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Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Titel: Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht
Autoren: Jeanne C. Stein
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das aussieht, als wäre es Stein für Stein aus dem mittelalterlichen Europa hierher transportiert worden. Es reicht vier Stockwerke hoch in den Himmel, gekrönt von Türmchen und einem Ausguck. Das Einzige, was fehlt, ist der Burggraben.
    Lance biegt in die Auffahrt ab, fischt einen Schlüsselbund aus der Tasche und drückt auf eine Fernbedienung. Ein Teil einer Wand gleitet in die Höhe und enthüllt eine Garage dahinter.
    Er fährt den Jaguar hinein und stellt den Motor ab. »Schatz«, sagt er, »wir sind zu Hause.«
    Lance geht voran zu einer Tür am Ende der Garage, die Platz für drei Wagen bietet. Neben meinem Jaguar steht ein kleiner Oldtimer, ein MG-Roadster. Er schimmert unter einem Staubschutz aus hauchzartem Musselin. Noch so ein Jungenspielzeug. Und dann ein lindgrüner Prius. Ein Hybridwagen? Nicht unbedingt das typische Fortbewegungsmittel für Lance. Die Tür zum Haus öffnet sich, ehe wir sie erreichen. Eine kleine, zierliche Frau schießt heraus. Sie trägt einen langen Rock mit Paisley-Muster und eine weiße Baumwollbluse, in der Taille geknotet. Ihr honigblondes Haar ist mit einem Kamm zurückgesteckt. Sie ist barfuß, und das ökologische Naturbewusstsein strahlt ihr aus allen Poren.
    Der Prius.
    Sie stößt ein Quietschen aus und stellt sich auf die Zehenspitzen, um Lance zu umarmen. »Ich freue mich so, Sie zu sehen, Rick. Ich habe Sie vermisst.« Rick?
    Lance lacht und erwidert die Umarmung. »Sie haben mir auch gefehlt, Adele.« Er schiebt sie sacht von sich und greift nach meiner Hand. »Das ist Anna, sie wird ein paar Tage bei uns zu Gast sein. Anna, das ist Adele. Eine liebe Freundin.«
    Adele errötet. Äußerlich würde ich sie auf Mitte vierzig schätzen. Lachfältchen knittern um ihre Augen und umrahmen ihren Mund. Doch ihre Ausstrahlung wirkt wesentlich älter. Ich forsche nach, spüre aber keinerlei übernatürliche Präsenz. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass sie ein gewöhnlicher Mensch ist. Meine Sinne sind automatisch in Alarmbereitschaft. »Rick ist zu liebenswürdig«, sagt sie. »Ich bin die Haushälterin. Wenn ich irgendetwas tun kann, um Ihnen den Aufenthalt hier angenehmer zu machen, zögern Sie bitte nicht, es mir zu sagen.«
    Sie mustert mich mit prüfendem Blick. Ehe ich weiß, wie mir geschieht, hat sie die Hand gehoben und berührt mein Gesicht. »Sehr gute Züge, feine Knochen. Sind Sie auch Model?«
    »Das könnte sie sein«, antwortet Lance und legt mir einen Arm um die Schulter. »Aber ihr Beruf ist viel aufregender. Sie ist Kopfgeldjägerin.«
    Adele macht große Augen. »Wie Dog Chapman? Die Serie schaue ich mir immer im Fernsehen an.«
    Lance schiebt uns alle in Richtung Tür. »So ist es. Sie schnappt böse Jungs, genau wie der Dog.«
    »Äh – nicht genau so.« Die Vorstellung, Adele könnte mich für einen weiblichen Dog halten, der die Bibel zitiert und Kautionsflüchtigen Vorträge über ein anständiges Leben hält, ist absurd. Und David wäre dann wer? Dogs ordinäre, wasserstoffblonde Frau? Das ist mal ein ulkiges Bild.
    Was da zwischen Lance (oder Rick?) und dieser zierlichen Frau hin und her fliegt, macht mich wirr im Kopf. Sie strahlt einen heftigen Beschützerinstinkt aus. Das Ganze hat eine Geschichte, und ich kann es kaum erwarten, sie zu hören.
    Lance lächelt auf mich herab. Das wirst du.
    Adele geleitet uns durch den Eingang in eine Küche von der Größe Rhode Islands. Wir gehen weiter – durch ein Esszimmer, das größer ist als das gesamte Erdgeschoss meines Hauses, und ein Wohnzimmer mit gläsernen Wänden und Blick auf einen Swimmingpool, bis sie schließlich eine weitere Tür öffnet und uns mit einer Geste hereinbittet.
    »Sie sind sicher müde von der Fahrt. Ich habe Ihnen schon etwas zu trinken bereitgestellt. Rick, Sie haben mehrere Telefonnachrichten auf dem Schreibtisch. Die Jungs sind übers Wochenende in der Stadt. Sie feiern heute Abend eine Party im Melvyn’s.« Sie neigt den Kopf zur Seite und mustert mich von oben bis unten. »Ich hoffe, Sie haben Abendgarderobe mitgebracht, Anna.«
    Ein weiterer abrupter Themenwechsel, der mich aus der Spur wirft. Sie rattert wie ein abfahrender Zug, und ich muss nebenherrennen, um ihn nicht zu verpassen. »Abendgarderobe?« Außer der Jeans, die ich trage, habe ich nur noch zwei Shorts und ein paar T-Shirts dabei.
    Adele stürmt mit einer wegwerfenden Geste weiter voran. »Macht nichts. Sie tragen was – Größe sechsunddreißig? Ich rufe Stephen an. Zum Glück scheinen Sie ein
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