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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020
Autoren: Alexander Kröger
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die Antarktis den Medizinern vorbehalten zu sein.«
    Ohne auf seine Anspielung einzugehen, fragte sie: »Sie nehmen dort eine leitende Stelle ein?«
    Würde ich gern, dachte er. »Das ist zuviel gesagt«, bemerkte er bescheiden, »ich soll da hineinqualifiziert werden – in die wissenschaftliche Arbeit.«
    »Da werden Sie sich in Zukunft öfter mit solchen Objekten wie das in TITANGORA zu befassen haben? Ich habe da neulich gelesen, daß im Ozean eine Station zur Wasserverhüttung…«
    »… enterzung und anderes«, unterbrach er sie.
    »… ja richtig, Enterzung, eingerichtet wird. Und auf dem Mond spielt Ihr Kombinat doch auch eine Rolle?« Sie hatte schnell gesprochen, saß nur noch auf der Kante des Sessels, so weit war sie an Thomas herangerutscht.
    Er freute sich über ihre Anteilnahme und legte sich zurecht, was er ihr wohl alles sagen und welche Rolle er sich dabei zuordnen könnte. Ich werde ihr natürlich verschweigen, nahm er sich vor, daß es im Kombinat auch Tätigkeiten gibt, die sich zwar irgendwie mit diesen Objekten befassen, aber von einem Berliner Schreibtisch aus, und daß die Bearbeiter die Objekte ihr Leben lang nicht zu sehen bekommen. Nicht sagen werde ich ihr auch, daß ich mir gerade so eine Tätigkeit gewünscht habe.
    »In die Ozeanstation muß ich übrigens während meiner zweiten Praktikumsetappe…« Und Thomas begann zu erzählen von allem, was er wußte und nicht wußte im Zusammenhang mit diesen Objekten. Sehr eingehend informiert war er nicht, da er annahm, er habe für derartiges nach Antritt seiner Tätigkeit genügend Zeit. Und er wunderte sich, wie begeistert er von seinem Praktikum sprach. Am Ende glaube ich noch selber, daß es eine wunderbare Sache ist, dachte er.
    Der Automat schickte entlang der Versorgungsschiene einen Imbiß. Während des Essens plauderten sie weiter. Thomas erfuhr, freimütig von der anderen Evelyn erzählt, daß ihr Vater Vorsitzender einer landwirtschaftlichen Kooperation sei, daß sie zwei jüngere Schwestern habe und einen älteren Bruder.
    Von ihrer Aufgeschlossenheit wurde Monig angesteckt. Er erzählte Geschichten aus seiner Studentenzeit, darauf bedacht, sich ein wenig in den Vordergrund zu spielen. Und er übernahm freizügig studentische Anekdoten in seine Erlebnisberichte.
    Sie lachte, zeigte dabei ihre schönen Zähne, und Thomas wuchs als Unterhalter über sich selbst hinaus. Sie waren beide erstaunt, als der Automat zu surren begann und ihnen die Gurte umlegte. Das Flugzeug setzte zur Landung in Scheremetjewo an.

III
    Bei seiner Ankunft in TITANGORA beschlich Thomas Monig doch ein eigenartiges Gefühl. Er hatte wirklich geglaubt: Was kann an einer solchen Grube schon Besonderes sein. An die hundert Bergwerke hatte er gesehen, Erz-, Salz- und Kohlegruben, feuchtkalt oder heiß und staubig. Nur weil hier ein überdimensionaler Stollen im Eis vorgetrieben wurde, sollte es anders sein? Und doch wirkte die ganze Atmosphäre auf Thomas unwirklich:
    Die Landung auf der glitzernden Schneefläche, das unwahrscheinliche, für Thomas völlig neue Farbenspiel in den Zirruswolken, stechendes Weiß, vermummte Gestalten. Die nächste Umgebung verschwamm in den Frosttränen, die ihm in die Augen stiegen. Sein Gesichtsfeld war durch den Pelzkragen eingeengt. Dennoch suchte er mit den Blicken am Rande des Flugfeldes nach etwas Gewaltigem, Einzigartigem, nach etwas, das den Mühen entsprach, die das Praktikum ihm brachte. Weil er es nicht sah, überfiel ihn Angst, Angst vor künftigem Alleinsein, trotz der etwa dreißig Menschen um ihn, der Neuangekommenen und der, die zur Begrüßung zum Flugzeug gekommen waren.
    Er schritt mit den anderen im Gänsemarsch auf einige Hügel zu. Über schwarzen, aus dem Schnee ragenden Röhren; verankert mit Stahlseilen, stand Dampf, unbeweglich in der kristallenen Windstille. Irgendwo, weit, brummten schwere Motoren. Neben dem Trampelpfad ein eisüberkrustetes Seil, ehemals als Geländer gedacht, gehalten von Pfählen, jetzt kaum mehr als einen halben Meter über dem Schnee. Sie gingen schweigend, nur der Schnee sang unter den Tritten. Die Wangen begannen zu spannen, an den Wimpern bildete sich Reif.
    Als Thomas gerade anfing, den Komfort auf den internationalen Flughäfen mit der Karg- und Kahlheit dieses Flugplatzes zu vergleichen, der. zu einem der fortschrittlichsten Vorhaben der Menschheit gehörte, kamen sie in einen merklich wärmeren Luftstrom. Der Vordermann verschwand in einem in Schnee und Eis gehauenen Hohlweg
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