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Apocalypsis 1 (DEU)

Apocalypsis 1 (DEU)

Titel: Apocalypsis 1 (DEU)
Autoren: Mario Giordano
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eine Art Zünder des Roten Quecksilbers sein musste.
    Und es konnte dich heilen.
    Bühler steckte eine Ampulle nach der anderen ein und trat so lange auf die Kästchen ein, bis das blaue Licht erlosch. Sechs Kästchen. Sechs Ampullen, die in der Dunkelheit rötlich glimmten, wie bizarre fluoreszierende Wesen aus der Tiefsee, aufgeladen von einem blauen Licht.
    Sechs Schalen des Zorns. Eine fehlte noch.
    »Stopp! Still!«
    Bühler machte ein Zeichen und schaltete sofort seine Lampe aus. Peter versuchte, flach zu atmen, und lauschte ebenfalls in die Dunkelheit. Dann hörte er die Schritte. Ganz deutlich. Er zeigte nach links, wo man einen Durchgang mit einem spätrömischen Relief erkennen konnte, hinter dem es steil abwärts ging. Ein schwacher Lichtschimmer schwappte zu ihnen herauf.
    Bühler entsicherte seine Waffe und ging voraus. Peter sah, wie die Gestalt des Oberst den Durchgang passierte. Dann hörte er plötzlich einen erstickten Laut. Ein Schuss zerplatzte ohne Echo in der stickigen Luft. Maria stieß einen kurzen Schrei aus. Peter wandte sich zu ihr um.
    »Geh zurück«, flüsterte er. »Leise!«
    »Peter? Bist du da?«, hörte er jetzt eine vertraute Stimme hinter dem Durchgang. »Peter!«
    Peter antwortete nicht. Er hörte Keuchen hinter dem Durchgang und dann Schritte, die sich rasch entfernten. Der schwache Lichtschein erlosch.
    »Geh zurück, Maria!«, flüsterte Peter eindringlich. »Bitte! Versteck dich in einer der Kammern.«
    Sie schüttelte energisch den Kopf. Peter sah die Verzweiflung in ihrem Gesicht. Und noch etwas anderes. Zum ersten Mal erkannte er, wie sehr sie ihn wirklich liebte. Er beugte sich vor uns küsste sie. Dann kroch er vorsichtig auf den Durchgang zu, bis er Bühlers Gestalt auf der steilen Treppe erkannte. Der Schweizer stöhnte.
    »Wo hat er Sie erwischt?«
    »An der Schulter. Aber ich glaube, er hat auch was abgekriegt.«
    Trotz der Dunkelheit erkannte Peter eine klaffende Schnittwunde an Bühlers Schulter, die heftig blutete.
    »Wo ist er jetzt?«
    »Weg, glaube ich. Er hatte es eilig.«
    Peter wollte dem Schweizer aufhelfen. »Ich bring Sie hier raus, Bühler.«
    Doch der Oberst wehrte den Griff ab. »Lassen Sie das. Hier …« Er drückte Peter die SIG in die Hand. »Ich bringe die Ampullen hier raus. Holen sie sich die siebte und machen Sie den Bastard kalt. Auch wenn’s Ihr Bruder ist.«
    »Geh schon, Peter!« Marias Stimme ganz nah. Rau und verändert, wie von einem anderen Menschen. Sie beugte sich über den Oberst. »Können Sie aufstehen?«
    In der Dunkelheit roch er den Duft ihrer Haare unter der Haube, spürte die Wärme, die ihr Gesicht abstrahlte. Es schien das Einzige, das diese entsetzliche Dunkelheit noch davon abhalten konnte, ihn zu erdrücken. Mühsam richtete Peter sich auf.
    »Ich liebe dich, Maria.«

XC
    18. Mai 2011, Castel Sant’Angelo, Rom
    S ein hebräischer Name bedeutete Wer ist wie Gott? , und diese Frage schleuderte er mit Donnerstimme allen Feinden des Herrn, allen Zweiflern und Hochmütigen entgegen. Der Erzengel Michael zog sein Schwert, um die Dämonen abzuwehren, die aus den Tiefen der Hölle empordrängten, um die Kirche Gottes zu vernichten. Allein und mit weit ausgebreiteten Flügeln machte er sich bereit zum Kampf gegen das Böse, das aus seinem Jahrtausendschlaf erwacht war. Besprüht vom goldenen Licht der Natriumscheinwerfer stand der Erzengel Michael auf der Spitze der Engelsburg, eingefroren in einer ewigen, unerschütterlichen Geste, Symbol einer wehrhaften Kirche. Er hielt Wache über dem nächtlichen Rom, der ewigen Stadt, die mit ihren Autos, Taxis, Motorini , Essensdüften und dem Gelächter seiner Bewohner achtlos um ihn herumbrandete, nicht ahnend, in welcher Gefahr sie schwebte.
    Der Mann in der Mönchskutte, der dem Ruf des Erzengels folgte, fühlte sich gerade unsagbar klein und schwach. Ein Moment des Zauderns überkam ihn beim Anblick der Engelsstatue. Das Gefühl, es nicht schaffen zu können. Doch der Erzengel hatte ihm im Inferno von Kampala beigestanden, also durfte er sich seinem Ruf jetzt nicht entziehen. Auch wenn er seinen Glauben dafür verraten und töten musste. Er hatte keine Wahl.
    Franz Laurenz verbarg den kostbaren Saif unter der Mönchskutte und eilte durch den Passetto di Borgo. Der arabische Krummsäbel war über 400 Jahre alt, eine einseitig geschliffene Klinge aus hundertfach gefaltetem Damaszenerstahl, in der Form fast wie ein japanisches Katana, und verziert mit einem eingeätzten Spiralsymbol.
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