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Apocalypsis 1 (DEU)

Apocalypsis 1 (DEU)

Titel: Apocalypsis 1 (DEU)
Autoren: Mario Giordano
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der Kardinal in der Nacht das Gästehaus verlassen hatte, noch wusste man, wo er war. Es gab keinen Brief, keine Erklärung, keine Spur. Selbst die Spezialisten der römischen Gendarmerie fanden keinen Hinweis auf eine Entführung. Die Kleidung des Kardinals hing ordentlich im Schrank, Menendez selbst schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
    Gleichzeitig sickerten beunruhigende Gerüchte ins Gästehaus. Der Kommandant der Schweizergarde sei in der Nacht in einem Krankenhaus verhaftet worden. Ebenso wie Franz Laurenz, der zurückgetretene Papst. Die Gerüchte verdichteten sich zu wilden Spekulationen um Mord und Verschwörung. Viele der Männer in purpurnen Soutanen beteten, einige weinten sogar.
    »Wir müssen das Konklave unterbrechen, bis diese Dinge geklärt sind!«, forderte Kardinal Molohan aus Dublin mit dröhnender Stimme und heizte die allgemeine Erregung damit nur noch an.
    »Nein!«, rief Kardinal Alberti, der den Moment seines Lebens gekommen sah. »Wir sind angetreten vor Gott, um einen Papst zu wählen. Und genau das werden wir tun. Wozu gibt es ein Konklave? Damit wir vor Gott und nur vor Gott eine Wahl treffen, unberührt vom Treiben der Welt ringsum. In der Geschichte der Kirche hat es viele Konklave gegeben, umbrandet von Intrigen und Krieg. Es ist unsere heilige Pflicht, diese Wahl zu Ende zu führen. Indem wir das Konklave fortsetzen, senden wir eine Botschaft an alle Gläubigen in der Welt: Wir sind stark! Unsere Kirche ist stark!«
    Die ungewohnt herrische Ansprache verfehlte ihre Wirkung nicht. Die Kardinäle schwiegen in Zustimmung.
    »Lasset uns beten!«, rief Kardinal Alberti. Er war nun überzeugt, dass er den nächsten Wahlgang gewinnen würde.
    Wenig später schritten die nunmehr hundertsiebzehn Kardinäle von der Casa di Santa Marta hinüber zur Sixtinischen Kapelle, um die Wahl des neuen Papstes fortzusetzen. Jeder von ihnen spürte die gleiche Beklommenheit in seinem Herzen, die gleiche namenlose Verzagtheit, die auch die Menschen auf dem Petersplatz ergriffen hatte. Keiner der Kardinäle ahnte jedoch, dass ihr Schicksal und das der Kirche in diesem Augenblick nicht in der Sixtinischen Kapelle entschieden wurde, sondern tief unter ihr, in den Eingeweiden des Vatikans. Jenem verdammten Ort, den ein Mann namens Petrus vor zweitausend Jahren entdeckt und mit einem blauen Amulett für alle Zeiten versiegelt hatte.
    »Peter! Peter, wo sind Sie?«
    Die Stimme schreckte ihn aus der Apathie, die ihn seit Stunden umklammert hielt und dabei war, ihm die letzte Lebenskraft abzupressen, den letzten Funken Hoffnung.
    Peter Adam löste sich mühsam aus der gekrümmten Haltung, in der er die letzten Stunden verbracht und auf das Ende gewartet hatte, und lauschte in das Dunkel.
    »Peter!«
    Eine zweite Stimme. Näher jetzt. Vertraut.
    Maria. Komm nicht näher, Maria.
    Nur langsam tropfte die Erkenntnis in sein Bewusstsein, dass diese Stimmen keine weiteren Sinnestäuschungen waren, keine neuen Ausgeburten seiner überreizten Phantasie. Diese Stimmen waren real, greifbar. Und sie kamen näher.
    »Peter, bist du da?«
    »Hier bin ich!« Seine Stimme zunächst nur ein Krächzen. Peter musste heftig schlucken, sammelte den letzten Rest an Speichel, den er noch aufbrachte, räusperte sich und brüllte los, so laut er noch konnte.
    »HIER BIN ICH! HIER! HIER!«
    Hastige Schritte. Und dann – dann stand sie am Gitter. Ein wunderbarer, duftender Schatten, ein Glimmen der Hoffnung inmitten der größten Verlorenheit.
    »Maria!« Peter stammelte ihren Namen, streckte seine Hand durch die Gitter, um sie zu berühren. Erst als sie seine Hand ergriff, glaubte er, dass sie es wirklich war.
    Jemand rüttelte an dem Gitter. Peter erkannte jetzt auch Laurenz neben Maria.
    »Wo … waren Sie?«, krächzte Peter.
    »Wir wurden leider aufgehalten. Ohne meine Freunde in Jerusalem und Mekka hätten wir’s nicht geschafft. Hat Nikolas Sie da eingesperrt?«
    Peter krächzte irgendetwas.
    »Warum hat er Sie nicht getötet?«
    »Papa, was soll das! Er lebt!«
    Peter zeigte Maria und Laurenz seine linke Handfläche, die jetzt heller als zuvor glühte. Maria stieß einen Laut des Entsetzens aus.
    »Was, in Gottes Namen, ist das?«
    »Die Bombe«, erklärte Peter heiser. »Sie wird bald hochgehen. Bringt euch in Sicherheit.«
    »De manu mercurii!«, flüsterte Laurenz. »Die Prophezeiung des Malachias für mich. Aus Merkurs Hand. Oder auch: aus der Hand des Quecksilbers. Mein Gott!«
    Er wirkte verzweifelt.
    »Sie hätten es
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