Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner
Autoren: Michael Lewin
Vom Netzwerk:
trotzdem nicht nach eurer Pfeife tanzen.‹«
    Ich empfand verschiedene Dinge gleichzeitig, unter anderem auch Überraschung darüber, daß er einer anderen Person als sich selbst soviel Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
    Und dann sagte er: »Es überrascht Sie, daß ich bemerkt habe, was Sie durchmachten, nicht wahr?«
    Unter den gegebenen Umständen blieb mir nichts anderes übrig, als zu sagen: »Ja.«
    »Sie sehen also, wir sind tatsächlich verwandte Seelen, Sie und ich.«
    »Und Sie haben eine Ehefrau, die Sie ermordet haben wollen.«
    »Ja«, sagte er. »Und nein.«
    Ich stieß einen weltmüden Seufzer aus.
    »Ich war immer der Meinung, daß die Poesie der Freiheit bedarf, daher habe ich nie eine Ehe geschlossen.«
    »Sie möchten Ihre Frau ermordet haben, waren aber nie verheiratet?«
    »So ist es.«
    Ich sagte kein Wort. Mein Gesichtsausdruck mag aber durchaus beredt gewesen sein.
    »Wenn ich eine Frau kennenlerne, sage ich immer, ich sei verheiratet. Das beugt zu hohen Erwartungen vor.«
    »Oh.«
    »Aber ich hätte keinen einzigen Augenblick geglaubt, daß diese mittelwestliche Festung selbstgerechten Materialismus eine so durch und durch fesselnde Frau wie Charlotte beherbergen könnte. Ich bin ganz und gar von ihr eingenommen. Also möchte ich heiraten. Ich will heiraten. Daher muß ich zuerst meine ›Frau‹ abstoßen.«  
    »In Ordnung. Erzählen Sie ihr, daß Sie doch nicht verheiratet sind.«
    »Nein.«
    »Zu einfach?«
    »Charlotte ist wohlhabend. Geradezu ordinär reich, um genau zu sein.«
    »Es haben sich schon früher Männer damit abgefunden, daß sie reiche Frauen heirateten.«
    »Ja, aber für Charlotte ist es ein Problem. Hat was damit zu tun, was sie von den Männern denkt. Vor allem von ärmeren Männern. Wie von mir zum Beispiel.«
    »Wie es sich für ein gutes, vernünftiges Mädchen aus Indiana gehört.«
    »Wenn ich ihr meine Liebe erkläre, wird Charlotte vielleicht Nachforschungen über mich anstellen lassen. Das hat sie schon bei anderen Männern getan.«
    »Das Mädel gefällt mir immer besser.«
    »Daher muß ich meine ›Frau‹ auf eine Art und Weise loswerden, die sicherstellt, daß sie nicht als Gespenst wieder auftaucht und mir Schwierigkeiten macht.«
    »Sie haben Angst, vom Geist einer Phantomfrau verfolgt zu werden?«
    »Ich werde mir eine Geschichte über den Tod meiner Frau ausdenken. Aber ich bin kein Geschichtenerzähler. Ich bin Dichter. Also brauche ich Sie, um mögliche Schwächen auszumerzen. Ich möchte, daß Sie das Ganze vom detektivischen Standpunkt aus analysieren. Daß Sie von der Perspektive, aus der ein Detektiv vielleicht arbeiten würde, mögliche Schwächen aufspüren.«
    »Aber können Sie nicht einfach sagen, Ihre Frau wäre plötzlich gestorben, und es dabei belassen?«
    »Ich habe beschlossen«, sagte Quentin, »sie ermorden zu lassen.«
    »Warum?«
    »Weil ich Charlotte dann leid tun werde.«
    »Sie möchten, daß ich Ihnen helfe, einen fiktiven Mord so überzeugend darzustellen, daß die Dame Ihres Herzens irrtümlich solches Mitleid mit Ihnen hat, daß sie Sie heiratet?«
    »Ich weiß, es klingt jämmerlich«, sagte er.
    »Mir gefällt das nicht«, sagte ich.
    »Ich werde Sie gut bezahlen.« Er nahm einen Umschlag aus seiner Tasche. »Ich habe Ihnen einen Vorschuß mitgebracht. Bargeld. So macht man das doch, oder? Damit Sie keine Steuern dafür zahlen müssen. Sind tausend Dollar genug?« Er schob mir den Umschlag über den Schreibtisch.
    »Tausend Dollar? Für so etwas?«
    »Ich weiß, es ist nicht annähernd so viel, wie Sie für gestern abend bekommen haben.«
    »Ich muß darüber nachdenken.«
    »Nun, warum behalten Sie das Geld nicht, bis Sie sich entschieden haben. Sie können es mir ja zurückgeben, wenn Ihre Skrupel es Ihnen verbieten, die Sache zu übernehmen. Minus fünfzig, sagen wir, fürs Nachdenken. Fair? Warten Sie, bis Sie genau wissen, was ich mir ausgedacht habe.«
    Ich dachte darüber nach. Meine Flamme würde sagen: »Fünfzig für nichts.« Ich sagte: »Na schön.«
    »Wunderbar.«
    »Aber die Sache läuft über die Bücher. Und, zu Ihrer Information, ich bezahle meine Steuern.«
    »Abgemacht«, sagte er. »Und, Albert, ich bin sicher, Sie werden gegen das, worum ich Sie am Ende bitte, nichts einzuwenden haben. Solche Dinge weiß ich immer schon im voraus.«
    ›Sie wissen einen Scheißdreck, Poet‹, sagte es in meinem Kopf.
    Ich holte meinen Quittungsblock hervor. Ich zählte das Geld im Umschlag. Zwanzig neue
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher