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Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie

Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie

Titel: Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie
Autoren: Ivy Paul
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    Mit Geld kannst du ein Haus kaufen – aber kein Zuhause.
Mit Geld kannst du eine Uhr kaufen – aber nicht die Zeit.
Mit Geld kannst du ein Bett kaufen – aber keinen Schlaf.
Mit Geld kannst du ein Buch kaufen – aber kein Wissen.
Mit Geld kannst du einen Arzt kaufen – aber nicht Gesundheit.
Mit Geld kannst du eine Position kaufen – aber nicht Respekt.
Mit Geld kannst du Blut kaufen – aber nicht Leben.
Mit Geld kannst du Sex kaufen – aber nicht Liebe.
    Aus China
     
     
    Prolog
     
    Unzählige Kerzen tauchten den Saal in warmes, goldenes Licht. Die Bewegungen der Menschen, die lachten, umhergingen und tanzten, brachten den Feuerschein zum Flackern, und das fröhliche Hüpfen der Flammenzungen traf auf die Kristalle der Leuchter, welche die Lichter reflektierten. Durch die offenen Balkontüren drang laue Abendluft, die sich mit dem Duft der Blumen mischte.
    Anna nieste, und ihre Mutter Amelia bedachte sie mit einem bösen Blick. Lady Cowper, mit der sich die Mutter angeregt unterhielt, bekam nichts von Annas Fauxpas mit.
    Anna zupfte an ihrer weißen Seidenschärpe und trat zurück. Zwischen den hohen Topfpflanzen hoffte sie, mit der Wand zu verschmelzen. Heute war ihr Debüt, und einzig der Tatsache, dass die Patroninnen von Almack’s ihre Tanzkarte füllten, verdankte sie es, dass sie überhaupt aufs Parkett geführt wurde. Oft genug erklärte ihr der gleichaltrige Henry Wiggum, wie unansehnlich sie sei. Lang und dünn, mit signalrotem Haar gestraft, bezirzte sie allenfalls einen Leuchtturmwärter.
    Ihre Mutter entdeckte sie zwischen den Pflanzen und warf ihr einen auffordernden Blick zu. Seufzend trat Anna einen Schritt nach vorn. Sie fühlte Augen auf sich ruhen und erspähte einen freundlich dreinblickenden Herrn in schwarzem Frack aus Stricktuch und Culotte, der sie beobachtete.
    Er lächelte ihr zu und ging zu Lady Cowper, um ein paar Worte mit ihr zu wechseln.
    Anna lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Tanzfläche und betrachtete die Tanzenden.
    „Meine Liebe?“ Sie sah Lady Cowper vor sich, den Gentleman im Schlepptau. „Ich möchte Ihnen jemanden vorstellen: Anna Drysdale, Sir Winston Heggs.“ Emily Lamb, Lady Cowper, machte eine elegante Handbewegung.
    Mr. Heggs deutete eine Verbeugung an, und Anna knickste.
    „Erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Sir.“
    „Ihr seid die Tochter von Ernest Drysdale, Earl of Munthorpe?“
    „Seine Stieftochter.“
    Mr. Heggs nickte und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. „Ich kenne Euren Stiefvater, vortrefflicher Bursche.“
    „Danke, Sir.“ Annas Herz klopfte. Sie war es gewohnt, mit älteren Herrschaften zu sprechen. Doch ab heute würde es anders sein. Als Debütantin war sie auf dem Heiratsmarkt. Sie würde sich künftig fragen, ob der nette Herr, der ihr zunickte, der mit ihr sprach, nicht am nächsten Tag bei ihrem Stiefvater um ihre Hand anhielt. Mr. Heggs schien ihre Furcht zu spüren und wandte sich an Lady Cowper: „Wenn Ihr mich entschuldigen würdet?“ Er nickte Anna beruhigend zu. „Ich habe einen alten Freund entdeckt.“
    Sobald die Aufmerksamkeit von Lady Cowper und Annas Mutter ihrem Gespräch galt, atmete Anna erleichtert aus. Die Erzählungen ihrer Freundin Sophie Burton über deren Debüt letztes Jahr, klangen bedeutend aufregender. Und auch ihre Brieffreundin Jane hatte vollkommen andere Erwartungen in Anna geweckt.
    Sie sah auf die Tanzfläche und wippte mit dem Takt der Musik, als sie die Präsenz eines Mannes fühlte. Sie zweifelte an ihrem Verstand. Die Augen sahen, die Ohren hörten, die Nase schnupperte, der Mund schmeckte. Aber niemals, wirklich niemals konnte man die Gegenwart eines Menschen erahnen! Und doch, seine Präsenz war so stark, dass sie nervös aufsah. Sie entdeckte ihn augenblicklich: Er durchquerte den Saal mit festem Schritt. Sein Haar war lang, viel länger als das der anderen anwesenden Männer, und von einem tiefen Schwarz. Seine dunklen Augen durchsuchten den Raum mit einer Intensität, wie Anna sie nie zuvor bemerkt hatte. Sie blinzelte. Der Mann hatte etwas Wildes und Exotisches an sich, das sie nicht richtig definieren konnte.
    Annas Füße trugen sie wie von selbst in die Richtung, auf die der Unbekannte zusteuerte.
    „Wo willst du hin, Anna?“ Die Stimme ihrer Mutter brach den Bann, und Anna brauchte ein paar Sekunden, um sich zu sammeln.
    „Auf den Balkon, ich möchte an die frische Luft.“
    Lady Cowper nickte zustimmend.
    „Aber bleib in Sichtweite.“
    „Ja, Mutter.“
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