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Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner
Autoren: Michael Lewin
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sollen wir uns dann wenden?«
    »Ahm, ja.«
    »Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause«, sagte er. Er winkte mich in den Raum.
    Einen Augenblick lang ließ sich schwer sagen, wo ich war. Dann kam ich langsam drauf, daß es sich um ein Büro handeln mußte, denn auf einem Walnußschreibpult in der Ecke blinkte ein Computerterminal. Ansonsten hätte ich auf eine Bar in einem Puff in Nevada getippt. Ungefähr so raffiniert war der Raum eingerichtet.
    »Cognac?« fragte Parkis. Er nahm zwei hohe Gläser von einem Regal mit Goldrand und kehrte mir dann den Rücken zu, um einen kleinen Kühlschrank zu öffnen.
    »Nicht für mich«, sagte ich. »Vielen Dank.«
    Parkis zog einen weißen Kübel heraus und schnippte den Deckel auf. »Eiscreme«, sagte er.
    »Oh.«
    »Ich bin selber Abstinenzler, verstehe Sie also. Mein Drink heißt Eiscreme.«
    In dem Kübel steckte ein Löffel. Parkis ließ zwei große Klumpen in eins der Gläser fallen.
    »Wollen Sie auch was? Vanille.«
    »Nein, danke.«
    Er nickte und schob die Eiscreme wieder in den Kühlschrank. Aber bevor er sich mir wieder zugesellte, goß er noch Cola in sein Glas. Die Flüssigkeit sprudelte über der kälteren Eiscreme auf. Parkis lächelte selbstzufrieden. »Als Kind habe ich das immer eine braune Kuh genannt. Einfach köstlich. Was kann ich für Sie tun, Samson?«
    Ich erklärte ihm, daß ich Unterstützung wollte für den Fall, daß ich zu viel zu tun bekam, um all meine Aufträge selbst erledigen zu können.
    »Kein Problem, was das Personal betrifft«, sagte er. »Ich habe jede Menge Jungs und Mädels, die nur auf Arbeit warten. Aber welche Bezahlung haben Sie sich vorgestellt?«
    Ich erzählte ihm, was ich berechnen wollte.
    »Oje«, sagte er. Er rührte in seiner ›Kuh‹. »Ich nehme an, einige würden es wohl auch dafür tun.« Er dachte noch ein wenig länger nach. Er beschloß, sich einem Rotes-Flüssiges-Zeug-Bruder großzügig zu zeigen. »Ja, ja. Ich werd das Kind schon schaukeln. Wird natürlich nicht mehr viel für Sie übrigbleiben.«
    »Oh.«
    »Ja, ich verstehe - Sie wollen sicherlich den Markt vom billigen Ende her aufrollen und hoffen, daß Sie das später auch an die größeren Sachen heranbringt. Ja, ich verstehe.«
    Er kostete das braune, flüssige Zeug in seinem Glas und fand, es schmecke zu seiner Zufriedenheit.
    *
    Frank hatte in seinem Übereifer etwas durcheinandergebracht. Ich mag zwar keine Sekretärin haben, aber wenn die Leute einen Albert Samson anrufen, haben sie nicht immer den Mann selbst an der Strippe. Manchmal kriegen sie seinen Anrufbeantworter.
    Und zwar ein erstklassiges Modell, das ich mein eigen nenne, seit ich über der Imbißstube eingezogen bin. Es nimmt lange Nachrichten auf. Mit Fernabfrage. Ich kann sogar meinen Ansagetext telefonisch ändern.
    Und das Ding funktioniert.
    Im Laufe der Woche verdiente sich mein Anrufbeantworter seine Elektronen, indem er eine Reihe von Anrufen abfertigte, zu denen auch zwei weitere »Sofort«-Jobs zählten.
    Aber mein Poet ließ nichts mehr von sich hören. Was mir kein großes Kopfzerbrechen bereitete. Vielleicht stellt sich bei so einem Poeten ja eine Schreibblockade ein, wenn er seine fiktive Ehefrau ermorden will.
    Was mich schon mehr überraschte, war die Tatsache, daß ich nichts mehr von Frank hörte. Allerdings veranlaßte mich das nicht, ihn anzurufen.
    Ich hatte die ganze Woche lang beeindruckend und zufriedenstellend viel zu tun.
    Aber am Samstagnachmittag war ich mal wieder in meinem Büro. Mein Zeitplandiagramm zeigte eindeutig, daß ich von fünfzehn Uhr fünfzehn bis fünfzehn Uhr fünfunddreißig Rechnungen schrieb. In Wirklichkeit aber las ich.
    Ein Buch. Nur ein paar Minuten lang. So wie ich es in früheren Zeiten getan habe. Bevor ich ein Verkaufsschlager war.
    Und dann klingelte es an meiner Tür.
    Das überraschte mich. Nicht, weil ich mich etwa nicht langsam an die kleinen Tricks gewöhnt hätte, mit denen die Klienten sich Aufmerksamkeit zu verschaffen suchen, sondern weil ich niemanden die Treppe hatte heraufkommen hören. Es ist zwar eine Außentreppe, aber eine aus Metall, ohne jeden Kompromiß hinsichtlich akustischer Immissionen.
    Ich legte das Buch weg und ging an die Tür.
    Draußen stand eine junge Frau. »Ja?« sagte ich.
    Sie trug einen braunen Mantel, der ihr zwar bis zu den Knöcheln reichte, vorn aber so weit geöffnet war, daß ich die Turnschuhe darunter sehen konnte.
    »Sind Sie … Sind Sie …?« Die Stimme, soweit man es Stimme nennen konnte, kam
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