Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anita Blake 05 - Bleich Stille

Anita Blake 05 - Bleich Stille

Titel: Anita Blake 05 - Bleich Stille
Autoren: Laurell K. Hamilton
Vom Netzwerk:
Larry.«
     
    »Die Kofferträger bleiben so lange hier«, sagte er.
     
    Ich lächelte. Er lächelte. Ich zuckte die Achseln. Warum wollte Stirling mit mir allein gehen? Ich betrachtete seinen breiten Rücken, während er über die aufgerissene Erde marschierte. Ich folgte ihm. Wenn wir oben waren, würde ich sehen, was die ganze Geheimhaltung sollte. Was es da zu erfahren gab, würde mir nicht gefallen, darauf mochte ich wetten. Ich und der große Boss oben auf dem Berg allein mit den Toten. Konnte es etwas Besseres geben?
     

4
     
    Die Aussicht auf dem Gipfel war die Reise wert. Bäume bis zum Horizont. Wir standen von einem Wald umgeben, der, so weit das Auge reichte, kein Werk von Menschen erkennen ließ. Hier war die erste Grünfärbung deutlicher. Was einem aber am deutlichsten auffiel, war der Lavendelton der Judasbäume, der durch die dunklen Äste schien. Die Blüten sind so zierlich. Wenn sie im Hochsommer ihre volle Pracht entfalteten, würden sie zwischen all den Blättern untergehen, aber zwischen den kahlen Bäumen sind sie ein Blickfänger. Ein paar Hornsträucher hatten zu blühen begonnen und fügten dem Lavendel ihr Weiß hinzu. Frühling im Ozarkgebirge, wunderbar.
     
    »Die Aussicht ist herrlich«, sagte ich. »Ja«, sagte Stirling, »Das ist sie, nicht wahr?«
     
    Meine schwarzen Nikes waren rostrot eingestaubt. Der Gipfel bestand nur aus nackter, offener Erde. Wahrscheinlich war er vorher genauso schön gewesen wie die anderen. In der Nähe meiner Füße stakte ein Armknochen aus dem Boden. Vom Unterarm, um genau zu sein. Die Knochen waren schlank und noch durch einen trockenen Geweberest verbunden.
     
    Nachdem ich den einen Knochen entdeckt hatte, sah ich noch andere. Es war wie bei einem dieser Suchbilder, wo man lange hinstarrt und dann plötzlich erkennt, was es zu sehen gibt. Ich sah sie alle. Sie guckten aus dem Boden wie Hände aus einem Strom aus Rost.
     
    Es gab auch ein paar zersplitterte Särge, deren geborstene Hälften ans Licht drängten, aber das meiste waren nur Knochen. Ich kniete mich hin und legte die Handflächen auf die aufgewühlte Erde. Ich versuchte, ein Gespür für die Toten zu bekommen. Da war etwas Schwaches und weit Entferntes wie ein Parfümhauch, aber es hatte keinen Zweck. In der strahlenden Frühlingssonne konnte ich meine ... meine Magie nicht einsetzen. Tote erwecken ist nichts Böses, aber es erfordert Dunkelheit. Ich weiß nicht, warum.
     
    Ich stand auf, wischte mir die Hände am Overall ab, um den roten Staub loszuwerden. Stirling stand am Rand und starrte in die Ferne. Sein Blick hatte etwas Distanziertes, das mir sagte, dass er nicht die Landschaft bewunderte.
     
    Er sprach, ohne mich anzusehen. »Ich kann Sie nicht einschüchtern, nicht wahr, Ms Blake?« »Richtig.«
     
    Er drehte sich mit einem Lächeln zu mir herum, aber seine Augen blieben leer, unheimlich. »Ich habe alles, was ich hatte, in dieses Projekt investiert. Nicht nur mein Geld. sondern auch das Geld von Klienten. Begreifen Sie, was ich sage, Ms Blake?«
     
    »Wenn die Leichen hier oben lauter Bouviers sind, sind Sie am Arsch.« »Wie eloquent Sie es ausdrücken.« »Warum sind wir allein hier oben, Mr Stirling? Was soll die ganze Knochenbaggerei?«
     
    Er atmete die milde Luft tief ein und sagte: »Ich möchte, dass Sie sagen, es seien keine Vorfahren der Bouviers, selbst wenn sie es sind.« Dabei sah er mich an, beobachtete mein Gesicht.
     
    Ich schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich werde nicht für Sie lügen.« »Können Sie nicht bewirken, dass die Zombies lügen?« »Die Toten sind sehr ehrlich, Mr Stirling. Sie lügen nicht.«
     
    Mit sehr ernster Miene machte er einen Schritt auf mich zu. »Meine ganze Zukunft hängt von Ihnen ab, Ms Blake.« »Nein, Mr Stirling, Ihre Zukunft hängt von den Toten ab, die hier liegen. Was immer aus ihrem Mund kommt, wird die Sache entscheiden.«
     
    Er nickte. »Das ist wahrscheinlich gerecht.« »Gerecht oder nicht, es ist die Wahrheit.«
     
    Er nickte wieder. Aus seinem Gesicht war die Helligkeit verschwunden, als hätte jemand die Energie herunter gedreht. Die Falten traten plötzlich klarer hervor. In ein paar Sekunden alterte er um zehn Jahre. Als er mich wieder ansah, machten seine dramatischen Augen einen beklagenswerten Eindruck.
     
    »Ich will Ihnen einen Teil des Gewinns geben, Ms Blake. Sie könnten in ein paar Jahren Multimillionärin sein.« »Sie wissen, dass Bestechung nicht zieht.« »Das habe ich schon in den ersten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher