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Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Titel: Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht
Autoren: Jeanne C. Stein
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nur nicht gesehen, ich habe ihn auch nicht gespürt. Nicht vorher, nicht während des Kampfes und auch nicht hinterher, als ich ihn ausgeblutet habe.«
    »Er hat sich gegen dich abgeschirmt«, erklärt Lance. Er hält mir meinen Becher hin.
    »Bis zum bitteren Ende«, entgegne ich und nehme den Kaffee.
    Lance stößt die Luft aus. »Habt du und David in den nächsten zwei Tagen einen Auftrag anstehen?« Ich schüttele den Kopf. Die Sonne beginnt den Himmel heller zu färben. Er blickt mit zusammengekniffenen Augen hinauf. »Machen wir einen Ausflug«, sagt er.
    »Wohin?«
    »Zu meinem Haus in Palm Springs. Wir können diese Mumie unterwegs irgendwo in der Wüste begraben. Und das Wochenende drüben verbringen.«
    »Ich hole ein Laken.«
    Lance folgt mir nach drinnen. »Und wir fahren mit deinem Auto.« Als ich fragend eine Augenbraue hochziehe, setzt er hinzu: »Der Jaguar hat den größeren Kofferraum.« Doch seine Gedanken sagen: Eine vergammelte Leiche kommt mir auf keinen Fall in den Aston Martin.
    Die Fahrt durch die Wüste am frühen Julimorgen ist einsam und still. Bei Temperaturen von jetzt schon knapp unter dreißig Grad wagen sich nur wenige Leute hinaus. Vampiren können die jedoch nichts anhaben, was Lance und mir erlaubt, mit offenem Verdeck zu fahren und unsere Knochen in der heißen Sonne backen zu lassen.
    Ich fahre. Wir nehmen die Interstate 15 zum Highway 74 – die landschaftlich schönste Strecke, denn die Straße windet sich in Haarnadelkurven die Santa Rosa Mountains hinauf. Dies ist die Landschaft der Klapperschlangen und Kojoten, wüst und einsam, aber schön auf ihre Art. Wir beschließen, an einer Kreuzung vom Highway auf einen nicht markierten Feldweg abzubiegen. Im Herbst und Winter ist das hier ein beliebter Spielplatz für Geländewagenfahrer.
    Im Sommer huschen oder schlängeln die einzigen Besucher außer uns hastig davon, wenn sie das Auto kommen hören.
    Wir fahren meilenweit in die Wüste hinaus. Die unbefestigte Straße ist so viel befahren, dass der Jaguar kein Problem damit hat. Fünfzehn Kilometer vom Highway entfernt halten wir an. Von hier aus werden wir zu Fuß gehen müssen, wenn wir unseren staubtrockenen Freund so begraben wollen, dass er nicht gleich gefunden wird, sobald die Wüste im Herbst wieder zum AllradParcours wird.
    Lance wirft sich den eingewickelten Leichnam über die Schulter. Ich schnappe mir Hacke und Spaten, und wir gehen los, in Richtung einer Gruppe von Felsen in der Ferne. Bisher haben wir schweigend das Geräusch des Wüstenwindes genossen, seinen Duft, das Gefühl, wenn er über unsere Gesichter streicht, und das kehlige Schnurren meines Jaguars in der Stille. Doch jetzt spüre ich Lance sacht in meinen Kopf vordringen.
    Was sollen wir wegen diesem Kerl unternehmen?
    Ich runzele die Stirn. Abgesehen davon, dass wir ihn verscharren? Ich weiß nicht. Was denkst du? Immerhin wäre es möglich, dass er es doch auf dein Auto abgesehen hatte. Vielleicht war er nur ein Dieb.
    Ein Schnauben. Wenn er das Haus auch nur ein Weilchen beobachtet hat, wusste er, dass wir Vampire sind. Nicht gerade schlau, die eigenen Leute beklauen zu wollen.
    Vielleicht war er verzweifelt und hat darin eine Möglichkeit gesehen, schnell an viel Geld zu kommen.
    Lance schüttelt den Kopf . Er war eine alte Seele. Selbst wenn er noch nichts von Zinseszins gehört hätte, wäre er nie in eine so verzweifelte Lage geraten, dass er hätte stehlen müssen. Er hätte einen Menschen dazu verführt, ihn auszuhalten.
    Mir sind die Ausreden ausgegangen. Lance verzichtet auf die logische Schlussfolgerung und lässt den Gedanken stattdessen einfach zwischen uns fallen. Da liegt er nun, bis ich ihn aufnehme und das in Worte fasse, was wir beide denken.
    »Was bedeutet, dass er doch kein Autodieb war. Er hatte es auf mich abgesehen.«
    Kapitel 6
    Das laut auszusprechen, versetzt mich auf der Stelle zurück in den Alptraum von Ortiz’ Tod und Williams’ Drohung. Außer Williams fällt mir niemand ein, der mich so sehr hasst, dass er mich tot sehen will. War das ein Versuch, seine Drohung wahr zu machen?
    Lance liest meine Gedanken. Warum jetzt? Seit dem Brand sind drei Monate vergangen. Und warum sollte er jemanden schicken, um etwas zu tun, das er sicher selbst erledigen will?
    Beides gute Fragen, auf die ich keine Antwort weiß. Ich zucke wegwerfend mit den Schultern und blicke mich nach einer geeigneten Grabstelle um. Wir sind mindestens fünfzehn Kilometer weit vom Auto weg. Der Wind pfeift
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