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Apocalypsis 1 (DEU)

Apocalypsis 1 (DEU)

Titel: Apocalypsis 1 (DEU)
Autoren: Mario Giordano
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letzten Papstes, kniete vor dem Kardinaldekan, sichtlich bewegt durch das Vertrauen des Kardinalskollegiums und die Last des Amtes, das ihm bevorstand. In den letzten Wochen war er zum Medienstar aufgestiegen. Don Luigi, der Mann, der die Kirche vor dem Anschlag einer okkulten Sekte gerettet hatte, die es trotz höchster Sicherheitsvorkehrungen geschafft hatte, eine Bombe in den Vatikan zu schmuggeln. Urs Bühler, Kommandant der Schweizergarde, der das Schlimmste unter Einsatz seines Lebens verhindert hatte, wurde als Held gefeiert und nahm kurz darauf seinen Abschied. Er kündigte an, sich zukünftig nur noch um seine behinderte Schwester kümmern zu wollen. Die Weltöffentlichkeit erfuhr niemals, dass Urs Bühler kurz vor seiner Festnahme im Krankenhaus sechs Ampullen mit einer rötlich-leuchtenden Substanz an eine japanische Wissenschaftlerin übergeben hatte, die den brisanten Stoff wenig später mit einem einfachen Verfahren neutralisierte.
    Als Drahtzieher galt nach ersten, vorläufigen Ermittlungen ein deutscher Journalist namens Peter Adam, der bei dem Anschlag selbst offenbar ums Leben gekommen war. Seine Motive blieben im Dunkeln. Die Experten rätselten auch über die Art des Sprengstoffes, der die Wucht einer kleinen Atombombe hatte. Das italienische Verteidigungsministerium konnte jedoch keinerlei Radioaktivität messen. Mysteriös blieb auch die Verwicklung des zurückgetretenen Papstes Johannes Paul III. in den Anschlag, der kurz zuvor in Rom aufgetaucht und offenbar ebenfalls in den Trümmern der Sixtinischen Kapelle umgekommen war. Allerdings hatte man bislang weder seine Leiche noch Teile davon bergen können. Ebenso wenig wie die zerschmetterte und verstümmelte Leiche eines Mannes namens Aleister Crowley. Über eine junge Nonne namens Maria, die seit dem Anschlag ebenfalls als verschollen galt, berichteten die Medien erst gar nicht mehr. Sie galt nur als ein weiteres der vielen tausend Opfer des Anschlags.
    Vieles blieb im Dunkeln, bedeckt vom Staub des zerstörten Petersdom. Die Ermittlungen kamen nur schleppend voran. Immer deutlicher schien sich jedoch abzuzeichnen, dass es sich bei der okkulten Sekte namens Temple of Equinox um eine kleine Gruppe radikalisierter Kirchenfeinde handelte. Die italienische Polizei präsentierte bereits erste Verdächtige.
    »Ja, ich nehme die Wahl an!«, sagte Don Luigi mit fester Stimme. Und wie es der Anstand gebot, fügte er eine Formel hinzu, mit der er seine Unwürdigkeit gegenüber diesem höchsten Kirchenamt bekundete: »Ich bin in die Tiefe des Meeres geraten, die Flut verschlingt mich. Armselig bin ich und schwach, ich vernehme deine Stimme, oh Herr, mit Furcht und Zagen.«
    »Q uo nomine vis vocari ?«, fragte der Kardinaldekan daraufhin. »Wie willst du dich nennen?«
    Don Luigi blickte über die Trümmer der Sixtinischen Kapelle und weiter zu der Ruine des Petersdom hinüber, die wie verstümmelter Zahn aus Schutt und Trümmern ragte.
    »Viele Prophezeiungen haben sich erfüllt«, sagte er leise und überraschend statt einer Antwort. »Aber die Kirche ist dennoch nicht untergegangen. Zum Zeichen unserer Stärke und der Erneuerung unserer Kirche will ich mich also nennen: Petrus II.!«
    – ENDE –
     
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    Von: [email protected]
    An: [email protected]
    29. Juni 2011 13:14:05 GMT+01:00
    Betr.: Bericht_001
    Die Suche läuft.
    Hoathahe Saitan!
    P. II.
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EPILOG

 
    20. Mai 2011, Insel Sylt, Deutschland
    D er Nebel, der von der Nordsee her ins Land kroch und auf den Dünen lastete wie ein großes Unheil, erstickte jeden Laut, jede Bewegung. Die einsetzende Ebbe ließ Hunderte von toten Tausendfüßlern am Strand zurück, und der Geruch des Standhafers und der Hagebuttenbüsche, die Klage einer verlorenen Möwe wirkten wie die letzten Zeichen von Leben. Kein Windhauch verwehte die klammfeuchten Schwaden, die sich träge im Dünengras verfingen und sich immer dichter zusammenballten. In wenigen Stunden würde die Sonne den Nebel vollständig wegheizen und Platz schaffen für Urlauber und Wochenendausflügler, die auf befestigten Bohlenwegen durch die hellen Sanddünen spazieren konnten. Jetzt aber, so früh am Morgen, war die Sonne nur ein kalter, blasser Fleck, irgendwo über dem Watt am nördlichsten Ende Deutschlands.
    Vom Ersten Weltkrieg bis in die fünfziger Jahre war der Ellenbogen auf Sylt Militärgebiet gewesen. Noch bis in die achtziger Jahre hatte die NATO die Landzunge am Nordende der Insel im Oktober und November als
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