sein Blut spritzte auf Laurenz’ Kutte. Dennoch versuchte er, den nächsten Schlag von Laurenz zu parieren. Vergeblich. Laurenz setzte mit aller Härte nach und schlug seinem Gegner das Katana aus der Hand. Seth taumelte gegen die steinerne Brüstung der Terrasse. Laurenz stand keuchend und mit erhobenem Säbel vor ihm.
    »Sie müssen mich jetzt töten Laurenz«, ächzte Seth, blind vor Schmerz und Blut.
    »Ich weiß.«
    »Aber Sie können es nicht.«
    Laurenz hielt den Saif immer noch zum Schlag erhoben. »Es ist ohnehin vorbei, Seth. Wo sind die Bomben?«
    Seth straffte sich und zischte Laurenz an. »Sie sind verloren! Ich bin der Schmerz und der Hass. Ich bin das Licht! Hoathahe Saitan!«
    Laurenz holte zum tödlichen Schlag aus.
    »Der Herr sei Ihrer Seele gnädig.«
    Doch noch in der Bewegung sah er, wie der verstümmelte Seth sich seltsam grotesk verrenkte und sich mit einer letzten Kraftanstrengung über die Brüstung wälzte. Ehe er ihn mit einem letzten Streich töten konnte, hatte sich Seth von der Engelsburg gestürzt, wo unten der Tiber in der Nacht glitzerte. Kein Schrei. Kein Aufprall. Seth fiel dorthin, wo er hergekommen war – die endlose Nacht.
    Laurenz sank kraftlos auf die Knie und sprach ein Gebet, bat seinen Gott um Vergebung und Erlösung. Er betete für die Seele des Mannes, den er getötet hatte und für seine eigene. Er betete, bis ein Lichtstrahl ihn von oben traf, vermischt mit dem Dröhnen von Rotorblättern. Laurenz schaute auf in das gleißende Licht und sah die Silhouette des Hubschraubers über sich schweben, gleich neben der Statue des Erzengels Michael.
    »Keine Bewegung!«, brüllte ihm eine sehr irdische Lautsprecherstimme von oben zu. »Legen Sie das Schwert weg! Sie sind verhaftet!«

XCI
    18. Mai 2011, Nekropole, Vatikanstadt
    Wie lange rennst du ihm schon hinterher?
    Peter wusste es nicht. Er hatte inzwischen jedes Zeitgefühl und jede Orientierung verloren, genauso wie den Glauben daran, dass irgendwo über ihm noch eine Welt existierte. Dennoch stolperte er weiter den Schritten und dem Keuchen einer Gestalt hinterher, die er nie zu fassen bekam. Wie in einem Albtraum, der niemals enden würde. Endlose, verwinkelte Gänge und steile Treppen, die immer tiefer hinab führten. Immer tiefer.
    Aber er lief weiter, folgte den Schritten seines Bruders, der die siebte Ampulle bei sich trug. Er taumelte durch den Albtraum seines Lebens, stolperte durch das Gespinst seiner Ratlosigkeit und das Dickicht seiner Erinnerungen, das mit jeder Entdeckung in den letzten Wochen nur dichter und undurchdringlicher geworden war. Mit jeder Antwort wucherten neue Fragen hervor, wie Häupter einer monströsen, unbesiegbaren Hydra. Also konnte man genauso gut weiterzulaufen. Taumeln. Stolpern. Rennen. Laufen. Weiterlaufen.
    Weiterlaufen. Weiter. Laufen.
    Geradewegs in die Falle.
    Für einen fatalen Moment fiel Peter nicht auf, dass er Nikolas’ Schritte nicht mehr hörte. Er rannte einfach geradeaus weiter, ohne das Gitter neben sich zu bemerken. Als er in die kleine Krypta stürmte und gegen eine Wand prallte, war es schon zu spät. Ein metallisches Geräusch. Peter wirbelte herum und feuerte blindlings zweimal in die Dunkelheit. Im Aufblitzen des Mündungsfeuers erkannte er ein Gitter, das hinter ihm zuschlug. Ein Schloss schnappte zu. Peter feuerte erneut, doch die Hülse klemmte im Lauf fest. Er stürzte zu dem Gitter und rüttelte an den Eisenstäben. Keine Chance.
    »Nikolas!«, brüllte er in das Dunkel. »NIKOLAS!«
    Keine Antwort. Nur ein heiseres Husten. Peter kämpfte die Panik nieder, die ihn schlagartig würgte.
    »Es ist aus, Peter.« Die Stimme seines Bruders klang gepresst.
    »Warum, Nikolas? Warum die Kirche?«
    »Es geht um etwas Größeres, Peter.«
    »Um was?«
    Nikolas schwieg. Peter konnte seine gekrümmte Gestalt hinter dem Gitter erkennen.
    »Es gibt einen Weg, Nikolas. Lass uns zusammen hier rausgehen.«
    Er hörte seinen Bruder leise lachen. »Wie naiv du bist, mein Bruder. Du enttäuschst mich. Warum bist du mir nur gefolgt? Ich habe dich doch gerettet. Zweimal.«
    »Du hast mich lebendig begraben!«
    »Aber zusammen mit dem Licht. Das Licht hat das Virus deaktiviert. Ich habe dich geheilt, Bruder.«
    »Soll ich dir jetzt etwa dafür danken?«
    Nikolas antwortete nicht mehr. Peter konnte ein leises Stöhnen hören. Offenbar hatte es ihn doch schwerer erwischt.
    »Unsere
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