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Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner
Autoren: Michael Lewin
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Gesichtsausdruck war der eines zufriedenen Kindes.
    »Raus«, sagte ich.
    »Nein, nein! Es hat alles seine Ordnung, wirklich. Es ist nichts Illegales.«
    Und zum ersten Mal verspürte ich einen Funken von Interesse. Er erweckte den Packen-wir's-an-Detektiv in mir immerhin so weit zum Leben, daß ich fragte: »Sie wollen mich engagieren, das heißt für Geld?«
    »Ja.«
    »Amerikanische Zahlungsmittel?«
    Er setzte sich auf meinen Klientenstuhl und summte vor sich hin.
    Der Packen-wir's-an-Detektiv schloß seinen Schreibtisch auf und suchte seinen Terminkalender, während er über die verschlungenen Pfade nachdachte, auf denen sein Leben ihn just zu diesem Augenblick geführt hatte. Der Packen-wir's-an-Detektiv fragte sich noch einmal, ob Geld wirklich den Aufwand lohnte, es zu verdienen. Aber dann dachte der Packen-wir's-an-Detektiv an das Gesicht, das er bei seiner Flamme verlieren würde, wenn er einen zahlenden Klienten abwies, ohne ihn vorher anzuhören.
    Ich sagte: »Sie sollten besser erklären, worum es eigentlich geht.«
    »Sie müssen zunächst wissen, daß ich ein Poet bin.« Quentin schaukelte mit dem Stuhl zurück und schüttelte sich wieder für einen Augenblick die Haare aus dem Gesicht.
    Der angestaute Stress übermannte mich.
    Ich sagte: »Name: Poet. Also, Herr Poet, wenn ich recht verstehe, wollen Sie von mir, daß ich eine lästige Gemahlin um die Ecke bringe. Wie hätten Sie's denn gern? Gift? Erhängen? Bazooka? Die eigentliche Frage ist, ob Sie sie schnell von ihrem Elend erlösen möchten oder ob Sie die Sache lang und qualvoll gestalten wollen. In letzterem Fall darf ich Ihnen vielleicht einen Tod durch natürliche Umstände empfehlen, denn ich kann mir keine schlimmere Qual für sie vorstellen, als den Tod durch fortgesetzte Ehe mit einem Wichser wie Ihnen.«
    Bei diesen Worten beugte Quentin sich vor. Die Haare fielen ihm wieder übers Gesicht, und ich fragte mich, ob ihr fortgesetzter Anblick mich hypnotisieren würde. »Bitte, Albert!« sagte er. »Ich brauche Ihre Hilfe.«
    Ich wartete. 
    »Ich bin Poet«, sagte er. »In meinem eigenen Land nicht direkt mit Ehren überhäuft, aber auch kein Niemand. Außerdem habe ich ein wenig ererbtes Geld. Und wie das Sprichwort sagt, Geld regiert die Welt, daher war es mir möglich, mich ganz meiner Kunst zu widmen, vorausgesetzt, ich unterdrückte jeglichen Wunsch nach persönlichem Luxus.«
    Er rutschte hin und her, um sich den Luxus größerer Bequemlichkeit auf dem Stuhl zu sichern.
    Ich sagte: »Sprechen Sie weiter.«
    »Vor ungefähr einem Jahr fiel eine meiner Gedichtsammlungen Mrs. Charlotte Vivien in die Hände. Charlotte ist keine große Kennerin der Dichtung, aber sie weiß, was ihr gefällt.«
    »Und Ihre Gedichte gefielen ihr?«
    »Glücklicherweise ja«, antwortete er.
    »Und?«
    »Charlotte ist, wie Sie zweifellos wissen, seit dem Tod ihres Mannes extrem wohlhabend, so daß sie ihren Neigungen nachgehen kann. Sie hat dafür gesorgt, daß ich nach Indianapolis kam. Ich habe ein längeres Autorenstipendium bekommen, von dem jetzt gerade vier Monate abgelaufen sind. Das bedeutet ein paar Workshops in Bibliotheken und Schulen, aber meistens schreibe ich nur.«
    »Das klingt sehr bequem. Also, wo liegt das Problem?«
    »Mein Problem ist, daß ich mich verliebt habe.«
    Damit hatte ich nicht gerechnet. Meine Gedanken hatten sich eher in Richtung, sagen wir, Spielschulden entwickelt.
    »Verliebt zu sein!« Er streckte die Arme aus und blickte zum Himmel empor. Nun ja, zu meiner Decke. Aber zum ersten Mal sah er aus, wie Poeten aussehen sollten. »Ich hätte niemals gedacht, daß mir das bei einer amerikanischen Frau je passieren würde.«
    »In wen genau haben Sie sich denn verliebt?«
    »In Charlotte natürlich. War das gestern abend nicht offensichtlich?«
    »Nicht für mich.«
    »Ah, Sie waren viel zu sehr mit der demütigenden Vorstellung beschäftigt, für die man Sie engagiert hatte.«
    »So wird's wohl sein.«
    »Sie haben Ihre Sache sehr gut gemacht, fand ich. Besonders beeindruckt hat mich Ihre Aura von Weltverdrossenheit - Marke ehrlicher Geselle, der zu außergewöhnlichen Maßnahmen greifen muß, aber immer noch genug Würde behält, um sich nicht restlos zu verkaufen. Sie können meinen Körper kaufen, aber nicht mein Herz. Daß Sie dann in das Fingerabdruckpulver geniest haben, fand ich, war ein beinahe genialer Augenblick. Eine brillante Vorführung mit der Botschaft: ›Ich mag ja ein dressierter Affe sein, aber ich werde
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