Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
mir annehmen … schlafen Sie erst einmal richtig aus. Vielleicht hören die Albträume ja auf, jetzt, wo Sie an Land sind.«
    Maistowe sah sie einen Moment lang fassungslos an, dann fuhr er auf dem Absatz herum und lief so schnell die Planke wieder hinauf, dass es schon fast wie eine Flucht aussah.
    Bast sah ihm mit einer Mischung aus noch immer anhaltender Verwirrung und leiser Amüsiertheit nach, erteilte sich selbst in Gedanken aber auch zugleich einen sanften Tadel. Solche kleinen Triumphe wie dieser waren nicht nur billig, sondern nur allzu oft schädlich oder gar gefährlich. Aber sie hatte der Verlockung einfach nicht widerstehen können … und der Ausdruck von Schrecken und Hilflosigkeit auf Maistowes Gesicht gerade entschädigte sie zwar nicht für alles, was sie auf dieser Reise erlitten hatte, aber für vieles.
    Sie wartete noch einen Moment, bis Maistowe aus ihrem Sichtfeld verschwunden war, bevor sie sich umdrehte, um nach den Männern mit ihrem Gepäck Ausschau zu halten, von denen der Kapitän gesprochen hatte.
    Fast zu ihrer Überraschung entdeckte sie sie sofort. Am anderen Ende des Schiffes war eine zweite, breitere Planke zum Pier heruntergelassen worden, die auf einer Seite so etwas wie ein Geländer aus grobem Tauwerk hatte und auf der sich eine kleine Karawane von gleich vier Matrosen bewegte, die mit ihrem Gepäck beladen waren – ein Koffer pro Mann, was Bast einigermaßen lächerlich vorkam, denn so voluminös oder schwer waren ihre Gepäckstücke nun wirklich nicht. Ein fünfter Mann mit vollkommen leeren Händen, dafür aber umso wichtigerem Gebaren, eilte ihnen voraus und verschwand mit weit ausgreifenden Schritten in der wuselnden Menge, die den Pier bevölkerte.
    Bast runzelte die Stirn, konnte aber zugleich ein amüsiertes Lächeln nicht ganz unterdrücken. Vielleicht hatte Maistowe ja – wenn auch ein bisschen zu spät – eingesehen, dass er es ein wenig übertrieben hatte, und meinte nun, irgendetwas wiedergutmachen zu müssen. Ihr sollte es recht sein. Je eher sie von hier wegkam, desto besser.
    Sie folgte der kleinen Gruppe, während sie sich ihren Weg durch die Menschenmenge bahnte, die das angelandete Schiff nahezu ebenso aufgeregt und lärmend belagerte wie die Möwen oben in der Luft – und vermutlich aus ganz ähnlichen Beweggründen –, und griff gleichzeitig zum Ausschnitt ihres Kleides, um den Anhänger zu verbergen. Allerdings führte sie die Bewegung nicht zu Ende. Maistowe hatte zweifellos recht, aber es gab da ein paar Dinge über sie, die er ebenso zweifellos nicht wissen konnte. Sollte ihr auffälliger Schmuck tatsächlich jemanden dazu provozieren, ihr aufzulauern und sie zu überfallen … nun, umso besser.
    Sie ließ die Hand wieder sinken und beschleunigte ihre Schritte und hätte die Männer binnen weniger Augenblicke eingeholt, hätte sie in diesem Moment nicht zum dritten Mal jenes schrille, unheimliche Kreischen gehört. Unschlüssig und ebenso davon überzeugt, auch jetzt wieder dem Kreischen einer Möwe aufgesessen zu sein, wie wenig geneigt, sich vor sich selbst zum Narren zu machen, verhielt sie im ersten Moment nicht einmal im Schritt und setzte im Gegenteil sogar dazu an, trotzig schneller zu gehen. Aber irgendetwas … änderte sich. Sie konnte nicht wirklich sagen, was. Vielleicht ein Wandel im Muster der nur scheinbar willkürlichen Bewegung auf dem Pier ringsum, die in Wahrheit einem wohl geordneten Ablauf folgte, ohne dass sich einer der daran Beteiligten seiner auch nur bewusst war, vielleicht ein erschrockenes Zusammenzucken, das sie aus den Augenwinkeln heraus wahrnahm, das fragende Hochziehen einer Augenbraue, ein überraschter Blick oder auch nur ein vages Gefühl von Erstaunen, das sie auffing.
    Was immer es war, es ließ sie herumfahren, in einer so blitzartigen, schnellen Bewegung, wie sie noch keiner der Menschen auf dem Pier ringsum je gesehen hatte, geschweige denn nachvollziehen konnte.
    Und dennoch war sie nicht schnell genug.
    Es war tatsächlich der Schrei einer Möwe gewesen, der in diesem Moment hoch über ihr am Himmel ein weiteres Mal erklang; vielleicht nichts als ein purer Zufall, vielleicht tatsächlich eine Warnung, von wem auch immer geschickt. Der Falke selbst griff vollkommen lautlos an, eine schwarze Pfeilspitze, die direkt aus der Sonne heraus auf sie zielte.
    Bast duckte sich im allerletzten Moment und entging so den schrecklichen Raubvogelkrallen, die nach ihren Augen hackten, nicht aber dem Schlag der schwarzen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher